Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Ewigkeit verflucht

In Ewigkeit verflucht

Titel: In Ewigkeit verflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
vergoldete sie.
    An der Tür blieben wir stehen. Unsere Körper warten Schatten, die in die Werkstatt hineinfielen. Der Mann wurde so auf uns aufmerksam. Er stellte seine Säge ab und drehte sich um.
    Wir sahen ihn jetzt von vorn und waren beide der Meinung, dass es nicht der von uns gesuchte Reto Kirchner war. Das passte vom Alter her nicht, denn der Mann mit der sonnenbraunen Haut war bestimmt über 60.
    Dunkelgraue Augenbrauen zogen sich leicht misstrauisch zusammen, als der Mann uns anschaute.
    »Bitte, was kann ich tun?«
    Bill übernahm das Wort. »Sie sind nicht Reto Kirchner, denke ich mir?«
    »Nein, ich heiße Adam Kirchner und bin der Vater. Sie wollen zu meinem Sohn?«
    »Ja.«
    Er schaute uns jetzt sehr misstrauisch an. Dabei wischte er seine Handflächen an den Hosenbeinen ab. »Ich... ich... äh... verstehe nicht, was Sie von ihm wollen.«
    »Nur mit ihm reden.«
    Kirchner lachte. Es hörte sich an wie ein Gurgeln. »Das wollten viele, aber ich kann Ihnen sagen, dass mein Sohn mit keinem Menschen reden will, und ich will das auch nicht.«
    Bill zeigte Verständnis. »Es ist uns klar, nach allem, was hier vorgefallen ist. Aber...«
    »Kein Aber. Man hat Reto wieder entlassen. Er ist nicht verrückt, wie viele gedacht haben. Er hat ein Erlebnis gehabt, und das ist es dann auch gewesen.«
    »So ein Erlebnis muss man auch verarbeiten«, erklärte Bill.
    »Das weiß ich. Er hat es.«
    Wir sahen ihm an, dass er log. Seine Sorgen waren ihm am Gesicht abzulesen. Er zog einige Male die Nase hoch. Seine Blicke wanderten unruhig hin und her. Wahrscheinlich dachte er darüber nach, wie er uns einstufen sollte. Wir mussten zudem damit rechnen, dass er aggressiv wurde und uns rauswarf, doch wie immer kommt es im Leben oft anders, als man denkt.
    Adam Kirchner sackte plötzlich in sich zusammen. Es sah sogar aus, als würde er fallen, aber er ließ sich nur auf einen Schemel sinken und schlug die Hände vors Gesicht.
    Dann weinte er.
    Der Mann weinte bitterlich und tat uns verdammt Leid. Alle Sorgen der Welt schienen ihn übermannt zu haben. Er war nicht mehr fähig, ein Wort zu reden, und wir stellten ihm auch keine Fragen. Er musste sich erst wieder fangen.
    Möglicherweise hatten wir durch unseren Besuch bei ihm etwas ausgelöst, das sich in seinem Innern verkrustet hatte. Genau waren wir nicht informiert, doch er weinte um seinen Sohn oder um dessen Schicksal. Etwas anderes konnten wir uns nicht vorstellen. Wenn wir ihn auf unsere Seite ziehen konnten, war das ein Vorteil. Es musste ihn schwer getroffen haben. Nicht nur, dass sein Junge sich in der Klinik befunden hatte, auch nach seiner Entlassung war er nicht normal geworden.
    Wir sprachen ihn nicht an. Er musste sich einfach ausweinen. Erst dann würden wir weitersehen.
    Schließlich holte Adam Kirchner ein Tuch aus der lasche und wischte damit durch sein Gesicht. Er putzte sich die Nase, rieb danach die Augen und blickte zu uns hinüber.
    »Was habe ich getan?«, flüsterte er.
    »Sie haben sich sehr menschlich verhalten, Herr Kirchner«, sagte ich. »Schließlich sind Sie keine Maschine und auch nur ein Mensch.«
    »Trotzdem, das ist mir noch nie passiert. Ich kenne Sie beide nicht. Sie sind fremd und wollen zu meinem Sohn.«
    »Das ist wichtig für uns.«
    Die Frage nach dem Warum war ihm schon anzusehen, aber er stellte sie nicht und schaute uns nur an. Über seine Lippen huschte die Andeutung eines Lächelns. Er stand von seinem Schemel auf und kam etwas tapsig auf uns zu. In seinen Augen schwamm noch das Tränenwasser, und er musste auch mehrmals schlucken.
    Als er stehen blieb, wirkte er verlegen. »Das ist mir noch nie passiert. Ich... kenne Sie gar nicht. Plötzlich werde ich von meinen Gefühlen übermannt. Das ist mir bei anderen Menschen selten passiert. Irgendwas muss bei mir gerissen sein.«
    »Es geht um Ihren Sohn, Herr Kirchner, das verstehen wir. Das einzige Kind?«
    »Ja.«
    »Sehen Sie. Da macht man sich eben Gedanken.«
    »Möchten Sie einen Schnaps?«, fragte er urplötzlich.
    Wir lehnten beide ab.
    »Ich brauche jetzt einen.«
    »Bitte.«
    In einem offenen Werkzeugschrank stand unter anderem eine grüne Flasche. Er zog den Korken hervor und nahm einen kräftigen Schluck. Hastig stellte er die Flasche wieder weg, nachdem er sich geschüttelt hatte.
    »Wer sind Sie eigentlich?«, fragte er dann. »Nicht hier aus dem Ort und auch keine Schweizer – oder?«
    »Wir kommen aus London.«
    »Ach.« Es war ihm anzusehen, dass er nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher