Ina: Der Konflikt (German Edition)
verraten hatte! Ihre Kehle trocknete aus. Verrat schmeckte bitter! – Fühlte sich Neven vor vier Jahren so? Die Koordinaten des zweiten Schiffes gingen stockend über ihre Lippen. Es wurde nicht einfacher! Sollte es nicht leichter werden?! In Gedanken zählte sie die verratenen Soldaten. – Ungefähr zwei- bis dreihundert bisher. Waren das noch nicht genug Seelen, die sie vielleicht schon bald auf dem Gewissen hatte?! Das Bild vor ihr verschwamm, dann floss eine Träne über ihre Wange, als sie die Koordinaten des dritten Schiffes zitternd hinaus stiess und dann verstummte. – Bei allem was heilig war! Sie war alleine her gekommen, unbewaffnet und wurde von diesen Diplomaten angegriffen! Und trotzdem gab sie ihnen die Koordinaten ihrer Schiffe! – Wenn das nicht Wahnsinn war! Sie biss sich auf die Lippe. So fest, dass es wehtat. Chevrin liess das Pad langsam sinken: „Sprachen sie nicht von fünf Schiffen?“ Ina ging mit ihren Lippen neben sein Ohr: „Ich habe soeben alles verraten, was mir etwas bedeutet. – Machen sie mich nicht zur Mörderin von vierhundert Soldaten!“ Achri sah mitleidig zu ihr. Ihre Augen suchten den Raum ab. Wie sollte sie von hier weg kommen? Die Wachen der neutralen Vereinigung standen vor dem Haus. Ina konnte also nicht einfach hinaus spazieren. „Wonach suchen sie?“ Sie ignorierte Achri's Frage. „Ich würde diese Tür vorschlagen“, Chevrin deutete auf die Tür rechts von ihnen, die in den Garten führte. „Ihre Soldaten sollen in die oberen Stockwerke gehen und holen sie zwei Umhänge.“ Achri lehnte sich vor: „Sie wirken mitgenommen.“ Eine seltsame Nebenerscheinung von Verrat. Was passierte wenn das jemand heraus fand? – Arrest, Verhör, lebenslang auf Florid wenn sie Glück hatte. Achri erhob sich langsam und tat was sie verlangte. „Wieso bist du zu uns gekommen Ina?“ Fragte Neche flüsternd. Ina zog Chevrin’s Kopf wieder zurück und legte die zitternde Klinge an seine Kehle, was Neche zum sitzen bleiben veranlasste obwohl er aufstehen wollte. „Du versucht einen Krieg durch Verrat zu verhindern. – Ist das Mut oder Verzweiflung Ina?“ Verzweiflung und Dummheit. Nach einer Minute kam Achri zurück, legte die Umhänge vor ihnen auf den Boden und setzte sich wieder neben Neche auf das Sofa, der wohl noch auf eine Antwort hoffte. Ina legte den Umhang mühsam mit nur einer freien Hand über ihre Schultern, beobachtete Achri und Neche, lauschte ob sie irgendwelche Schritte hörte. Chevrin liess das Pad am Boden liegen und liess sich rückwärts zur Tür ziehen. Er hob schützend seine Hand vor die Augen, als Ina die Tür öffnete und hinaus trat. Das Messer legte sie auf den Tisch, krallte ihre Finger in Chevrin’s Arm und führte ihn neben sich zum Tor. Bei den tumanischen Soldaten bereute sie das Messer nicht mehr zu haben. Aber sie liessen sie passieren.
Unter dem Schutz von zwei Wachen der neutralen Vereinigung gingen sie denselben Weg zurück, den Ina mit Decha gekommen war. Und in derselben Passage warteten die beiden Tuma, übernahmen ihre Umhänge und gingen weiter, während sich Ina und Chevrin hinter einer Ecke in einer Querpassage versteckten. Sie hörten die Schritte der Wachen die an ihnen vorbeiliefen ohne etwas zu bemerken. Ina’s Beine wurden wackeli, die stützte sich an der Mauer ab. „Sie bluten“, Chevrin stand an der gegenüberliegenden Wand und deutete mit seiner Hand an seine Nase. Die Wand hinter ihm begann sich zu drehen, schien ihr entgegen zu kommen, auf sie ein zu stürzen. Der Boden unter ihren Füssen drehte sich. Dieser bittere Geschmack in ihrem Mund wurde stärker, schnürte ihr die Kehle zu. Ihre Zunge wurde klebrig, säuerlich, ihr Magen zog sich zusammen. – Tief atmen! Aber es half nichts mehr. In einem letzten Krampf kam ihr Mageninhalt hoch. Sie versuchte sich an etwas fest zu halten. Aber da war nichts. Ungewollt sank sie in die Knie. Chevrin legte ihr die Hand auf den Rücken und versuchte sie zu stützen. „Weg!“ Dabei schüttelte sie seine andere Hand von ihrem Arm und spukte in einem weiteren Krampf das letzte Bisschen Galle aus, das ihr Magen noch hervor brachte. – Das war also der Geschmack von Verrat! Chevrin blieb neben ihr stehen und blickte besorgt auf sie hinab. Er hatte ungefähr dasselbe Alter wie Achri und war somit einige Jahre älter als Sebiha und Demir. Sanfte Gesichtszüge, sympathisches Erscheinungsbild, sehr vertrauenswürdige Stimme. Ina erkannte eine kleine Schnittwunde an seinem Hals.
Weitere Kostenlose Bücher