In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05
in der flimmernden Hitze.
In dem entwendeten Schriftstück war der Name des Ranchers
als Lyndon J. Brewer angegeben. Seine Adresse bestand lediglich aus der Nummer einer Landstraße, die nach Alices Straßenkarte ungefähr vierzig Meilen geradeaus weiterführte, bevor sie nach New Mexico hinein verschwand. Sie sah genau wie die aus Echo nach Süden an der Ranch der Greers vorbei verlaufende Straße aus: ein staubiges Asphaltband, neben dem eine durchhängende Freileitung verlief und an dem ungefähr alle fünfzehn Meilen ein großes Ranchtor stand. Die Ranchs hatten Namen, die nicht unbedingt mit denen ihrer Besitzer übereinstimmen mussten, genau wie die Red House Ranch keinen Hinweis auf den Namen Greer enthielt. Also würde es unter Umständen gar nicht einfach sein, Lyndon J. Brewer in Person aufzuspüren.
Aber das war es dann doch, denn die Straße kreuzte sich irgendwann mit einer anderen, und an dieser Kreuzung waren auf einer verwitterten Planke ein halbes Dutzend Briefkästen angebracht, auf denen nicht nur die Namen von Leuten, sondern auch die ihrer Ranchs standen. Auf einem weißen Briefkasten stand in schwarzer Handschrift Brewer , und gleich darunter Big Hat Ranch .
Fünfzehn Meilen weiter nördlich erreichte er die Einfahrt zur Big Hat Ranch. Ihr Tor bestand aus weiß gestrichenen filigranen Eisenkonstruktionen, die in Charleston oder New Orleans einem Wintergartendach aus der Zeit um die Jahrhundertwende alle Ehre gemacht hätten. Er fuhr jedoch daran vorbei und hielt am nächsten Mast der parallel zur Straße verlaufenden Überlandleitung. Stieg aus dem Wagen und sah nach oben. Auf dem Betonmast saß ein großer Transformator, von dem T-förmig eine Leitung abzweigte, die zu der von der Straße aus nicht sichtbaren Ranch führen musste. Und ungefähr dreißig Zentimeter darunter verlief das über dieselben Masten geführte Telefonkabel.
Reacher kramte Alices Pistole unter den Straßenkarten auf dem Beifahrersitz hervor und nahm das Abschleppseil aus
dem Fußraum. Zog das Seil durch den Abzugbügel und sicherte es mit nur einem Knoten. Ließ sechs bis sieben Meter des Seils durch seine Hände gleiten und schwang das mit der Waffe beschwerte Ende. Dann hielt er das Seil mit der Linken und warf die Pistole mit der Rechten, wobei er auf die Lücke zwischen Stromleitung und Telefonkabel zielte. Beim ersten Versuch verfehlte er sie. Beim zweiten warf er kräftiger und traf genau. Die Waffe flog, das Abschleppseil hinter sich herziehend, durch die Lücke zwischen Kabel und Leitung. Er ließ etwas Seil nach, bis er die Pistole wieder in der Hand hielt. Knotete sie los, deponierte sie auf dem Beifahrersitz, packte das Seil mit beiden Händen und ruckte kräftig daran. Das Telefonkabel wurde aus dem Verteilerkasten gerissen und fiel auf der gesamten Strecke bis zu dem fast hundert Meter entfernten nächsten Mast in Schlangenlinien zu Boden.
Er rollte das Abschleppseil zusammen und verstaute es im Fußraum. Setzte sich wieder ans Steuer, stieß zurück und bog in die Zufahrt unter dem weißen Tor ab. Folgte ihr fast eine Meile weit bis zu einem weißen Haus, das in einen historischen Film gepasst hätte. Vier massive Säulen trugen den Balkon im ersten Stock. Eine Freitreppe führte zu einer zweiflügligen Tür hinauf. In den gepflegten Rasen, der das Haus umgab, war eine mit Kies bestreute Fläche eingelassen, die als Parkplatz diente.
Reacher parkte den LeBaron am Fuß der Treppe und stellte den Motor ab. Stopfte sein Hemd in die Hose. Ein Mädchen, das als Fitnesstrainerin arbeitete, hatte ihm einmal gesagt, das lasse seinen Oberkörper imposanter erscheinen. Die Pistole steckte er in seine rechte Hosentasche, in der sie sich deutlich sichtbar abzeichnete. Dann krempelte er die Ärmel seines neuen Hemds bis über die Oberarme auf. Hat man Arme, die dicker sind als die Oberschenkel der meisten Menschen, muss man manchmal zeigen, was die Natur einem geschenkt hat.
Er stieg aus und ging die Treppe hinauf. Drückte auf den Klingelknopf rechts neben der Tür. Irgendwo im Hausinneren schlug ein Gong an. Er wartete. Bevor er ein zweites Mal klingeln konnte, öffnete sich der linke Türflügel. Dort stand ein Dienstmädchen, das etwa halb so groß war wie die Tür. Sie trug ein graues Kleid mit Spitzenhäubchen und weißer Schürze und schien von den Philippinen zu stammen.
»Ich möchte Lyndon Brewer sprechen«, sagte Reacher.
»Erwartet er Sie?«, fragte die Filipina. Ihr Englisch war
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