In den Fängen der Macht
Nachrichten bringen können.« Es war überflüssig, dies zu sagen, und er wusste es, aber er meinte es so inbrünstig, dass die Worte gesprochen waren, bevor er ihre Leere abgewogen hatte.
Sie nickte, und endlich quollen die Tränen über ihre Wangen.
Er sagte nichts mehr, drehte sich um und verließ das Haus. Als er in die Sommernacht hinaustrat, war sein Kopf bereits voller Pläne.
4
Hester hatte Monk während der letzten zwei Tage kaum zu Gesicht bekommen. Er war spät und völlig erschöpft nach Hause gekommen, zu müde, um noch etwas zu essen, hatte sich ausgezogen und war fast umgehend zu Bett gegangen. Er war früh aufgestanden, hatte ein einsames Frühstück, bestehend aus Tee und Toast, zu sich genommen und war vor acht Uhr aus dem Haus gegangen. Er hatte ihr nichts weiter erzählt, als dass er keine Hoffnung hege, Breeland noch erwischen zu können, der mittlerweile weit draußen auf dem Atlantik sein musste.
Sie konnte ihm wenig Hilfe anbieten, außer keine Fragen zu stellen, die er nicht beantworten wollte, und stets den Wasserkessel auf dem Herd stehen zu lassen.
Als er am zweiten Abend kurz nach neun Uhr abends von Judith Alberton nach Hause kam, wusste sie augenblicklich, dass sich eine wichtige Änderung ergeben hatte. Er war immer noch blass im Gesicht vor Sorge und so bedrückt, dass er sich nur langsam bewegte, als ob ihn sein ganzer Körper schmerzte. Sein Mund war trocken, und sein erster Blick, nachdem er sie begrüßt hatte, galt dem Kessel. Er setzte sich, lockerte die Schnürsenkel seiner Stiefel und wartete offenbar darauf, dass sie ein Gespräch anfinge. Ungeduldig folgten ihr seine Blicke, während sie den Tee zubereitete, und drängten sie, sich zu beeilen. Und doch begann er nicht zu sprechen, bevor sie nicht auf einem Tablett Kanne, Tasse und Milch gebracht hatte. Was immer er zu sagen haben würde, war nicht als einfach oder schlichtweg gut oder schlecht zu bezeichnen. Sie merkte, dass sie sich sowohl um ihrer selbst willen als auch um seinetwillen beeilte.
Er begann mit dem Bericht über das Verfolgen der Spur von Beweisen, die ihn den Fluss hinunter bis Greenwich geführt hatte, bis zu dem unvermeidlichen Schluss, dass der Schuldige entkommen war. Der Zweck des Waffendiebstahls war, die Gewehre nach Amerika zu bringen. Warum sollte Breeland auch nur eine Stunde verschwenden?
Aber an seiner Miene und aus der Eindringlichkeit seiner Stimme, die seine Worte Lügen strafte, schloss sie, dass es noch etwas gab, was er ihr noch nicht gesagt hatte.
Ungeduldig wartete sie.
Er sah sie an, als ob er im Geiste versuchte, ihre Reaktion abzuwägen.
»Was ist denn?«, fragte sie. »Was gibt es denn noch?«
»Mrs. Alberton möchte, dass wir nach Amerika reisen und alles tun, um Merrit nach Hause zurückzubringen – ungeachtet der Umstände oder ihrer eigenen Wünsche.«
»Wir? Wer ist wir?«, hakte sie augenblicklich nach. Sein Lächeln war müde und bekümmert. »Du und ich.«
»Du… und ich?« Sie klang ungläubig. »Nach Amerika?«
Schon während sie sprach, konnte sie einen Funken von Sinn in dem Vorhaben erkennen, winzig, einen Lichtschimmer in der Dunkelheit.
»Wenn ich sie finde«, fuhr er fort, »wenn ich sie dazu überreden kann, zurückzukommen, oder wenn ich sie mit Gewalt dazu zwingen muss, jedenfalls brauche ich Hilfe. Ich brauche jemanden, der sie als Anstandsdame begleitet. Ich kann nicht ganz allein in England mit ihr ankommen.« Er beobachtete sie, als ob er nicht nur ihre Worte, sondern auch ihre Gedanken und die Gefühle, die tiefer lagen, lesen konnte, vielleicht sogar das, was sie sich weigerte zu denken.
Der Gedanke war überwältigend, trotz der Argumente, die so ausnehmend vernünftig klangen. Amerika! Über den Atlantik zu fahren, in ein Land, das gegen sich selbst einen bewaffneten Konflikt austrug. Bis jetzt hatte England noch keine Nachrichten von hitzigen Kämpfen erhalten, aber wenn kein Wunder geschah, würde es nur eine Frage der Zeit sein, bis es zum Krieg kam.
Und doch erkannte sie an seinen Augen, dass er seine Entscheidung bereits getroffen hatte, wenn auch nicht vernunftmäßig. Er hatte Pläne geschmiedet, Möglichkeiten ersonnen, um sie zu überzeugen. Hatte er sich wegen des Abenteuers entschlossen, wegen der Herausforderung, Sinn für Gerechtigkeit, Wut wegen Daniel Alberton oder der Arroganz Breelands? Oder aus einem Schuldgefühl heraus, das hier aber fehl am Platz war, weil Daniel Alberton ihn um Hilfe gebeten und er versagt hatte?
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