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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Hände mit spitz zulaufenden Fingern.
    Major Ross hielt um acht seinen Gottesdienst ab, und wie King duldete er kein unentschuldigtes Fehlen. Richard musste hingehen, aber Kitty würde niemand vermissen, da sie ja noch nicht im Inselregister eingetragen war. Hätte er sie unvorbereitet mit Lizzie Lock konfrontieren sollen? Keinesfalls! Also ging er zu seinem Bad am Bach, zog seine einzigen, sorgsam geschonten Breeches und Strümpfe an, dazu Rock, Überzieher, Dreispitz und eins seiner beiden verbliebenen Paar Schuhe. Er überlegte hin und her, ob er Kitty eine Nachricht hinterlassen sollte, dann sagte er sich, dass sie wahrscheinlich ohnehin nicht lesen konnte, und so ging er schließlich in der Hoffnung, dass sie nicht vor seiner Rückkehr aufwachte.
    »Wie geht’s Kitty?«, fragte ihn Stephen anderthalb Stunden später auf dem Nachhauseweg.
    »Schläft.«
    »Johnny bringt dir heute Nachmittag ein zweites Bett. Ich fürchte allerdings, dass du Matratze und Kissen mit Stroh ausstopfen musst.«

    »Das ist sehr nett von dir.« Richard pfiff MacTavish, der sich vor dem fremden Gast im Haus ins Freie zurückgezogen hatte.
    »Ich will versuchen, noch ein paar Lebensmittel zu besorgen, aber vor morgen Mittag wird nichts zu machen sein.«
    »Das reicht vollkommen. Jetzt muss ich weiter.«
    Stephen klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Richard, du bist eine richtige Glucke.«
    »Ich habe ein Küken«, grinste Richard. »Komm, MacTavish.«
     
    Inzwischen hatte sich bei dem Hund offenbar ein Sinneswandel vollzogen. Mit einem Satz war er durch die Tür, hüpfte auf Richards Bett und leckte Kittys Arm, der quer über dem Kissen lag. Kitty fuhr erschrocken hoch, erblickte die haarige Hundeschnauze und lächelte.
    »Das ist MacTavish«, sagte Richard und nahm den Hut ab. »Hast du gut geschlafen, Kitty?«
    »Sehr gut.« Sie setzte sich auf. »Ist es schon so spät? Sie waren schon aus.«
    »Im Gottesdienst. Steh auf, dann zeige ich dir mein Bad. Du kannst barfuß gehen, der Boden ist ziemlich weich. Morgen bekommst du wahrscheinlich Schuhe.«
    Kitty ging auf den Abtritt, dann folgte sie Richard zu dem kleinen Teich im Wald, an dessen Ufer er Handtuch und Seife bereitgelegt hatte.
    »Das Wasser ist kalt, tut aber gut, wenn du erst mal drin bist. Wie ein römisches Bad, tief genug, um unterzutauchen, aber nicht so tief, dass man ertrinken kann. Hinterher gibt es Frühstück. Später wird Mrs Lucas vorbeischauen und fragen, was du brauchst. Aber du wirst wohl mit Sträflingskleidern und derben Schuhen ohne Absätze und Schnallen vorlieb nehmen müssen. Hattest du in deinem Bündel etwas Hübsches zum Anziehen?«
    »Nur Sträflingssachen.« Kitty zögerte. »Ich habe doch erst gestern Abend gebadet. Muss ich heute Morgen schon wieder?«
    Es wurde Zeit, dass er gewisse Dinge klarstellte. Er setzte eine strenge Miene auf. »Wir sind hier nicht in England. Das Klima ist anders. Du musst im Garten arbeiten und ein Schwein versorgen,
Futter suchen oder Maiskolben aus dem Speicher holen. Du wirst ebenso schwitzen wie ich. Deshalb wirst du jeden Abend nach der Arbeit baden. Heute darfst du zweimal baden - einmal genügt nicht, um den Dreck von der Surprize abzuwaschen. Wenn du bei mir wohnen willst, musst du ebenso sauber sein wie ich und mein Haus. Darauf bestehe ich.«
    Kitty erbleichte. »Aber hier im Freien kann mich ja jeder sehen.«
    »Dieses Land gehört mir, und niemand wagt sich auf mein Land. Gegen einen Mann wie mich nimmt man sich keine Freiheiten heraus.«
    Damit ließ er sie allein. Es tat ihm Leid, dass er so streng mit ihr sein musste, aber er war fest entschlossen, ihr einige Grundregeln beizubringen.
     
    Kitty befand sich nun am anderen Ende der Welt, doch sie hatte keine Ahnung, wohin genau es sie verschlagen hatte. Nach ihrer Ankunft in Port Jackson war die träge Lady Juliana von Langbooten in Schlepp genommen und weit draußen vor der Küste vertäut werden. Ein eigenartiger, beklemmender Ort! Kaum hatte sie sich an Deck gewagt, kamen nackte Schwarze in einem Rindenkanu längsseits gepaddelt, schwatzten laut durcheinander, fuchtelten mit den Armen und schwangen Speere, sodass sie vor Schreck gleich wieder unter Deck flüchtete und kaum noch die Nase ins Freie steckte.
    Und auch Norfolk Island begann wie ein Albtraum. Ein Albtraum, der nur enden würde, wenn sie es sich mit Richard Morgan und Stephen Donovan nicht verdarb. Die beiden erinnerten sie ein wenig an Mr Nicol, den Steward von der Lady Juliana ,

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