Insel der Versuchung
musste. Doch das allein erklärte nicht, warum er sich so heftig zu ihr hingezogen fühlte. Sein Verlangen nach Caro Evers hatte seit der bewussten Nacht nicht nachgelassen, sondern war stärker geworden.
Vielleicht war es Wahnsinn. Er hatte sie nur ein paar kurze Tage gekannt, und das lag mehr als ein Jahr zurück, aber der Wunsch, sie für sich zu fordern, war fast überwältigend. Jetzt, da er sie gefunden hatte, würde er sie nicht einfach gehen lassen.
Allerdings hatte er nicht vor, seine Karten offen auf den Tisch zu legen.
„Du hast erwähnt, dass du morgen eine lange Reise antrittst. Dabei bist du doch gerade erst angekommen.“
Sie wirkte erleichtert über den Themenwechsel. „Der Zweck meiner Reise ist erfüllt.“
„Und der lautet?“
Ihr Zögern war auffällig. „Genau genommen bin ich hier, um Thorne zu holen. Eine liebe Freundin von mir ist in Schwierigkeiten.“
„Und er kann helfen?“
„Das hoffe ich.“
„Soweit ich weiß, arbeitet Thorne für das Außenministerium.“
Überrascht schaute Caro Max an. „Woher wissen Sie das?“
„Er hat es mir erzählt.“
Sie runzelte die Stirn und überlegte, warum Thorne ihm das gesagt hatte. Es war die Geschichte, die alle Wächter benutzten, um ihre geheimen Aktivitäten zu erklären. Sogar Lady Hennessy glaubte, ihr Neffe sei einer von Sir Gawain Olwens Hauptrepräsentanten in London.
Das war eigentlich gar nicht gelogen, denn theoretisch waren die Wächter des Schwertes dem britischen Außenministerium unterstellt.
In der Öffentlichkeit nahm man an, Sir Gawain sei der Kopf einer besonderen Abteilung im Außenministerium. Nur wenige Leute ahnten, wie viele Agenten er unter sich hatte. Und noch weniger wussten um das Geheimnis, wie der Bund gegründet worden war oder wie weit und wie eng die Wächter mit der britischen und europäischen Gesellschaft verwoben waren.
Diese Geheimhaltung hatte ihren Grund, denn sie verhalf ihnen oft zu einem entscheidenden Vorteil bei ihren Missionen.
Bevor Caro antworten konnte, wurde an der Tür geklopft.
„Das wird Thorne sein“, erklärte sie und ging, um ihn einzulassen.
Er trat ein, ein ledernes Päckchen in der Hand, in dem sich, wie sie wusste, Nachrichten für Sir Gawain befanden. Er reichte es ihr, doch ehe er etwas sagen konnte, wies sie ihn auf ihren Besucher hin.
Abrupt blieb Thorne stehen, als er Max sah, und zog erstaunt eine Augenbraue hoch.
„Mr. Leighton wollte gerade gehen“, verkündete Caro.
„So ungern ich einer Dame widerspreche, das stimmt nicht“, korrigierte Max sie freundlich. „Ich würde gern noch erfahren, in welchen Schwierigkeiten Ihre Freundin steckt und warum
du, Thorne, zu Hilfe geholt wirst.“
Thome zögerte eine Weile, blickte unschlüssig von einem zum anderen. „Lady Isabella Wilde“, antwortete er schließlich. „Kennst du sie?“
„Ich habe von ihr gehört, obwohl sie letztes Jahr bei meinem Aufenthalt auf Kyrene nicht da war. Eine exzentrische, reiche Witwe.“
„Sie ist eigentlich nicht exzentrisch“, verteidigte Caro ihre Freundin. „Sie liebt es, Entdeckungsreisen zu unternehmen, und ist weniger an Konventionen gebunden als die meisten Frauen. Ihr Vater war der Graf von Aranda, einer von Spaniens besten Ministern.“
„Bellas Abenteuer haben schon häufiger dazu geführt, dass sie in eine Klemme geraten ist“, fügte Thorne hinzu. „Aber dieses Mal ist es ernster als sonst. Ihr Schiff wurde wahrscheinlich vor der Barbarenküste gekapert...“
Er fuhr fort, Max zu berichten, was Caro ihm erzählt hatte, ihren Verdacht eingeschlossen, dass Isabella in die Sklaverei verkauft worden war.
Thomes Auskunftsfreudigkeit überraschte Caro. Sie selbst hätte Max niemals irgendwelche Einzelheiten verraten.
Und ebenso konnte sie nicht verstehen, warum Max immer noch in ihrem Schlafzimmer war. Jeder Gentleman hätte ihrer Bitte entsprochen und sich höflich zurückgezogen. Aber Max Leighton war offensichtlich kein typischer Gentleman. Er war es gewohnt, Befehle zu erteilen, denen gehorcht wurde. Und anders als bei ihr war sein Einfluss groß genug, dass er es sich aussuchen konnte, ob er die Regeln der guten Gesellschaft befolgte oder nicht.
„Also hast du vor, nach Lady Isabella zu suchen?“ fragte Max Thorne, der seinen Bericht beendet hatte.
„Ja. Ich reise morgen in der Frühe nach Algier ab. In der Zwischenzeit sind mehrere alte Freunde von Isabella nach Kyrene gerufen worden, für den Fall, dass wir einen Plan zu ihrer Befreiung
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