Infiziert
bis heute, von denen zwei nach dem Treffen mit dem Präsidenten entdeckt wurden. Der erste davon eine gewisse Judy Washington, zweiundsechzig, die einen Tag nach Gary Leelands Tod gefunden worden war, sich jedoch offensichtlich früher angesteckt hatte. Dew und sein Partner hatten ihr Skelett auf einem Feld in der Nähe der Rentnersiedlung gefunden, in der sie und Leeland gelebt hatten. Ihre Infektion hatte bereits ganze Arbeit geleistet. Und jetzt die Katastrophe mit Martin Brewbaker. Fünf Fälle in sechzehn Tagen, und er wusste, dass es noch mehr gab, die die CIA nur noch nicht entdeckt hatte.
Er nahm an, dass alles nur noch schlimmer werden würde.
10
Eine halbe Autopsie ist besser als gar keine
Obwohl sie sich für solche Gefühle hasste, war sie begeistert über die Möglichkeit, eine frische Leiche zu untersuchen. Sie war vor allem Ärztin, jemand, der Menschen heilt. Das war ihr Beruf und vielleicht sogar ihre Berufung. Die Heiligkeit des Lebens kam für sie an erster Stelle. Sie hätte also über diesen neuen Todesfall empört sein müssen, doch in dem Augenblick, in dem Murray sie nach Toledo beorderte, hatte ihre Begeisterung alles andere beiseitegewischt.
Natürlich war Margaret nicht gerade glücklich über einen neuen Todesfall, doch sie wollte unbedingt eine Leiche untersuchen, die noch nicht mehrere Tage lang einer beschleunigten Verwesung ausgesetzt gewesen war. Und so war sie hierhergekommen, sie, die anscheinend einzige Verteidigerin gegen diese bizarre Heimsuchung, und sie hatte fast nichts in der Hand, das sie untersuchen und mit dem sie arbeiten konnte. Für Margaret ging es nicht nur um eine weitere Leiche – die fünfte bisher –, sondern um die Chance, gegenüber einer Krankheit an Boden zu gewinnen, die das Potenzial hatte, Ebola und AIDS wie eine bloße Erkältung aussehen zu lassen.
So vieles konnte sich in so kurzer Zeit ändern. Vor sechzehn Tagen war sie noch Pathologin für das Koordinationszentrum für Infektionskrankheiten in Cincinnati gewesen. Das CCID war Teil des Centers for Disease Control, des CDC. Sie machte ihre Arbeit gut, doch auf der Karriereleiter war sie nicht über die erste Stufe hinausgekommen. Sie wollte aufsteigen, wollte Ansehen gewinnen, doch schließlich
musste sie sich eingestehen, dass sie die Konflikte nicht mochte, die die Politik der Behörde mit sich brachte. Sie hatte einfach nicht genügend Mumm.
Dann hatte sie den Auftrag erhalten, eine Leiche in Royal Oak, Michigan, zu untersuchen, eine Leiche, bei der man vermuten musste, dass sie Träger einer unbekannten Infektion war. Als sie den Körper oder das, was noch von ihm übrig war, gesehen hatte, wusste sie, dass sie die Chance bekommen hatte, sich einen Namen zu machen. Nur sieben Tage nach der Untersuchung nahm sie teil an einem Treffen mit den CIA-Agenten Dew Phillips und Malcolm Johnson, dem stellvertretenden Direktor der CIA, Murray Longworth, und dem Präsidenten höchstpersönlich. Sie, Margaret Montoya, saß mit dem Präsidenten zusammen und trug dazu bei, über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
Und jetzt, weniger als vierundzwanzig Stunden nach dem Geheimtreffen im Oval Office, hatte sie ständig einen CIA-Agenten an ihrer Seite, als wäre sie eine Staatschefin. Geistesabwesend kaute sie auf ihrem Füller und sah aus dem Seitenfenster neben dem Beifahrersitz, als der schwarze Lexus vor den Haupteingang des Toledo Hospital rollte.
Vier Übertragungswagen von Fernsehstationen standen auf dem Parkplatz, allesamt in der Nähe des Haupteingangs und des Eingangs zur Notaufnahme.
»Verdammt«, sagte Margaret. Sie spürte, wie ihr Magen auf und ab hüpfte. Sie wollte nicht mit der Presse sprechen.
Der Fahrer brachte den Wagen zum Stehen und drehte sich zu ihr um. »Soll ich Sie durch den Hintereingang reinbringen? « Er war ein atemberaubend schöner junger Mann, ein Afroamerikaner namens Clarence Otto, der vorläufig für
sie abkommandiert worden war. Murray Longworth hatte Clarence angewiesen, sie überallhin zu begleiten. Hauptsächlich sollte er »die nötigen Räder schmieren«, wie sich Murray ausdrückte. Clarence kümmerte sich um alle möglichen Kleinigkeiten, sodass Margaret sich auf ihre Arbeit konzentrieren konnte.
Es erschien ihr komisch, dass Clarence Otto ein voll ausgebildeter CIA-Agent war, der eine Waffe trug und doch nicht wusste, worum es hier ging, während sie, eine Epidemiologin aus den mittleren Rängen des CDC, bis zu den Knien in einer Sache steckte, die sich
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