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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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reden.«

    *
    Der Chef der Kriminalpolizei erhob sich und schloss eigenhändig die Tür des großen Besprechungsraumes im Spiegelhof. Er ging aufrecht und mit strenger Miene an seinen Platz zurück, legte beide Hände parallel zueinander auf die Tischplatte, setzte sich.
    Baumer hatte keine Lust auf das, was nun kommen müsste. Er kam sich vor, als wäre er ein Löwe im Basler Zolli, der vom Zoowärter in ein zu enges Gehege eingesperrt worden war.
    Schneider verlor keine Zeit. Er handelte den Fall Baumer ab, ohne sich besonders zu erregen. »Sie haben diesen Danner informiert. Richtig?«
    Andreas Baumer nickte.
    »Und Sie waren mitbeteiligt?«, wandte sich Schneider an Heinzmann und hob seine Nase.
    »Nein. Ich wusste nichts davon.« Der Wachtmeister drehte sich im Stuhl auf die andere Seite.
    Der junge Schneider zog seine Hände zu sich, richtete sich leicht auf. Er müsste also nur einen zur Schnecke machen.
    Diese Hoffnung verflog aber sogleich, denn Heinzmann fügte wie selbstverständlich an: »Aber ich finde es richtig, dass Danner mit an Bord ist.«
    Schneider sackte in seinen Stuhl, fing sich aber sogleich wieder. »Ah, Sie finden es also richtig, wenn ein Journalist unsere Arbeit macht?«
    »Hauptsache, es macht sie einer.«
    Der junge Kriminalpolizeichef klatschte seine Hände auf das Tischblatt, er schoss auf und ging furchtlos zu Heinzmann hin. Weil er selbst eher klein geraten war, waren er und der sitzende Wachtmeister fast auf Augenhöhe. Daniel Schneider war sauer. »Was wollen Sie damit insinuieren?«
    »Was will ich damit?«
    »Andeuten«, erklärte Baumer seinem Freund das Fremdwort. Immerhin hatte er an der Universität Zürich ein paar Semester Psychologie studiert. Konnte er wenigstens einmal in seinem Leben davon profitieren.
    »Hhm«, knurrte Heinzmann, machte aber keinen Wank, schaute weiterhin an Schneider vorbei. Er wollte Schneider nicht unnötig anmachen. Stefan Heinzmann hatte nichts gegen den kleinen Protégé des »Daigs«. Daniel Schneider war einigermaßen in Ordnung – noch. Da hatte er schon ganz andere Verbrecher als Chef gehabt. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, war Schneider einer der angenehmsten Vorgesetzten, den er je gehabt hatte. Er gab sich daher Mühe, das Gespräch in vernünftige Bahnen zu lenken. »Herr Schneider, die ersten 24 Stunden sind entscheidend für die Aufklärung eines Mordes.« Er blickte nun seinem Chef direkt in die Augen.
    »Das weiß ich selbst.«
    »Dann wissen Sie auch, dass wir hier entweder einen ganz einfachen Fall haben oder einen ganz schwierigen.«
    »Jeder Fall ist lösbar.«
    »Sicher. Jeder Fall ist lösbar, nur wird nicht jeder gelöst.«
    »Wir werden den Mord aufklären.«
    Stefan Heinzmann schoss auf. Er blickte auf Schneider herab. »Überlegen Sie doch! Der Mörder benutzt ein Springmesser, lässt es fallen. Er wird nicht gesehen. Also keine Zeugen, wahrscheinlich keine Fingerabdrücke. Wie sollen wir da den Täter finden, geschweige denn überführen?«
    Schneider stemmte die Hände in die Hüften, Daumen noch hinten. »Wir werden diesen Fall aufklären«, gab er sich als Anführer. Es tönte wie: »Wir werden diesen Vierzigkilometermarsch bewältigen.«
    »Wir? Uns sind doch immer die Hände gebunden«, knirschte Heinzmann. »Danner hingegen ist der beste Mann, um im Umfeld der Familie zu recherchieren. Und dort liegt der Schlüssel zu diesem Fall, da bin ich sicher.«
    Der Chef der beiden Basler Polizisten machte eine wegwischende Handbewegung. »Es gefällt mir einfach nicht, wenn Außenstehende – Blick-Journalisten noch dazu – von internen Stellen ohne mein Wissen mit Informationen bedient werden.«
    Also doch, dachte Baumer. Schneider ging es nur um den eigenen Arsch. Dieser kleine Mann, der an einem großen Hebel saß und mit einem Strich seines goldenen Füllers Karrieren machen oder zerstören konnte, auch er kümmerte sich, wie alle Bosse, zuallererst um seinen eigenen Machterhalt. Die Aufklärung des Verbrechens war wichtig. Schneider betonte das andauernd. Aber nur weil er damit punkten wollte. Und das ging nicht, wenn ein anderer ihm die Lorbeeren streitig machen könnte. Den Mörder zu schnappen, dingfest zu machen, das war nur zweite Priorität. Zuerst kam die Karriere eines gewissen Herrn Schneiders und dann, viel, viel, viel, viel, viel später, wenn überhaupt, alles andere.
    Baumer musste lächeln. Offenbar war der neue Chef der Kriminalpolizei auch schon vom Napoleonsyndrom befallen. Es geht ja so schnell.

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