Insel meines Herzens
alle wissen, ist er...«
Achselzuckend wandte sie sich zu Joanna, die prompt ergänzte: »Ein Mann. Sogar ein sehr männlicher Mann. Und ihr zwei – nun, das ist offensichtlich genug...«
»Also – ihr beide fühlt euch zueinander hingezogen«, ergriff wieder Kassandra das Wort. »Daran gibt es nichts auszusetzen, überhaupt nichts. Aber sei versichert, Joanna und ich haben festgestellt, wie – schrecklich solche Männer uns Frauen beunruhigen können. Atreus, Royce und Alex gehören nicht zu der gewöhnlichen Sorte des stärkeren Geschlechts. Weit gefehlt! Alle drei drohen unsereins zu überwältigen. Das haben sie gemein. Und wir...« Erneut schaute sie Joanna an, die ihr zunickte. »Wir verstehen das. Auch du wirst es einsehen, Brianna. Wenn du nur willst.«
In Briannas akoranischer Familie gab es Brüder, und einem stand sie besonders nahe. Bedauerlicherweise war sie ohne Schwestern aufgewachsen, mit denen sie über solche Dinge hätte reden können. Aber ihre akoranische Mutter, eine warmherzige, liebevolle Frau, lachte gern und viel, und sie pflegte ihre Gedanken freimütig auszusprechen.
»Er hat mich geküsst«, platzte sie heraus und verbesserte sich sofort. »Nein, das stimmt nicht ganz. Zwei Mal küsste er mich – und das nächste Mal küsste ich ihn.«
»Was, du hast ihn geküsst?« Interessiert beugte sich Kassandra vor. »Sehr gut. Und wie hat er reagiert?«
»Er schob mich weg.«
»Wundervoll!«, kicherte Joanna. »Wenn ich Atreus auch vergöttere – er kam mir immer so beherrscht vor. Höchste Zeit, dass ihn jemand aus der Reserve lockt!«
»Das tue ich doch gar nicht«, protestierte Brianna erstaunt. Warum zog ihre Freundin völlig falsche Schlüsse? »Bestenfalls amüsiert er sich.«
»Nicht Atreus!«, widersprach seine Schwester energisch. »Er weiß, wie er sich entspannen muss, wenn er seine Arbeit erledigt und die Pflichten des Tages erfüllt hat. Aber eine kleine Affäre, inmitten heikler Verhandlungen mit den Briten? Daran zweifle ich.«
»Ich auch.« Belustigt ergriff Joanna ein Band, das vergessen zwischen Briannas Fingern baumelte, und schlang es der Freundin geschickt ins Haar. »So, jetzt siehst du bezaubernd aus.«
»Genau richtig für Holyhood«, fügte Kassandra hinzu, und Joanna nickte.
»Und für alles andere.«
Obwohl Brianna den Trost ihrer Freundinnen zu würdigen wusste, schwieg sie und versuchte zu bewältigen, was ihr durch den Sinn ging. Ich und Atreus... Atreus und ich... Allein schon diese Vorstellung schockierte sie. Absurd – unmöglich – einfach falsch. Diesen Gedanken musste sie verbannen.
Und das würde sie auch tun – sofort, wenn ihr klarer Verstand zurückkehrte.
Während sie wartete, bis das geschehen würde – allzu lange dürfte es nicht dauern –, stieg sie die Wendeltreppe des Turms hinab, durchquerte die Halle und trat in den kalten Wintertag hinaus, wo ihre Vergangenheit wartete.
»Oh, meine Liebe!« Die Arme weit ausgebreitet, eilte Lady Constance ihren Gästen entgegen. Den anderen, die aus der Kutsche stiegen, schenkte sie nur ein flüchtiges Lächeln. Dann richtete sie ihre ungeteilte Aufmerksamkeit auf Brianna. »William hat mir erzählt, wie sehr du deiner Mutter gleichst, Aber er hat geradezu untertrieben – du bist Delphines Ebenbild.«
»Wirklich?«, brachte Brianna etwas mühsam hervor, halb erstickt von Lady Constances Umarmung.
Die gute Frau trat ein wenig zurück, musterte sie etwas genauer und nickte emphatisch. »Vielleicht hast du die Augenbrauen deines Vaters geerbt. Ansonsten bist du Delphine wie aus dem Gesicht geschnitten. So ein schönes Mädchen, stets ein Lächeln auf den Lippen, und eine süße Stimme, die alle Vögel beschämte! Sicher singst du auch, nehme ich an?«
»Nur wenn ich die Menschen in meiner Nähe bestrafen möchte«, erwiderte Brianna wehmütig. Nachdem sie den ersten Moment ihrer aufregenden Begegnung mit Lady Constance überstanden hatte, betrachtete sie die Gastgeberin etwas genauer. Was sie sah, gefiel ihr. Die Countess personifizierte das gerade Gegenteil des sanftmütigen, zurückhaltenden Earl of Hollister. Aufgeschlossen, temperamentvoll und ehrlich, zeigte sie nichts von jener Arroganz, die der Londoner Hautevolee anhaftete, und die feinen Fältchen um ihre Augen und Lippen schienen nicht von griesgrämigen Stimmungen herzurühren, sondern von häufigem Gelächter.
»Sicher bist du viel zu bescheiden«, mahnte Ihre Ladyschaft und hängte sich bei Brianna ein. Als sie das Mädchen
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