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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schlauch zu flicken. Corinna baute das Zelt auf, denn bis zum Abend würde der Wagen nicht wieder fahrbereit sein. Thorwaldsen beschimpfte den verschwundenen Malanga mit den übelsten Worten.
    »Sehen Sie sich das an!« brüllte er und hielt den Autoschlauch Corinna unter die Nase. »Porös wie ein Netzhemd! Mit so etwas fährt er in den Busch! Daß er überhaupt noch so lange gehalten hat!«
    Im Pannenkasten fand er sechs Gummiflicken und entschloß sich, die drei am kritischsten aussehenden Stellen zu kleben. Darüber wurde es Nacht. Als das Feuer, das Corinna aus zusammengesuchten Zweigen entfacht hatte, flackernd brannte, hatte Thorwaldsen endlich den Reifen wieder aufgezogen und an den Landrover geschraubt.
    »Einen halben Tag haben wir verloren«, knurrte er. »Und Gott allein weiß, wie lange der geflickte Schlauch hält. Wie die anderen aussehen, daran wage ich gar nicht zu denken.«
    Am nächsten Morgen wußte er es. Das rechte Hinterrad sank zusammen und verlor die Luft. Thorwaldsen hieb auf das Armaturenbrett und schien zu platzen. Bei der Überquerung eines fast trockenen Bachbettes hatte sich die Spitze eines Steines wie ein Dolch in den Reifen gebohrt.
    Diese Reparatur dauerte nur zwei Stunden, aber gegen Mittag begann der Motor zu tuckern, der Wagen hüpfte merkwürdig, immer wieder wurde die Zündung unterbrochen, bis der Motor gar keinen Laut mehr von sich gab. Mitten in einem feuchten Savannengebiet, in einem lichten Wald von Euphorbien, Dumpalmen und Borassus blieben sie stehen.
    »Scheiße!« schrie Thorwaldsen und sprang vom Sitz. »Etwas Besseres konnte uns gar nicht passieren! Jetzt fressen uns Milliarden Mücken auf. Mistding, verdammtes!« Er gab dem Landrover einen Tritt und öffnete dann die Motorhaube.
    Corinna rutschte von ihrem Kistenlager herunter und humpelte in den Schatten einer großen Borassus. Ein Heer von Insekten umsummte sie sofort und stürzte sich auf sie. Um sich schlagend rannte sie zum Wagen zurück und riß den Sack mit dem Zelt und den großen Moskitonetzen heraus. Sie rollte das Netz auf und warf es über sich. So stand sie hinter dem Wagen, vermummt wie ein Gespenst, als Thorwaldsen hinter der Motorhaube wieder auftauchte, ölverschmiert und mit einem Zorn, der ihm den Atem nahm.
    »Was ist?« rief Corinna. »Können wir bald weiter? Hier werden wir ja bei lebendigem Leib gefressen.«
    Thorwaldsen warf einen großen Schraubenschlüssel gegen den Landrover, versetzte ihm noch einen Tritt und kam dann zu Corinna.
    »Ich finde den Fehler nicht«, sagte er heiser. »Irgend etwas an der Brennstoffleitung muß es sein. Auch stinkt es nach verbranntem Kabel. Aber wo ist es?!«
    »Dann müssen wir ausgerechnet hierbleiben?«
    »Nur ein paar Stunden. Ich werde den Defekt schon noch finden.«
    Um den unerträglichen Mückenschwärmen zu entgehen, zogen sie zunächst alle Moskitonetze um den Wagen, spannten sich ein wie eine Raupe und jagten dann die in dieser Netzburg gebliebenen Insekten durch Rauch hinaus. Sie steckten nasses Holz an und hielten hustend und mit tränenden Augen so lange in dem beißenden Qualm aus, bis sie glaubten, auch die letzten Mücken seien durch den freigelassenen Schlitz des Ausganges entwichen. Dann traten sie das Feuer aus, schlossen das Netz und tranken erst einmal jeder drei Becher voll Wasser.
    »Es tut mir leid, Corinna«, sagte Thorwaldsen und rieb sich die geröteten Augen. »Aber es ist nicht meine Schuld. Man soll sich auf die Technik nie hundertprozentig verlassen. Früher, als man noch mit Trägerkolonnen durch Afrika zog, wäre das nie passiert. Da wurden auf einer Safari höchstens drei oder vier Schwarze von Löwen gefressen, aber ernsthafte Pannen gab es nie.«
    Corinna mußte wieder lachen und setzte sich in den Wagen. »Wer Sie nicht kennt, Hendrik«, sagte sie, »der hält Sie für einen ganz kaltschnäuzigen, ekelhaften, brutalen Kerl.«
    »Ach! Und Sie kennen mich anders, Corinna?«
    »Ich glaube, ja. Hinter Ihrer Grobheit verstecken Sie ein weiches Herz. Sie schämen sich, daß auch Sie einmal gefühlvoll werden könnten.«
    »Ich glaube, Sie täuschen sich gewaltig.« Thorwaldsen wandte sich ab. »Ich bin ein Eisenfresser.«
    »Das sagen Sie allen. Ich glaube es nicht.« Corinna zog die Knie an und umschlang sie mit beiden Armen. Die blonden Haare fielen über ihr Gesicht. Sie sieht bezaubernd aus, fand Thorwaldsen. »Ich glaube, Sie können sogar sehr zärtlich sein.«
    Thorwaldsen zuckte zusammen, als habe jemand ihn getreten.

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