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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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wäre Mutter in Gefahr, daran hatte Turunen keinen Zweifel gelassen. Es würde Mutters Tod bedeuten. Und den Beginn von Vesas Karriere auf YouTube.
    Vesa sah sich das Handy genauer an. Es war ein altes, zerkratztes Nokia-Billigteil und sein einziger Kontakt zu Turunen und seinen Killern. Hoffentlich schwächelte der Akku nicht. Das Leben seiner Mutter hing von einem reichlich ramponierten Stück Technik ab.
    Vesa ließ sich aufs Bett fallen und überlegte. Er lebte in einem Alptraum. Wenn er gestern um diese Zeit mit seinem Leben noch unzufrieden gewesen war, dann hätte er jetzt was darum gegeben, nur unzufrieden zu sein. Selbst der Wert seines Vaters war gestiegen, seit es ihn nicht mehr gab.
    Vesa wollte nicht, dass seine Gedanken ständig um die letzte Nacht und um Vater kreisten. Er wollte versuchen, so normal zu leben, wie es unter diesen Umständen möglich war. So als wäre nichts passiert. Wie hatte Mutter es vorhin ausgedrückt? Dann lass uns versuchen, so weiterzumachen wie bisher. Genau. Nur so konnte er es schaffen, ohne den Verstand zu verlieren. Er musste sich auf den Alltag konzentrieren, auf die normalen, alltäglichen Dinge. Er musste nur daran denken, immer beide Handys dabeizuhaben. Sonst musste er so leben wie bisher. Er musste versuchen, die letzte Nacht und Vaters Gesicht aus seinen Gedanken fernzuhalten.
    Und die Baustelle! Fedor hatte etwas gemurmelt, dass sie in Vantaa sei. Vesa hatte die ganze Fahrt über im Laderaum des Hiace gehockt, neben zwei von Klebeband zusammengehaltenen grünen Bündeln. Er hatte sich mit den Händen über den Augen in die Ecke gekauert und sich gewünscht, dass er bald aufwachte und alles war nicht wahr.
    Ich bin schon tot, so oder so. Kümmer dich um Mutter und dich selbst. Sag Anita, dass ich sie liebe.
    »Mutter weiß das, ich sag’s ihr, wenn ich’s kann.« Vesa musste es laut sagen. Er musste die Stille des Zimmers brechen. Er musste es irgendwie schaffen, das war er Mutter schuldig. Und sich selbst.

     
    Das Verhör mit Sundström war ein Desaster von Anfang an. Sundström saß Viitasalo im Rollstuhl gegenüber und hatte die Augen geschlossen. Viitasalo wünschte sich, er hätte sich für heute etwas anderes vorgenommen. Kivi saß am Nebentisch am Computer und schrieb mit, was Vorschrift, aber vollkommen überflüssig war, weil gleichzeitig ein Band mitlief, das sie auch für die Auswertung des Verhörs verwenden würden. Nach Lage der Dinge würde die Auswertung kaum länger als eine Minute dauern. Viitasalo konnte seine Wut nur mit Mühe unterdrücken. Sundström sah aus, als wollte er gleich ein Mittagsschläfchen halten.
    »Der Protokollführer hält fest, dass der vorläufig festgenommene Reino Sundström trotz wiederholter Aufforderung nicht freiwillig zum Verhör kommen wollte. Er wurde deshalb von seiner Zelle im Rollstuhl ins Verhörzimmer gekarrt. – In Ordnung so?«, fragte Kivi.
    »Ja«, sagte Viitasalo. »Schreib nur ›gebracht‹ statt ›gekarrt‹.«
    Kivi gab die Korrektur ein, und Viitasalo klopfte mit dem Fingerknöchel dreimal laut auf die Tischplatte wie an eine Tür. Sundström hob die Augenlider hinter der Brille und gähnte. Viitasalo musste ein Gähnen unterdrücken.
    »Guten Morgen«, sagte er. »Wenn du müde bist, lass uns am besten gleich zur Sache kommen. Wie erklärst du uns, dass bei der Durchsuchung deiner Wohnung in der Harjukatu 2A50 einhundertundzehn Gramm Amphetamin gefunden wurden?«
    Sundström antwortete mit einem Lächeln auf den Lippen: »Womit wir es praktischerweise bereits mit einem schweren Rauschgiftdelikt zu tun hätten.«
    »Richtig«, sagte Viitasalo sachlich. Das hier würde keine Sundström-Show werden. »Du hast einen Fehler gemacht.«
    »Sieht so aus. Besonders wo ich zum Stoff im Wasserkasten auch noch eine Waffe in der Manteltasche hatte«, sagte Sundström immer noch lächelnd. »Ich bin in letzter Zeit so was von unvorsichtig geworden …«
    »Die Waffe, richtig«, sagte Viitasalo. »Haben wir das schon genauer?«, fragte er, an Kivi gewandt.
    »Es handelt sich um eine Neun-Millimeter Baikal MP vierviersechs Viking mit einer nahezu vollen Schachtel Patronen«, las Kivi aus den Unterlagen ab. »Die Waffe befand sich in der Brusttasche des Mantels, den der Verdächtigte beim Betreten der Wohnung trug.«
    »Macht alles in allem?«, fragte Viitasalo mit kühlem Blick auf Sundström.
    »Schweres Rauschgiftdelikt nach Paragraph fünfzig Strafgesetzbuch, Absatz zwei, in Verbindung mit Paragraph fünf,

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