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Inkarnationen 05 - Sing ein Lied fuer Satan - V3

Titel: Inkarnationen 05 - Sing ein Lied fuer Satan - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Zigeunermädchen trat aus dem Kreis, nahm einen Soldaten bei der Hand und führte ihn in die
Mitte zum Tanz. Die Magie des Llano machte ihn willenlos. Er tanzte mit dem Mädchen. Andere
Zigeunerinnen folgten dem Beispiel ihrer Stammesschwester, und nicht lange darauf tanzten alle
Soldaten.
Als der Morgen kam, sahen die Soldaten einander verwundert an. Jeden von ihnen hatte ein hübsche
Zigeunerin im Arm, und keiner von ihnen wünschte mehr, auf diese Menschen zu schießen.
Doch dann bekamen sie es mit der Angst zu tun.
Wenn sie unverrichteter Dinge zu ihrer Kaserne zurückkehrten, würde ihr General sie exekutieren
lassen. Daher beschlossen sie, bei den Zigeunern zu bleiben und ihre Liebsten zu heiraten. So
wurde der Stamm durch die Macht des Llano gerettet.
Doch mehr wußte der alte Häuptling weder über den Llano noch über das Ursprungsland der Zigeuner
zu sagen. »Vielleicht können die Gitanos in Deutschland Ihnen weiterhelfen«, riet er Orb.
In Deutschland steckten die Zigeuner in Schwierigkeiten. Das Stammesoberhaupt war kürzlich an der
Schwindsucht gestorben. Die örtlichen Behörden hatten den Mann in ein Armengrab gelegt und den
Stamm aus der Stadt gejagt. Orb traf seine Frauen in einem erbärmlichen Zustand an: Ihre Kleider
waren zerlumpt, und sie selbst stanken vor Dreck. »Ich hole Ihnen Wasser«, bot Orb gleich an.
Doch die drei Frauen schüttelten den Kopf. »Wir dürfen uns weder waschen noch Wasser berühren,
solange sein Körper nicht nach unserer Art beerdigt wurde.«
So erfuhr Orb zum ersten Mal etwas vom Totenkult der Zigeuner. Während ihrer Aufenthalte in
Spanien und Frankreich war kein Gitano gestorben, so daß Orb die Beerdigungsriten dieses Volkes
nicht kennengelernt hatte.
Wenn ein Zigeuner starb, wurde er mit allen seinen persönlichen Besitztümern verbrannt.
Danach waren seine Frauen von ihren Verpflichtungen ihm gegenüber befreit und unterzogen sich
einer rituellen Waschung. Doch hier in der deutschen Stadt hatten die Behörden den Leichnam in
einen Sarg gelegt und beerdigt.
Nun mußten die Frauen solange trauern, bis man ihn verbrannt hatte.
»Wir können noch nicht einmal Nahrung bringen«, klagte eine von ihnen. Es war bei den Zigeunern
Sitte, Nahrungsmittel auf das Grab zu legen, damit die Seele des Verstorbenen nicht hungrig auf
die Reise ging.
Orb blieb die ganze Nacht im Zelt der Frauen, auch wenn es hier unerträglich stank. Als sie
endlich in den Schlaf fiel, wurde sie gleich wieder von einem Geräusch von draußen geweckt.
Ein verdreckter und zerlumpter Mann mit einem langen Bart stand vor dem Zelteingang.
»Treulose Weiber!« rief er. »Warum habt Ihr mir nichts zu essen gebracht? Wollt Ihr mich hungrig
auf die Reise schicken?«
Die Frauen fielen erschrocken vor dem Geist des toten Oberhauptes auf den Bauch und heulten und
jammerten. Der Geist war so wütend, daß er Anstalten machte, seine Frauen zu schlagen. Nun trat
Orb vors Zelt. »Sie trifft keine Schuld!« rief sie auf Calo. »Die Behörden der Stadt verwehren
ihnen den Zutritt zum Grab!«
Der Geist schien sie erst jetzt zu bemerken. »Wer sind denn Sie?«
»Eine Frau, die das Llano sucht«, antwortete Orb, nachdem sie allen Mut zusammengenommen
hatte.
»Weibernarretei!« schimpfte der Geist. »Niemand aus meinem Volk weiß, wo das Llano zu finden ist.
Selbst mir, der ich nun ein Geist bin, bleibt dieses Wissen verschlossen. Wie wollen dann Sie,
die Sie eine Andere sind, das Llano finden?« Er kehrte Orb den Rücken zu und näherte sich seinen
Frauen mit erhobener Hand.
Orb sang, da ihr auf die Schnelle nichts Besseres einfiel, ein Zigeunerlied und legte all ihre
Magie hinein.
Der Häuptling hielt inne und ließ die Hand sinken.
Er regte sich nicht mehr, bis Orb ihr Lied beendet hatte.
»Da war einmal ein Mann wie ich«, sagte der Geist dann. »Seine Familie konnte weder ihn noch sein
Pferd verbrennen, weil es unentwegt regnete und alles Feuer gelöscht wurde. In ihrer höchsten Not
trat ein Mann vor, der ein Stück vom Llano kannte. Er stimmte es an, und kurz darauf entzündete
sich der Scheiterhaufen von selbst. Mann und Pferd verbrannten, er konnte in Frieden ruhen, und
seine Frauen durften sich waschen.«
Mit dem letzten Wort verschwand der Geist.
Die Frauen erhoben sich wieder. »Sie haben uns gerettet!« riefen sie.
»Doch nur für diese Nacht«, entgegnete Orb besorgt. »Hätte der Geist euch denn wirklich
verletzt?«
»Aber ja! Er war zu Lebzeiten ein strenger und

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