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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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Inquisitor.   
    »Den Namen kenne ich
     nicht, Herr«, sagte der Gefangene eilfertig. »Ich weiß
     nur, dass es ein Mönch war, der dort die Seele ausgehaucht hatte.«
    »Und du bemerktest
     sofort, dass er tot war?«
    »Ja, er rührte
     sich nicht. Ich blickte mich um, als ich sah, dass er aus einer
     Messerwunde blutete, denn ich fürchtete in jenem Augenblick, dass
     auch ich von demjenigen angegriffen werden könnte, der diese Untat
     verübt hatte. Doch niemand zeigte sich mir, ich vernahm auch kein Geräusch.
    Eine Zeit lang stand ich so
     unschlüssig da und wusste nicht, was ich tun sollte. Versteht Ihr,
     Herr?«, fragte er flehentlich, doch der Inquisitor starrte ihn nur
     an.
    »Ich wusste doch nicht,
     wen ich hätte rufen sollen«, fuhr Pierre de Grande-Rue mit kläglicher
     Stimme fort. »Für einen Arzt war es zu spät. Das Kloster
     der Dominikaner war weit. Und wenn ein Vagant wie ich bei den Sergeanten
     einen niedergestochenen Mönch gemeldet hätte, ich wäre doch
     sofort in den Kerker geworfen worden!«
    »In den Kerker des Prévôt
     royal wärest du gekommen«, erwiderte Meister Philippe daraufhin
     nüchtern. »Dafür schmachtest du nun im Kerker der
     Inquisition.«                  
    Der Vagant schluckte schwer
     ob der unterschwelligen Drohung in diesen Worten. »Ich beging eine Sünde,
     oh verzeiht mir Herr!«, flehte er. »Als ich bei dem Toten
     stand und nicht wusste, wen ich rufen sollte, und sah, dass sich weit und
     breit niemand zeigte, da wollte ich sehen, ob ich bei dem Mönch nicht
     etwas holen konnte.«
    »Du wolltest den toten
     Mönch bestehlen?«, hielt der Inquisitor fest. Pierre de
     Grande-Rue wandt sich, so weit es seine Fesseln erlaubten. »Ich
     dachte, dass er die Dinge dieser Welt nun sowieso nicht mehr brauchte. Er
     war ja schon ins Paradies eingegangen!« Da vernahm ich zum ersten
     Mal, dass einer der beiden Folterknechte leise murrte. Mir schien, dass er
     langsam die Geduld verlor. Meister Philippe jedoch zeigte sich
     unbeeindruckt. »Was hast du an dich genommen?«
    »Ein Buch, mehr nicht«,
     antwortete der Gefangene hastig. »Es war das Erste, was ich in einer
     Falte der Kutte finden konnte. Ich begann gerade erst, den Toten
     abzutasten, da vernahm ich plötzlich aus einer der Seitengassen neben
     Notre-Dame ein Geräusch. Furcht überkam mich - und ich eilte
     davon, ohne noch einmal Hand an den Mönch gelegt zu haben.«
    »Du hast kein Geld
     geraubt?«, wollte der Inquisitor wissen. Der Vagant sah ihn überrascht
     an. »Nein, Herr, ich habe kein Geld bei ihm gefunden. Ich hatte den
     Toten ja auch kaum angefasst.«
    »Und das Buch? Was ist
     damit?«
    »Ich weiß nicht,
     was es für ein Buch ist, Herr. Ich kann nicht lesen. Doch ich hoffte,
     dass ich es vielleicht für gutes Geld verkaufen mochte, also
     versteckte ich es.
    Dann jedoch vernahm ich, dass
     Inquisitoren nach dem Mörder jenes Mönches suchten; und dass sie
     sich nicht einmal scheuten, Schönfrauen zu befragen und in Tavernen
     zu gehen. Freunde berichteten mir beiläufig davon, denn es kommt ja
     nicht alle Tage vor, dass man Dominikaner bei den Huren und Trinkern
     erblickt. Niemand ahnte zunächst, dass auch ich etwas mit dem toten Mönch
     zu tun hatte, doch dann erzählte ich im Rausch irgendjemandem in
     einer Taverne davon. Ich wusste sofort, dass mir nun Gefahr drohte. Also
     versteckte ich mich. Gerne hätte ich auch Paris verlassen, doch wagte
     ich nicht, allein zu fliehen, aus Angst vor der Krankheit, die, wie man
     sich erzählt, draußen im Land wütet und gar fürchterlich
     sein soll. Spielleute oder Händler oder irgendjemanden sonst, der
     Paris verlassen wollte und dem ich mich hätte anschließen können,
     habe ich jedoch nicht mehr getroffen.«
    »Hast du an jenem
     Abend, da du den toten Mönch ausgeraubt haben willst, noch eine junge
     Schönfrau mit Namen Jacquette erblickt? Man ruft sie auch ›das
     Täubchen‹.«
    »Nein, Herr, ich bin
     weggelaufen, so weit und so schnell ich konnte. Zu den Schönfrauen
     bin ich in jener Nacht nicht mehr gegangen.«
    »Und einen Domherrn von
     Notre-Dame, hast du den vielleicht gesehen? Sein Name ist Nicolas
     d'Orgemont.«
    Der Vagant schüttelte
     den Kopf. »Ich kenne doch keinen so hohen Herrn«, antwortete
     er bestimmt. »Und ganz sicher habe ich in jener Nacht keinen Mann
     der Kirche gesehen. Außer dem toten Mönch selbstverständlich.«
    »Das ist also alles,
     was du zu sagen hast?«,

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