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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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ich nicht, kann also nicht aus Bristol sein«, antwortete Richard. »Am Heck ist bestimmt eine Bronzetafel angebracht, wir müssten sie nachher sehen können. Wir kommen nämlich auf die Alexander .«
    Das andere Schiff hieß Lady Penrhyn .
    »Aus Liverpool und speziell für den Sklaventransport gebaut«, erklärte Aaron Davis, einer der Neuankömmlinge aus Bristol. »Sieht nagelneu aus. Schöne Jungfernfahrt! Lord Penrhyn muss das Wasser bis zum Hals stehen.«
    »Ich sehe niemand an Bord gehen«, meinte Bill Whiting.
    »Keine Sorge, die wird schon noch voll«, sagte Richard.
     
    Sie mussten mit ihren Habseligkeiten eine vier Meter hohe Strickleiter erklimmen, die mittschiffs zu einer Pforte im Schanzkleid führte. Die Gruppe vor ihnen brauchte keine Kisten zu schleppen, doch selbst als ihre Ketten sich in den Sprossen verhedderten, steckte niemand den Kopf durch die Öffnung über ihnen, um zu helfen.
    Zum Glück lief die Kette, die sie miteinander verband, frei durch die Ringe. So konnten sie den Abstand zum Vorder- und Hintermann nach Bedarf vergrößern oder verkleinern. »Rückt zusammen und gebt mir die gesamte Kette«, sagte Richard, als sie an die Reihe kamen. Er warf seine beiden Säcke hinauf, klemmte seine Kiste zwischen die Handfesseln und erklomm rasch die wenigen Meter, ehe einer von denen, die bereits oben waren, auf die Idee kam, ihm einen Sack zu klauen. An Deck angekommen, sammelte er seine Sachen ein und nahm die Kisten entgegen, die ihm die Gefährten heraufreichten.
    Die beiden Langboote und die Jolle der Alexander waren ins Wasser abgefiert worden, um Platz zu schaffen. Richard führte seine drei Gruppen auf die Seite. An Deck herrschte ein heilloses Durcheinander. Gruppen von rotberockten Seesoldaten standen mit finsteren Mienen herum, zwei Offiziere mit Schärpen und zwei Unteroffiziere
bewachten eine auf der Achterdeckreling montierte Drehbasse, und zahlreiche Matrosen hingen in den Wanten und hockten auf Aufbauten wie Schaulustige bei einem Boxkampf auf freiem Feld.
    »Und was jetzt?« Leider war niemand da, den man fragen konnte. Richard sah zu, wie das Durcheinander immer größer wurde. Lange bevor alle elf Sträflingsgruppen an Bord waren, ähnelte das Deck einer Menagerie - ein Eindruck, der durch dutzende von Ziegen, Schafen, Schweinen, Gänsen und Enten noch verstärkt wurde, die, von einem Dutzend hechelnder Hunde verfolgt, überall herumrannten. Richard fühlte sich beobachtet. Als er den Kopf hob, erblickte er eine große orangefarbene Katze, einen Kater, der bequem auf einer Spiere lag und mit einem Ausdruck spöttischer Langeweile zu ihm heruntersah. Von ihren Wärtern war keiner zu sehen. Sie waren für die Sträflinge nicht mehr verantwortlich und deshalb auf der Ceres geblieben.
    »Soldaten«, flüsterte Billy Earl aus dem ländlichen Wiltshire.
    »Seesoldaten«, verbesserte Neddy Perrott. »Ihre Uniformaufschläge sind weiß. Beim Heer haben sie gelbe Aufschläge.«
    Ein Offizier der Marineinfanterie stieg zackig vom Achterdeck herab und blickte mit boshaften, blassblauen Augen in die Runde. »Ich bin Oberleutnant James Shairp«, bellte er. »55. Kompanie, Portsmouth! Die Gefangenen unterstehen meinem Kommando. Wir haben die Aufgabe, euch zu verpflegen und dafür zu sorgen, dass ihr keinen Ärger macht. Ihr tut, was man euch sagt, und redet nur, wenn ihr gefragt werdet.« Er deutete auf eine gähnende Luke hinter dem Großmast. »Ihr nehmt euren Plunder und steigt gruppenweise da runter. Sergeant Knight und Corporal Flannery werden vorausgehen und euch zeigen, wo ihr untergebracht seid, aber vorher möchte ich noch ein paar Dinge klarstellen. Ihr nehmt die Kojen, die der Sergeant euch zuweist. Plätzetauschen ist nicht erlaubt. Wir lassen jeden Tag durchzählen, mit Namen und Nummer. Jedem Mann steht ein halber Meter zu, nicht mehr und nicht weniger - wir müssen auf engstem Raum 210 Mann unterbringen. Wer Streit mit Mithäftlingen anfängt, bekommt die Peitsche. Wer Verpflegungsrationen stiehlt, bekommt die Peitsche. Wer aufbegehrt,
bekommt die Peitsche. Wer unverschämt wird, bekommt die Peitsche. Corporal Sampson ist der Auspeitscher der Kompanie und stolz auf seine Arbeit. Wer sich hinlegen will, und mehr werdet ihr nicht tun können, sollte sich einen blutigen Rücken ersparen. Und jetzt Abmarsch.« Shairp machte auf dem Absatz kehrt und stapfte zu der Drehbasse auf dem Achterdeck zurück.
    Schotten unter den Sträflingen waren selten. Shairp dagegen war, seinem Akzent

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