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Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)

Titel: Insel hinter dem Regenbogen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilie Richards
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abergläubisch zu sein. Trotzdem erzählte sie ihm kurz, was passiert war und welche Rolle sie bei den Geschehnissen des Tages gespielt hatte.
    Schließlich beendete sie ihren Vortrag. „Es war sehr traurig. Er ist allein gestorben. Niemand war bei ihm, und niemand hat ihm geholfen. Niemand wusste überhaupt, dass er gestorben war, bis wir gekommen sind. Fremde kümmern sich um seinen Leichnam. Läuft es in diesem Land so?“
    „Nein, normalerweise ist es so, dass die Menschen im Krankenhaus sterben, wo sie von Maschinen umgeben sind und von Schwestern gepflegt werden, die sie nicht kennen.“
    Sie erschauderte.
    „Es tut mir leid, das klingt jetzt schlimmer, als es ist“, sagte Rishi. „Oft ist auch die Familie dabei, wenn jemand stirbt. Und die Ärzte und Schwestern geben sich Mühe, damit die Menschen in Würde gehen können.“
    Sie fühlte sich nicht besser. Wenn sie einmal sterben würde, wünschte sie sich die Menschen an ihrer Seite, die sie liebten. Sie wollte nicht allein und ungeliebt in einem Krankenhausbett sterben. Und sie wollte ganz sicher nicht so enden wie Herb Krause, der darauf hatte warten müssen, von den Menschen entdeckt zu werden, die ihn zu Lebzeiten nicht beachtet hatten.
    „Das Thema hat dich aufgewühlt“, sagte Rishi.
    Wie viele Menschen in seinem Fach war er nicht besonders gut darin, Gefühle zu verstehen, aber heute Abend gab er sich Mühe, ihr entgegenzukommen. Sie war dankbar und doch auch traurig, dass es ihn solche Anstrengungen kostete.
    Darshan, der Mann, den sie beinahe geheiratet hätte, hätte sofort verstanden, wie sie sich fühlte.
    Sie versuchte, es Rishi zu erklären. „Ich wünschte, ich hätte mehr für ihn getan, als er noch gelebt hat. Er schien ein netter Mann zu sein …“ Sie biss sich auf die Unterlippe, beschloss jedoch weiterzusprechen. „Und einsam, Rishi. Wir hätten uns mehr für sein Leben interessieren können.“
    Rishi wirkte verwirrt. „Wie kommst du darauf, dass er das gewollt hätte?“
    „Weil er ein Mensch war, der niemanden hatte, der sich Sorgen um ihn machte.“
    „Was ist mit seiner Familie?“
    „Ich weiß nicht, ob er eine Familie hat.“
    „Das wusste ich nicht.“
    „Aber das ist doch der springende Punkt, oder? Dass wir es nicht wussten. Dass wir keinen Versuch unternommen haben, es herauszufinden.“
    „Du bist nur aufgewühlt, weil du ihn gefunden hast. Das würde niemanden kaltlassen. Aber du warst nicht für sein Glück verantwortlich.“
    „Wer war es denn dann?“ Sie sah ihn an und platzte heraus: „Ich habe mich entschlossen, mich um seine Pflanzen zu kümmern.“ In dem Moment, als sie die Worte ausgesprochen hatte, wünschte sie sich, sie hätte sie nicht gesagt. Rishi würde sie nicht verstehen. Und sie wollte ihm nicht alles erklären müssen.
    „Er hatte Pflanzen?“
    Verärgert, weil er so wenig um sich herum wahrzunehmen schien, klang ihre Erwiderung schroffer, als sie es wollte. „Wie kannst du das übersehen haben? Die Pflanzen stehen überall in seinem Garten. In vielen, vielen Übertöpfen.“
    Einen Augenblick lang schwieg er. Sie wartete darauf, dass er ihr sagte, dass es nicht ihre Aufgabe sei, dass es dem toten Mann egal sei, ob sich jemand um seine Pflanzen kümmerte, und dass es keinen Grund für sie gebe, diesen Fremden um Vergebung zu bitten.
    Er schwieg noch immer, als sie das Essen auf den Tisch stellte und er sich auf den Stuhl in der Ecke setzte. Er schwieg, bis er seinen Teller halb leer gegessen hatte – auch wenn seine Miene sich nach einigen Bissen verändert hatte und er aussah, als würde er sehr intensiv über irgendetwas nachdenken.
    Schließlich räusperte er sich. „Ich glaube, dass es eine gute Entscheidung ist. Ich meine, dass du dich um die Pflanzen kümmerst, bis die Familie sie übernimmt. Du kannst dem alten Mann nicht mehr helfen, aber vielleicht kannst du den Menschen helfen, die ihn geliebt haben.“
    Sie war so überrascht, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Sie hatte mit einem Streit gerechnet, sich innerlich darauf vorbereitet. „Dann ist es abgemacht“, murmelte sie.
    „Vielleicht macht es dich glücklich, wenn du dich um seine Pflanzen kümmern kannst. Und der Tanzkurs?“
    Der Mann, der ihr gegenübersaß, wollte, dass sie glücklich war. Wieder konnte sie sich glücklich schätzen. Doch wenn das Glück eine Frau anlächelte und sie es nicht tief in ihrem Innern spürte, war es dann von Bedeutung? Janya gelang es trotzdem zu lächeln. Rishi hatte

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