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In Nomine Mortis

In Nomine Mortis

Titel: In Nomine Mortis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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dass ich einen Moment glaubte, auf der Straße zu
     stolpern. »Das mag die Verbindung zu Heinrich von Lübeck erklären«,
     warf ich ein.
    Der Inquisitor nickte.
     »Und auch zum Reeder Richard Helmstede.« Er schüttelte
     den Kopf, als grüble er über ein Rätsel nach. »Nechenja
     ben Isaak gab unumwunden zu, dass er Geldgeschäfte nicht nur mit
     manchen Edlen Frankreichs und mit vielen Pariser Kaufleuten macht, sondern
     auch mit den Burgundischen und Englischen, wiewohl diese doch Feinde des Königs
     von Frankreich sind. Ein Geständnis also, dass dem Geldwechsler
     durchaus gefährlich werden kann.
    Derselbe Mann jedoch, der in
     diesen Dingen mir gegenüber so offen ist, leugnet in starken Worten,
     dass er vor jenem Besuch je von Heinrich von Lübeck gehört oder
     ihn gar gesehen habe. Stimmen beide Geschichten? Oder spricht er in diesem
     die Wahrheit und lügt mich in jenem an? Die Juden sind falsch, Bruder
     Ranulf, hüte dich vor ihren Worten! Dilexerunt enim gloriam hominum
     magis quam gloriam DEI.«
    Ich nickte und dachte an die
     Botschaft Leas in meiner Hand. Ob wahr oder falsch, wie gerne hätte
     ich sie endlich zu lesen gewagt! »Nechenja ben Isaak behauptet
     jedenfalls, dass Heinrich von Lübeck zu ihm gekommen sei, um ihn zu
     fragen, zu welchen Zinsen er eine größere Summe leihen könne.
     Der Jude behauptet weiterhin, dass unser verstorbener Bruder weder gesagt
     habe, wie hoch genau jene Summe sein solle, noch, wozu er das Geld haben
     wolle. Nechenja ben Isaak gab ihm daraufhin angeblich seine Bedingungen
     kund, worauf Heinrich von Lübeck, so sagt der Geldwechsler, sich mit
     den Worten verabschiedet habe: ›Ich muss mir alles noch einmal
     durch den Kopf gehen lassen. Ich werde zurückkehren, wenn mir das
     Geldgeschäft tatsächlich zupass kommt.« Nechenja ben Isaak
     behauptet weiterhin, seit jenem Tag Heinrich von Lübeck nicht mehr
     gesehen zu haben. Aber kann ich dies alles glauben?«
    Den Rest des Weges legten wir
     rasch und schweigend zurück. Es war schon später Nachmittag, als
     wir das Kloster in der Rue Saint-Jacques wieder betraten. Wir hatten nicht
     einmal Zeit, den Staub der Stadt aus unseren Gewändern zu schütteln,
     denn der Prior hatte dem Portarius aufgetragen, uns sofort zu ihm zu führen.
    »Ihr habt den Juden
     nicht verhaften lassen, Meister Philippe?«, fragte uns Bruder
     Carbonnet und hob missbilligend eine Augenbraue. »Dazu ist es noch
     zu früh, Ehrwürdiger Vater«, antwortete der Inquisitor.
     »Aber was heute noch nicht geschehen ist, kann sich schon morgen
     zutragen.«
    Dann berichtete er von dem,
     was ihm Nechenja ben Isaak erzählt hatte.
    »Und was sind Eure
     Schlussfolgerungen?«, wollte der Prior wissen. Meister Philippe
     durchmaß mit großen Schritten den Raum. »Sicher ist,
     dass der Jude ein geschickter Mann ist. Er spielt ein doppeltes Spiel und
     verleiht sein Geld an den König von Frankreich ebenso wie an dessen
     Todfeinde. So wird er, wie immer dieser Krieg ausgehen mag, stets auf der
     Seite der Sieger stehen. Verschlagen mag er sein, doch sind dies nicht
     alle Geldwechsler?
    Das allein sagt noch nichts
     darüber aus, ob er auch etwas mit jenem Todesfall zu tun hat, der uns
     alle so erschüttert. Angenommen, Nechenja ben Isaak spricht nur die
     halbe Wahrheit: Möglicherweise wollte sich unser verstorbener
     Mitbruder kein Geld leihen. Dann ist das Geld, das wir bei Heinrich von Lübeck
     fanden, vielleicht eine Summe, die der Unglückselige bei dem
     Geldwechsler zu gutem Zins anlegen wollte. Doch woher sollte Heinrich von
     Lübeck dieses Geld haben? Und wozu sollte er damit zum Juden gehen?
     Es wäre auch möglich, dass dieses Geld doch geliehen ist —
     von einem anderen Geldwechsler, der bessere Bedingungen unterbreitet hat
     als Nechenja ben Isaak. Doch unser junger Bruder hier«, er deutete
     auf mich, »hat Pietro Datini befragt, in diesen Dingen einer der
     erfahrensten Wucherer von Paris. Dieser Datini weiß von niemandem
     sonst, bei dem Heinrich von Lübeck gewesen sein könnte. Wäre
     es also ein unbekannter Geldgeber — wer könnte dies sein, dass
     ihn nicht einmal Seinesgleichen kennen?
    Gehen wir andererseits davon
     aus, dass der Jude lügt, was folgt daraus? Dass die Summe —
     eine beträchtliche Summe immerhin — doch von Nechenja ben Isaak
     an unseren Mitbruder ausgeliehen worden ist. Warum aber sollte Nechenja
     ben Isaak dies leugnen? Wenn es sein Geld ist, er es jedoch abstreitet,
    

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