In den Klauen des Löwen
Maschinenpistole in den Landrover. »Wir müssen weg! Sofort! Das Feuer kommt auf uns zu. Wir haben Glück, daß der Wind gegen unsere Richtung steht! Los, stehen Sie nicht herum … alles abbauen! Sie fahren! Ich kümmere mich um Corinna.«
Malanga rannte zu Corinna, hob sie hoch und trug sie zum Wagen. Thorwaldsen riß die Tarnung ein, fetzte das Sonnensegel von den Stangen, rollte die Decke zusammen und half Malanga, Corinna auf die Kissen des Rücksitzes zu betten. Dann stürzten sie beide zum Zelt, bauten es ab, warfen die Leinwand einfach über Corinna und sprangen in den Wagen. Heulend reagierte der Motor auf das Vollgas, das Thorwaldsen schon beim Anfahren gab. Es war höchste Zeit. Die Hitze der brennenden Steppe wurde unerträglich, der beißende Rauch nahm ihnen den Atem.
»Festhalten!« brüllte Thorwaldsen, als er die Kupplung losließ. Malanga kniete auf seinem Sitz und umklammerte Corinna. Mit einem Satz schoß der Landrover vorwärts und bohrte sich in das hohe Elefantengras.
Corinna verzog den Mund, dann schrie sie auf. Das kranke Bein war gegen die eiserne Wagenwand gestoßen; der Schmerz, der sie von den Zehen bis zur Kopfhaut durchzuckte, war unerträglich.
Malanga biß die Zähne zusammen. Er umarmte Corinna, zog sie an sich, hielt sie fest, während Thorwaldsen durch die Steppe raste, einen Bogen um das Flammenmeer schlug und erst langsamer fuhr, als der Brand hinter ihnen lag und sie dem Wind entgegenschleuderten, der das Feuer von ihnen wegtrieb.
»Warum habt ihr das getan?« schrie Corinna in das Heulen des Motors. »Es waren doch Regierungstruppen. Sie wollten uns helfen! Mein Gott, ihr habt sie getötet. Sie verbrennen …«
Malanga schwieg. Sein Gesicht war schweißnaß und wie versteinert. Thorwaldsen hatte genug zu tun, über den holprigen Boden zu fahren. Sie kamen mitten in eine flüchtende Herde von Elenantilopen hinein, in eine donnernde Wand von braunen, panikgehetzten Leibern. Neben ihnen stampften drei riesige Nashörner durch das Gras.
Nach zwei Kilometern hielt Thorwaldsen an. Hinter ihnen stand die Wand aus Feuer und Rauch. Eine brennende Hölle, die ostwärts trieb. Sie konnte ihnen nicht mehr gefährlich werden.
Thorwaldsen lehnte sich zurück und wischte sich mit beiden Händen über das Gesicht. Schweiß, Staub und Flugasche entstellten es völlig.
»Wie geht es Corinna?« fragte er dabei.
Malanga ließ sich neben ihn auf den Sitz zurückfallen. »Sie ist ohnmächtig«, sagte er. »Fahren Sie weiter. Wir müssen bis zur Nacht so viel wie möglich zurücklegen. Man wird den Hubschrauber ja suchen. Im übrigen danke ich Ihnen.«
»Wofür?«
»Man kann sich in der Not auf Sie verlassen, Sir.«
Knurrend fuhr Thorwaldsen weiter. »Auf Ihr Lob verzichte ich!« sagte er grob. »Es war nur Notwehr … damit Sie es genau wissen!«
Auf der Gefangeneninsel im Sumpfgebiet Toros wirkte das Entsetzen über die Hinrichtung des weißen Farmers noch nach. Budumba ließ aber, entgegen den Befürchtungen der Gefangenen, keine neuen Todesurteile mehr vollstrecken, sondern überließ die Weißen der quälenden Ungewißheit. Sie zermürbte noch mehr als Terror.
Gisela Sander hatte noch ein Zusammentreffen mit Budumba; danach, so glaubte sie fest, käme nur noch der Tod.
Es war am Morgen nach der grausamen Köpfung. Die ganze Nacht über hatte Gisela darauf gewartet, daß Budumba in ihre Hütte käme, um sich nun mit Gewalt zu nehmen, was sie aus freier Entscheidung nicht geben wollte. Sie hatte sich darauf vorbereitet und mit dem Leben abgeschlossen. Wie ihr Vater, der sich bis zuletzt gewehrt hatte, ehe die Buschmesser ihn zerstückelten, versteckte sie als einzige Waffe einen dicken Holzknüppel in der Hütte. Mit ihm wollte sie so lange um sich schlagen, bis Budumba sie tötete. Nur als Tote wird er mich bekommen, dachte sie, und es war keinerlei Angst bei diesem Gedanken.
Aber Budumba ließ die Nacht vorübergehen und kam erst am Morgen in die Hütte. Er trug seinen Anzug aus Leopardenfell und eine Mütze aus Löwenhaaren. Gisela Sander starrte ihn an wie ein ekliges Tier.
»Ich schlage Ihnen einen Vertrag vor«, sagte Budumba. »Wir haben jetzt über vierhundert Gefangene. Ihnen werde ich verkünden, daß ihr Leben davon abhängt, ob eine weiße Frau einen Neger lieben wird oder nicht. Liebt sie ihn nicht, werden jeden Tag zehn Weiße vor aller Augen getötet … so lange, bis die weiße Frau ja sagt.« Budumba gab diese Ungeheuerlichkeiten mit einer Stimme von sich, als
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