In der Glut der Leidenschaft
und nannte bereitwillig Daten, Orte und sogar Namen.
Als der eingebildete Mann die weniger ruhmreichen Erfolge im Haushalt des Maharadschas aufzählte, biss Rein die Zähne hart zusammen.
Seine Mutter, eines von einem Dutzend Geschwistern, war Zofe einer der Prinzessinnen gewesen.
Mit Sergeant Major Townsends Hilfe ließen sich die Angaben über die britischen Schiffe und Brigaden in der damaligen Zeit einengen.
»Da war dieses süße Ding, zierlich und mit dunklen Augen, schimmerndem Haar und brauner Haut«, erzählte Germain, und Rein musste sich zurückhalten, um sich nicht auf ihn zu stürzen. »Sie wurde meinem Kommandeur geschenkt, doch war bei einer Safari verwundet worden und konnte mit dem Mädchen nichts anfangen. Daher ...« Er vollendete den Satz nicht.
»Sie war wohl kaum eine Tochter des Maharadschas«, bemerkte Rein ungeduldig. »Das hätte unabsehbare Folgen gehabt.«
Germain warf Rein einen herablassenden Blick zu. »Folgen für wen, Mr Montegomery? Es handelte sich um ein Hausmädchen. Also keinerlei Folgen.«
»Könntet Ihr auch so zu dem Vater des Mädchens sprechen?«, fragte Rein bitter.
»Ihr Vater schenkte sie meinem Kommandeur«, erwiderte Germain.
Rein beschränkte sich darauf zuzuhören, während die anderen die Arbeit für ihn erledigten und dem Viscount Geheimnisse entlockten. Ein Name, dachte Rein. Ich brauche einen Namen. Und dann fiel er. Varuna.
Seine Mutter hieß Sakari.
Erleichterung packte ihn. Er starrte in sein Glas. Rauch sowie der Geruch von Schweiß und Essen hingen in der Luft. Es schnürte ihm den Hals zu, als Erinnerungen hochkamen. Plötzlich war er wieder ein einsames, hungriges Kind, das die Frauen anstarrte, die in den Minen Essen verteilten. Könnte eine von ihnen meine Mutter sein, hatte er sich immer wieder gefragt.
Rasch entschuldigte er sich und ging zu den offenen Terrassentüren. Hundert Augenpaare waren auf ihn gerichtet, als er in den Park hinaustrat, doch er achtete nicht darauf Er sah sich nur nach Michaela um und sehnte sich nach einem einzigen Blick. Als er sie endlich fand, wurde er von unglaublicher Wärme erfüllt.
Neugierde und Abwehr spiegelten sich in ihrem Gesicht. Sie
schluckte heftig, und bevor jemandem etwas auffallen konnte, verließ er den Saal. Im Freien lehnte er sich gegen die Steinmauer und atmete tief die kühle Luft ein. Beim Gott des Donners, was sollte diese Quälerei denn bringen? Was hoffte er denn zu erreichen?
Erleichterung, dachte er.
Aurora hätte ihn gewarnt, dass dies nicht gut für seinen Geist war.
Karma zu Karma, dachte er. Was ich in diesem Leben nicht löse, werde ich im nächsten lösen.
Auf seine Haut drückte das Geschenk, das sein Vater seiner Mutter achtlos zugeworfen hatte, eine Erinnerung an den Verlust, den sie für eine Nacht mit ihm erduldet hatte. Rein litt mit der Frau, die er nie gekannt hatte, und glaubte tief in seinem Herzen, dass Aurora ihren Geist in sich trug. Kein Junge hätte sich mehr geliebt fühlen können als in Auroras Fürsorge und unter Ransoms Anleitung.
Er zwang sich dazu, an schöne Dinge zu denken - an die See mit ihrem ewigen Herzschlag. Lange verharrte er so, an die Mauer gelehnt und von wildem Wein verdeckt. Sein Blick fiel in den Ballsaal. Rauch hing in der Luft, und das Kerzenlicht flackerte in den kristallenen Verzierungen der Lüster. Diese Welt schien für ihn unerreichbar zu sein. Flüchtig beobachtete er Christian, wie Katherine ihn verstohlen berührte und streichelte, um ihre Falle vorzubereiten. Armer Narr, dachte er und hielt gegen seinen Willen Ausschau nach Michaela. Der Brigadier winkte ihr soeben heftig.
Wieso trug sie bloß ein Tablett zu dem alten Mann? Rein schob sich bis an die Mauerkante vor und ließ Michaela nicht aus den Augen. Sie tat ihm leid, weil das Kleid wirklich entsetzlich schlecht saß. Das war einfach nicht zu übersehen, während sie den Saal durchquerte und die Gläser auf dem silbernen Tablett gefährlich wackelten.
Der Saum behinderte Michaela bei jedem Schritt. Sie konnte nicht schneller gehen, mochte ihr Onkel sich auch noch so ungeduldig anstellen und ihr zuwinken, als wäre er in der Wüste am Verdursten. Um einen Gast vorbeizulassen, wich sie einen Schritt zurück und verlor zum dritten Mal an diesem Abend einen Schuh. Onkel Atwell machte ein finsteres Gesicht, als sie alles andere als elegant wieder in den Schuh schlüpfte. Prompt verfing sich ein Absatz im Saum. Michaela stolperte und versuchte, das Gleichgewicht zu halten,
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