In den Fängen der Macht
ihren Augen lag Panik, ihre schlanken Hände verkrampften sich in ihrem Schoß.
Casbolt streckte den Arm aus und legte seine Finger auf die ihren. »Wir wissen es nicht. Sie war in seinen Räumen und verließ sie gemeinsam mit ihm.«
Judith begann, hin und her zu schaukeln, und schüttelte verneinend den Kopf. »Das hätte sie niemals getan! Sie konnte nichts gewusst haben! Sie würde nie…«
»Natürlich nicht«, sagte er leise und umschloss ihre Hand fester. »Sie hatte sicher nicht die leiseste Ahnung von seinen Absichten, und vielleicht gesteht er es ihr auch niemals. Denke bitte nicht das Schlimmste, dazu besteht keinerlei Grund. Merrit ist jung, voller leidenschaftlicher Ideale, und ganz gewiss brachte Breeland sie um den Verstand, aber im Herzen ist sie immer noch das Mädchen, das du kennst, und sie liebte ihren Vater, trotz dieses dummen Streits.«
»Was wird er ihr antun?« In ihren Augen lag Todesangst. »Sie wird ihn fragen, wie er an die Waffen kam. Sie weiß, ihr Vater weigerte sich, sie ihm zu verkaufen.«
»Er wird lügen«, sagte Casbolt leichthin. »Er wird behaupten, Daniel habe schließlich seine Meinung doch noch geändert, vielleicht gibt er sogar zu, sie gestohlen zu haben… das würde sie nicht stören, da sie die Sache der Sklaverei für über normale Moralmaßstäbe erhaben hält. Aber niemals würde sie Gewalt gutheißen.« Seine Stimme drückte tiefste Überzeugung aus, und einen Augenblick lang glomm ein Hoffnungsschimmer in Judiths Gesicht. Zum ersten Mal wandte sie sich an Monk.
»Er hatte ganz offensichtlich Komplizen«, erklärte Monk. »Irgendjemand kam mit einer Nachricht zu seiner Wohnung. Allein hätte er die Waffen niemals verladen können. Es müssen mindestens zwei Helfer gewesen sein, wahrscheinlicher ist es jedoch, dass es sogar drei waren.« Er erwähnte nicht, dass er glaubte, die Hilfe sei mit vorgehaltener Waffe erzwungen worden. »Vielleicht kümmerte sich während der Zeit jemand anderes um Merrit.«
»Könnte…« Sie schluckte und brauchte einen Augenblick, um ihre Fassung wiederzugewinnen. »Könnte es nicht sein, dass sie einfach nur mit Breeland geflohen ist und keiner von beiden irgendetwas mit dem… den Waffen zu tun hatte?« Sie konnte sich nicht überwinden, das Wort »Mord« auszusprechen.
»Könnte es nicht der Erpresser gewesen sein?«
Casbolt erschrak. Fragend sah er Monk an, dann wieder Judith.
»Monk erzählte mir nichts davon«, sagte sie schnell. »Es war Daniel selbst. Ich wusste, dass etwas nicht stimmte, und fragte ihn. Ich glaube nicht, dass er je Geheimnisse vor mir hatte.« Tränen schossen in ihre Augen.
Casbolt sah verzweifelt und hilflos aus. Der Schock und die Erschöpfung hatten ihn gezeichnet. Mit einem Mal spürte Monk ein überwältigendes Mitleid mit dem Mann. Er hatte seinen engsten Freund verloren und mit dem Diebstahl der Waffen auch einen erheblichen Geldbetrag. Er hatte die Leichen in ihrem grotesken, grauenhaften Zustand mit eigenen Augen gesehen, und nun musste er versuchen, die Witwe zu trösten, die nicht nur ihren Mann, sondern auch ihr Kind verloren hatte. Es würden Tage vergehen, bis sie einen Gedanken an ihren Anteil an dem finanziellen Verlust verschwenden würde, wenn sie es überhaupt je tun würde.
»Es tut mit Leid, dass du es erfahren musstest«, sagte Casbolt, als er seine Stimme wiederfand. »Das alles war sehr dumm. Daniel nahm sich des jungen Mannes an, weil die arme Kreatur krank und einsam war. Er bezahlte seine Rechnungen, nichts weiter.«
»Ich weiß…«, erwiderte sie hastig.
»Es ist lediglich eine Frage des Rufes«, fuhr er fort. »Er wollte dich vor Kummer bewahren, aber er hätte den Erpressern niemals die Waffen verkauft, wohl wissend, zu welchem Zweck sie eingesetzt werden sollten.« Seine Augen waren sanft und voller Verständnis für ihren Schmerz. Schließlich war ihr Bruder auch sein Cousin und Freund gewesen. »Und ich glaube auch nicht, dass er etwas bezahlt hätte«, fügte er verbittert hinzu. »Sobald man einen Erpresser bezahlt, gibt man stillschweigend zu, etwas zu verbergen zu haben. Dann hört es nie auf. Daher habe ich auch Mr. Monk jetzt mitgebracht. Vielleicht können wir seine Hilfe immer noch gebrauchen…« Er vollendete den Satz nicht, sondern wartete darauf, dass sie die Antwort selbst fand.
»Ja«, sagte sie zitternd. »Ja, ich denke, wir müssen diesen Erpresser dennoch ausfindig machen. Ich fürchte … ich habe nicht mehr daran gedacht.« Sie wandte sich an
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