In feinen Kreisen
meist Männer gewesen, die er mehr oder weniger gut gekannt hatte, aber dieser Mann hatte zu seinem eigenen Haushalt gehört, und Mord war etwas anderes als Krieg. Soldaten mussten damit rechnen zu töten und getötet zu werden. In der Regel hatten sie vor ihren Feinden sogar Respekt. Hass war nicht mit im Spiel. Gewalttätigkeit ja – aber sie blieb unpersönlich. Das verringerte den Schmerz der Hinterbliebenen zwar nicht, aber der Tod im Krieg war nun einmal Schicksal. Dies hier war etwas anderes, eine beabsichtigte, heimtückische Gewalttat gegen eine bestimmte Person.
»Ist das Ihr Kutscher, Sir?«, fragte Sergeant Robb, obwohl er sehen konnte, dass die Frage überflüssig war. Die Gesichter von Vater und Sohn spiegelten allzu deutlich wider, dass er es war.
»Ja, er ist es«, antwortete Stourbridge leise. »Das ist James Treadwell. Wo haben Sie ihn gefunden?«
Der Gehilfe zog das Laken wieder über das Gesicht des Toten.
»Auf der Straße, Sir«, erwiderte Robb, während er mit ihnen zur Tür ging. »Auf dem Weg vor einer der Häuserreihen auf dem Green Man Hill, etwa eine Meile von hier entfernt. Wissen Sie vielleicht, ob er jemanden in dieser Gegend kannte?«
»Was?« Stourbridge blickte auf. »Oh… nein, ich glaube nicht. Er ist ein Neffe unserer Köchin. Ich kann sie fragen. Ich habe keine Ahnung, wo er seine freien Tage verbrachte.«
»Hatte er auch an dem Tag frei, an dem er verschwand, Sir?«
»Nein…«
»Hatte er Ihre Erlaubnis, die Kutsche zu benutzen, Sir?« Stourbridge zögerte einen Augenblick mit seiner Antwort. Er sah zu Lucius hinüber, dann wandte er den Blick wieder ab.
»Nein, die hatte er nicht. Ich fürchte, die Umstände, unter denen er das Haus verließ, sind ziemlich rätselhaft, und keiner von uns versteht es, Sergeant. Wir wissen, wann er weggefahren ist, aber mehr nicht.«
»Ihnen war bekannt, dass er Ihre Kutsche genommen hatte«, fuhr Robb fort, »aber Sie haben den Verlust nicht bei der Polizei gemeldet. Es ist eine sehr schöne Kutsche, Sir, mit guten Pferden, beide von beträchtlichem Wert.«
»Major Stourbridge hat bereits erwähnt, dass Treadwell mit seiner Köchin verwandt war«, unterbrach Monk den Polizisten , »und diese steht seit langer Zeit in Diensten der Familie. Er wollte wenn möglich einen Skandal vermeiden. Er hoffte, Treadwell würde wieder zu Verstand kommen und zurückkehren… vielleicht sogar mit einer vernünftigen Erklärung. «
Lucius konnte es nicht länger ertragen. »Meine Verlobte war bei ihm!«, stieß er hervor. »Mrs. Miriam Gardiner. Wir haben Mr. Monks Dienste in Anspruch genommen, um sie zu finden. Treadwell können wir nicht mehr helfen, der armen Seele, aber wo ist Miriam? Wir sollten all unser Streben auf die Suche nach ihr verwenden! Sie ist vielleicht verletzt… in Gefahr…« Er verlor die Kontrolle über seine Stimme.
Robb schien einen Augenblick lang verblüfft zu sein, dann wurden seine Züge hart. Er sah nicht einmal in Monks Richtung.
»Verstehe ich recht, dass Mrs. Gardiner Ihr Haus in der Kutsche verließ, die Treadwell lenkte?«, verlangte er zu wissen.
»Wir nehmen es an«, antwortete Stourbridge, bevor Lucius sprechen konnte. »Niemand hat die beiden zusammen wegfahren sehen.« Er schien die Situation erfasst zu haben.
»Aber wir haben seither nichts mehr von ihr gehört, und wir wissen nicht, was aus ihr geworden ist. Wir machen uns große Sorgen und sind mit unserem Latein am Ende.«
»Wir müssen nach ihr suchen!«, fiel Lucius ihm ins Wort.
»Treadwell ist tot und Miriam vielleicht in großer Gefahr! Sie wird Angst haben und sich elend fühlen! Sie müssen jeden Mann, den Sie erübrigen können, für die Suche nach ihr abstellen!«
Robb stand einen Augenblick lang völlig reglos da, die Überraschung machte ihn sprachlos. Dann drehte er sich langsam zu Monk um. »Sie haben versäumt zu erwähnen, dass eine junge Frau in der Kutsche saß, als Treadwell ermordet wurde, und dass sie seither vermisst wird! Wie kommt das, Mr. Monk?«
Monk hatte die Frage vorhergesehen, obwohl es keine Entschuldigung gab, die den Polizisten zufrieden stellen würde, und Robb wusste das genauso gut wie er.
»Mrs. Gardiner ist zusammen mit Treadwell aufgebrochen«, antwortete er und versuchte so ehrlich wie nur möglich zu erscheinen, »aber wir haben keine Ahnung, wann sie ihn verlassen hat…«
Lucius starrte ihn entsetzt an.
»Wortklauberei!«, brauste Robb auf.
»Die Wirklichkeit!«, erwiderte Monk schroff. »Das alles
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