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Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3

Titel: Inkarnationen 02 - Der Sand der Zeit - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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schritt zur Wiege und griff nach dem Baby.
Orlene starrte ihn an und kreischte: »Nein! Nein! Geh weg, Tod! Du sollst ihn nicht haben!«
Thanatos hielt inne. »Er leidet unter Schmerzen. Davon werde ich ihn erlösen.«
»Nein! Wir haben Medizin!«
»Es gibt eine Zeit zu sterben, und seine Zeit ist gekommen«, sagte Thanatos traurig. »Du würdest
nicht wollen, daß er länger leidet.« Vorsichtig griff er nach der Seele des Kindes, die wie
durchsichtiger Stoff in seinen Händen schwebte. Gawains mühevolles Atmen hörte auf, und er
entspannte sich mit einem merkwürdig zufriedenen Gesichtsausdruck. Seine Mühsal war
vorüber.
Orlene sank ohnmächtig zu Boden.
Thanatos blickte Norton wieder an. »Ich bedauere es«, wiederholte er. »Und doch ist es
notwendig.« Er faltete die Seele zusammen und steckte sie in einen schwarzen Beutel. Dann ging er
hinaus.
Norton fühlte sich wie betäubt. Er schritt zu Orlene, hob sie auf und trag sie zur Couch. Sie
fühlte sich schrecklich leicht an; sie hatte mehr Gewicht verloren, als er geglaubt hatte. Diese
Qual zerbrach sie!
Dann telefonierte er. Er meldete den Tod und bat um Abholung der Leiche.
Er schritt zu Orlene hinüber. Nun kam, wie er wußte, der schwierigste Teil. Was sollte er tun,
wenn sie erwachte?
Sie erwachte, und er sagte ihr, daß das Baby fort war.
Es war nicht die Zeit für Beschönigungen.
»Ich weiß, Norton«, sagte sie. »Entschuldige mich bitte. Ich muß mich um einige Dinge kümmern.«
Sie ging ins Schlafzimmer.
War das alles? Er konnte es sich kaum vorstellen!
Sie blieb einige Tage so und ging ruhig ihren Geschäften nach. Norton wußte nicht, was er davon
halten sollte. Erst war sie so verzweifelt gewesen, und nun, da das Schlimmste passiert war, war
sie so gefaßt.
Ob Thanatos sie falsch eingeschätzt hatte? Vielleicht würden sie beide doch irgendwann wieder
zusammen glücklich sein und ein weiteres Kind zeugen, einen gesunden Erben für den Besitz. Nach
und nach wuchs Nortons Hoffnung.
Dann, zehn Tage nach dem Tod des Kindes, nachdem Orlene all ihre Angelegenheiten geordnet hatte,
einschließlich sorgfältiger Anweisungen hinsichtlich der Beseitigung ihrer wenigen persönlichen
Habseligkeiten und ihres Körpers, damit es keine peinlichen Situationen gab, nahm sie Gift.
Norton fand sie, zusammengesunken am Flügel, und er wußte sofort, daß es zu spät war und daß sie
ihre letzte Note gespielt hatte. Sie hatte noch nicht einmal Lebewohl gesagt und darin war sie
besonders feinfühlig gewesen, denn sie hatte gewußt, daß er es niemals zugelassen
hätte.
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4. Chronos
    Orlene hatte ihn nicht wirklich geliebt, das wußte Norton nun. Es war ihr nicht gestattet
gewesen, deshalb hatte sie alles auf das Kind übertragen. Sie hatte Gaw-Zwo geliebt - und sonst
nichts. Norton war lediglich ein Mittel zur Erfüllung ihres Vertrags und ein guter Weggefährte
gewesen. Vielleicht hatte sie geglaubt, daß sie ihn liebte, aber nun zeigte sich die Wahrheit.
Hätte sie ihn geliebt, sie hätte ihn nicht so zurückgelassen.
Norton war bei dem Ganzen eine eher zufällige Figur gewesen, so, wie Gawain das Gespenst es
geplant hatte - und nun liebte er eine tote Frau. Was blieb ihm noch zu tun?
Er löschte sein Feuer und zog sich in die Hütte zurück, die er aus Ästen und Laub gefertigt
hatte. Er lag da und blickte hinaus in die Abenddämmerung. Nun lebte er wieder, wie er es vorzog,
alleine wandernd und alleine lagernd, doch ihm fehlte die Freude, die es ihm zuvor beschert
hatte. Drängende finanzielle Sorgen hatte er nicht, dank der Fürbitte Orlenes. Sie war in der Tat
sehr sorgfältig vorgegangen und hatte sich um alles gekümmert, bevor sie starb. In ihrer
Mitteilung hatte sie Nortons Dienstleistungen gewürdigt und darauf hingewiesen, daß der Verlust
des Erben nicht seine Schuld gewesen war, und sie hatte darum gebeten, daß ihm auf Lebenszeit vom
Besitz befristeter Kredit eingeräumt wurde. Gawain das Gespenst hatte gegengezeichnet, und man
hatte ihm den Kredit gewährt. Obwohl Norton ihn nur spärlich ausnutzte, empfand er ihn doch als
hilfreich. Er war nützlich, um damit seine Vorräte für die Wanderschaften aufzufüllen, und wenn
er etwas von dem Konto abhob, dachte er immer an sie. Wie hätte er ihr kleines Geschenk abweisen
können, ihren greifbaren Pfand der Zuneigung? Vor ihm erschien eine Gestalt. »Endlich habe ich
Sie gefunden!« sagte Gawain. »Ich wußte, daß ich Erfolg haben würde, wenn ich die Parks nur

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