In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)
etwa einen Monat. In dieser Zeit erlernt man alle grundlegenden Bewegungen ohne Gewichte und mit geringer Intensität. Man entwickelt ein Gefühl für den Ablauf der Workouts und lernt die Bedeutung von Begriffen wie »Push Press« oder »Box Jump«. Man bekommt beigebracht, wie man Kniebeugen richtig ausführt – nicht mit einer tonnenschweren Langhantel auf den Schultern, sondern mit einem leichten PVC-Rohr oder gar keinem Zusatzgewicht. Und man lernt den fachgerechten Umgang mit Hanteln und anderen Ausrüstungsgegenständen. Personal Trainer im Gold’s Gym und anderen großen Fitnessstudios nehmen es ihren Kunden häufig ab, die Hantelscheiben auf- bzw. abzulegen, und räumen alles wieder an seinen Platz. Das ist bei CrossFit nicht der Fall. Während des Einsteigerseminars lernen die Neulinge ganz schnell, woher der Wind weht. Wenn man eine Langhantel mit zwei 12-kg-Scheiben benutzt, legt man die Stange und die Scheiben wieder zurück, sobald man mit der Übung fertig ist.
Ein weiterer Beleg für die Strenge, die in CrossFit-Boxen gemeinhin herrscht und mit der man erstmals in diesen Grundkursen in Berührung kommt, ist die sogenannte Straftabelle. Verstöße gegen die Box-Richtlinien werden in der Regel mit Burpees geahndet. Wenn man mit den Hilfsmitteln, die man gerade verwendet, versehentlich einen anderen CrossFitter anrempelt, wird man im Elysium schwer bestraft, und zwar in Form von 200 Burpees. Für eine Minute Verspätung gibt es ebenfalls ein paar solcher Liegestützstrecksprünge, aber mit jeder weiteren Minute, die man zu spät kommt, nehmen die Burpees zu wie Zinseszinsen.
Die Einsteigerseminare erfüllen unter anderem auch den Zweck, Neulingen die anfängliche Angst und Unsicherheit zu nehmen. Ein CrossFit-Studio, ein gutes zumindest, achtet darauf, dass ein neues Mitglied genauso behandelt wird wie ein alter Hase, der 50 Klimmzüge in Rekordzeit schafft – der alte Hase ist meist sogar derjenige, der einem als Erster gratuliert, wenn man seinen ersten Liegestütz oder Klimmzug schafft oder ein anderes Ziel erreicht, auf das man lange hingearbeitet hat. Das trifft auf alle Anfänger zu – sowohl auf jene, die völlig außer Form sind, als auch auf jene, die vor CrossFit eine andere Sportart betrieben haben.
Ich glaubte, schon genug über CrossFit zu wissen und auf das Einsteigerseminar verzichten zu können. Abgesehen davon wollte ich nicht noch eine Woche warten, sondern am selben Tag loslegen und fragte deshalb, ob ich den Grundkurs überspringen könne. Estrada sah mich skeptisch an, willigte aber ein – nicht ohne mich vorher zu warnen, dass man mich zur Teilnahme am Einsteigerseminar verpflichten würde, falls ich bei den Workouts nicht gut mitkam.
Ich gab ihm meine Kreditkarte und er las sie ein. Dann druckte er einen Stapel Blätter mit Informationen für mich aus und heftete sie zusammen. Auf der Titelseite prangte das Logo des CrossFit Elysium. Das war’s. Ich war Mitglied.
»Heute Abend gibt es ein Workout«, sagte er. »Und dann noch eins am Sonntag. Und wir haben auch am Montag geöffnet.« Dann richtete er seinen Blick wieder auf den Computer.
Montag war der 4. Juli. Feiertag.
»Ich komme heute Abend«, sagte ich.
Die Geburt einer Box
Das Elysium bestand schon etwa anderthalb Jahre, als es im Juni 2011 in meine Nähe zog. Bevor sie CrossFit für sich entdeckten, hatten Estrada und sein Kompagnon Leon Chang gemeinsam in Changs Garten trainiert. Estrada selbst war zuvor als Personal Trainer in einer Filiale der Studiokette 24-Hour Fitness tätig gewesen.
Estradas Verwandlung zum CrossFitter vollzog sich, als er an seinem Arbeitsplatz zum ersten Mal Bekanntschaft mit dem Fran-Workout machte und vor Anstrengung schlichtweg zusammenbrach. »Ich konnte mich eine halbe Stunde lang nicht rühren«, sagte er mir. »Erst dann konnte ich mich aufsetzen. Aber es dauerte noch weitere 20 Minuten, bis ich wieder gehen konnte. Bis dahin dachte ich immer, ich wüsste, wie man sich und seine Klienten trainiert, und ich hatte immer das Gefühl gehabt, dass ich selbst auch wirklich hart trainierte. Aber dann änderte sich alles.«
Chang kam erstmals mit CrossFit in Berührung, als seine Frau einen gemeinsamen Freund als Personal Trainer engagierte. »Er war ein ehemaliger Soldat des Marine Corps und erfahrener Fitnesstrainer«, erzählte mir Chang. »Er hatte CrossFit nur wenige Monate zuvor kennengelernt und sich entsprechend ausbilden lassen. Da wir uns kannten, ließ er mich an einigen
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