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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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zu kraftlos, um mich noch zu regen.
    Der Inquisitor war derweil
     aufgesprungen. Mit der Rechten tastete er seine Schultern ab, dann schrie
     er nochmals auf - als er sich ein kleines Messer aus dem Fleisch zwischen
     den Schulterblättern zog. Das Schabmesser von einem der Schreibpulte!
    Lea war zurückgewichen
     und starrte den Rasenden mit angstvollen Augen an. Sie hatte mich
     gerettet, denn sie hatte Philippe de Touloubre das schmale, kurze Eisen in
     den Rücken gerammt. Voller Schmerz hatte er von mir abgelassen. Doch
     war die Verletzung nicht tödlich, ja, sie schien ihn nicht einmal
     geschwächt zu haben, denn nun hob er den Dolch und schlich Lea
     entgegen. Die wich zurück, doch kam sie nur ein paar Schritte weit,
     dann stand sie an der Wand und befand sich in der Falle.
    Ich krümmte mich am
     Boden vor Erschöpfung und Schmerz. In meinem Geiste sah ich
     Jacquette, wie sie mit klaffender Wunde auf dem Pflaster lag. Ich sah
     Klara Helmstede, wie sie vom Folterknecht ins Verlies gestoßen
     wurde.
    »Du wirst nicht wieder
     triumphieren!«, keuchte ich. Dann gab mir der Engel des Zornes
     Kraft. Mit einem gewaltigen Satz sprang ich auf, schrie wie ein Dämon
     und stürzte mich wieder auf Philippe de Touloubre.
    Was dann geschah, das vermag
     ich bis heute nicht genau zu sagen. Wie ein Löwe hatte ich den
     Inquisitor angesprungen, wir beide waren wohl quer durch den halben Raum
     geflogen. Dann hörte ich ein Krachen und spürte einen heißen
     Schmerz in der Linken. Wir waren in ein Fenster gestürzt, dessen
     zersplitternde Scheibe mir die Hand aufschlitzte. Doch während ich am
     Glas und an einer steinernen Verstrebung hängenblieb, wurde Philippe
     de Touloubre hinausgeschleudert.
    Für einen unendlich
     langen Augenblick war es vollkommen still. Der Inquisitor war
     verschwunden.
    Dann holte ich Atem und trat
     vorsichtig an das zertrümmerte Fenster heran.
    Die Dächer von Paris
     lagen weit unter mir, schauderhaft leuchtend unter den Blitzen des
     Gewitters. Die ersten, schweren Regentropfen klatschen herunter, der Wind
     heulte im Strebewerk und um die steinernen Dämonen der Kathedrale.
     Direkt vor mir, nur mit der Linken an einem schmalen Gesims
     festgeklammert, hing Philippe de Touloubre über dem Abgrund. Stumm
     starrten wir uns an.
    Dann quälte sich der
     Inquisitor plötzlich ein Lächeln ab. »Reich mir die Hand,
     Bruder Ranulf«, bat er. Seine Stimme war wieder ganz ruhig, ja gütig.
     Sein Blick war klar.
    Ich wusste nicht, ob er
     wollte, dass ich ihn packte, um mit ihm in die Tiefe zu stürzen, oder
     ob er wahrhaftig hoffte, dass ich ihn hinaufziehen würde. Ich sagte
     nichts, sondern schüttelte nur stumm den Kopf. Da lachte der
     Inquisitor laut auf und er rief, dass seine Stimme weit über Paris
     schallte, lauter noch als die Donnerschläge, die nun vom Himmel
     rollten: »Du kommst zu spät! GOTT vernichtet diese Welt —
     und wir errichten eine neue!«
    Dann ließ der
     Inquisitor von Paris das Gesims los und stürzte in die Tiefe. Unten
     auf dem Platz flatterten ein paar Raben auf und krächzten wütend.
    *
    Wie gelähmt starrte ich
     hinunter, wo ich den zerschmetterten Körper Philippe de Touloubres
     nur erahnen konnte. Den Körper des Mannes, den ich bewundert, ja, den
     ich geliebt hatte. Der mir, mehr als jeder andere Mann auf Erden, der
     Vater hätte sein können, den ich nie gehabt hatte. Ich spürte,
     wie mir Tränen über die Wangen rannen, und ich hörte eine
     Stimme aus dem Abgrund, verlockend und süß: »Spring!«,
     flüsterte sie. »Es ist so einfach. Spring!« Da spürte
     ich einen sanften, doch festen Griff an meiner Schulter. Lea zog mich zurück
     vom Fenster und schloss mich in ihre Arme. So wurde mir denn zum zweiten
     Mal in jener finsteren Stunde von Lea das Leben gerettet.
    »Wir müssen zur
     Kogge«, sagte sie beschwörend. »Es gibt sonst nichts mehr
     zu tun.«
    Da nickte ich, schlug das
     Kreuz und dankte ihr. Dann stürzten wir mit der letzten Kraft, die
     uns noch geblieben war, die Treppe hinab und hinaus aus der Kathedrale
     Notre-Dame. Doch Satan hielt für uns schon die nächste Prüfung
     bereit. Obwohl nun der Regen in dichten Schleiern vom Himmel fiel, dass
     man kaum ein Dutzend Schritte weit sehen konnte, roch ich doch den Qualm
     eines riesigen Feuers und schon von weitem hörten wir das Prasseln
     von Hölzern in lodernden Flammen.
    Wir erreichten außer
     Atem den Grand Pont - und sahen, dass die dicht nebeneinander

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