Insel hinter dem Regenbogen (German Edition)
aufzurollen und nach draußen zu schleppen – Spaß gemacht hatte. Während sie nun Schimmel, Spinnweben und Dreck wegwischte, stellte sie sich vor, sie würde die vergangenen zwei Jahre wegwischen und zu etwas Sauberem, Purem zurückkehren. Zum ersten Mal, seit C J sich mit ihr hingesetzt hatte, um ihr zu sagen, dass ihr bisheriges Leben unwiederbringlich vorbei sei, hatte sie sich gefreut, am Morgen aufzustehen und zu sehen, was sie erreichen konnte.
Jetzt erwartete sie allerdings eine Aufgabe, auf die sie sich überhaupt nicht freute. Noch eine Sache musste an den Straßenrand geschleppt werden, um von der Müllabfuhr mitgenommen zu werden. Sie wollte Herbs Matratze nicht in seinem Haus lassen. Wenn sie wartete, würde die Matratze bis zur nächsten Müllabfuhr dableiben und wäre ein Erinnerungsstück, das sie nicht unbedingt jedes Mal sehen wollte, wenn sie das Haus betrat.
Sie suchte nach etwas Essbarem – was nicht schwierig war, da sie nie viel auf einmal aß. Also verspeiste sie einige Erdbeeren, drei ganze Weizencracker mit Ziegenkäse und ein halbes Dutzend geröstete Mandeln. Sie war bereit.
Als sie schon fast aus der Tür war, klingelte das Telefon. Das war so ungewöhnlich, dass sie einfach rangehen musste. Sie erkannte die Stimme am anderen Ende sofort.
„Sherrie.“ Tracy sah sich nach einem Platz um. Sie warf einige Heimwerkermagazine auf den Boden und ließ sich in den Polstersessel fallen. „Schön, dass du auch mal anrufst.“ Die leichte Schärfe in ihrer Stimme überraschte sie selbst.
„Tut mir leid, Trace. Wir waren in Colorado. Wade musste zu einer Tagung, und ich bin mitgefahren. Als ich zurückkam, wütete hier die reinste Epidemie – Halsentzündung.“
Sherrie Falmouth hatte sich auf dem Cal State Long Beach mit Tracy ein Zimmer geteilt. Ihr Ehemann war ein erfolgreicher plastischer Chirurg in Scottsdale, Arizona. Er war oft unterwegs, um Vorträge zu halten oder seine Fähigkeiten für ausgewählte Wohltätigkeitsorganisationen einzusetzen. Obwohl die beiden Frauen am „Beach“ unzertrennlich gewesen waren, war ihre Freundschaft nach dem Abschluss etwas eingeschlafen. Vor allem die Entfernung und die unterschiedlichen Lebenswandel waren schuld daran gewesen. Sherrie hatte nach dem College direkt geheiratet und beinahe umgehend eine Familie gegründet. Sie und Wade hatten zwei ganz reizende kleine Töchter. Wenn sie und Tracy telefonierten, ging es für Sherrie häufig um Themen wie die Vorschule, das Trockenwerden der Kleinen oder die Kraft, die es kostete, die Kinder zu versorgen und am Ende doch noch Zeit und Aufmerksamkeit für Wade übrig zu haben. Tracys Vorschlag, eine Vollzeit-Nanny anzustellen, damit Sherrie endlich wieder Spaß haben konnte, war bisher auf taube Ohren gestoßen.
Aber auch wenn sie sich ein wenig voneinander entfernt hatten, war Sherrie doch die Freundin gewesen, die ihr zur Seite gestanden hatte, als C Js Taten öffentlich geworden waren. Sherrie hatte ihr geholfen, die Habseligkeiten zu packen, die übrig gewesen waren, nachdem die Polizei mit ihrer Beute abgezogen war. Sherrie hatte sich darum gekümmert, einen Wagen zu organisieren, der alles in einen gemieteten Lagerraum gebracht hatte. Und jetzt war es wenig überraschend, dass Sherrie am Telefon war – an dem Telefon, das seit Tracys Ankunft in Florida beharrlich geschwiegen hatte.
„Geht es den Mädchen gut?“, fragte Tracy.
„Denen geht es prächtig. Aber ich bin ein Wrack. Wie geht es dir?“
Das war eine Frage, die Tracy in der Vergangenheit immer ganz leicht hatte beantworten können. Jetzt war diese Frage die reinste Herausforderung. Es gab einiges dazu zu sagen, und ein paar Dinge waren nicht besonders angenehm. Doch sie hatte nie dazu geneigt zu jammern.
Sie konzentrierte sich auf die Fakten. „Ich habe hart gearbeitet, um das Haus auf Vordermann zu bringen, damit ich hier wohnen kann, bis ich das Grundstück verkauft habe.“
„Du hast das alles allein gemacht?“
„Ja. Oh, und ich habe einige Rückschläge einstecken müssen. Also, eigentlich hatte ich nur einen Rückschlag: Ich muss an einem der Häuser Reparaturen machen lassen, oder die Mieter zahlen nicht. Aber der alte Mann im Nachbarhaus hatte einen richtigen Rückschlag. Er ist gestorben. Einfach so. Und ich habe ihn gefunden.“
„Wow, so ein Mist!“
„Das kann man wohl sagen. Das war echt schlecht für ihn. Die Tatsache, dass er keine Miete mehr zahlen kann, ist schlecht für mich. Aber wenigstens bin ich
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