Insel meines Herzens
Rolle zu spielen. Er begehrte sie. Nicht die namenlose Frau seiner Vision, nicht die exquisite Statue, die von Samt umhüllt in einer hölzernen Kassette lag. Sondern Brianna, die unter der Liebkosung erbebte, obwohl der Widerstand in ihrem Blick nicht erlosch.
Sobald sie wieder atmen konnte, warnte sie ihn: »Wenn deine Familie mich mit dem Atreiden-Saphir sieht, wird sie die Situation missverstehen.«
»Nein, meine Geschwister werden erkennen, dass ich dich um deine Hand gebeten habe, und dass du meinen Antrag erwägst.«
»Oh Atreus, ich weiß nicht einmal, ob ich darüber nachdenken darf. Da gibt es etwas, das ich dir erzählen muss...«
Das Schicksal hatte sie zu seiner Frau bestimmt. Selbst wenn es anders wäre, würde seine heiße Leidenschaft trotzdem genügen, um sie zu erobern. Welche Zweifel sie auch hegte, was immer sie glaubte, sagen zu müssen, es würde die Dinge nur komplizieren.
»Still!«, mahnte er im altwürdigen, traditionellen Befehlston Akoras, wo die Krieger herrschten und die Frauen dienten – und wo das Verbot, eine Frau zu verletzen, das wichtigste Gesetz im Leben eines jeden Mannes darstellte. Dank dieser Regel lernten alle Akoraner die Kunst betörender Verführung.
Besitzergreifend küsste er Brianna, seine Hände umfassten ihre Hüften, seine Zunge spielte mit ihrer. Ein Instinkt drängte ihn, alle Sanftmut zu vergessen, seinem Verlangen nachzugeben, wenn auch nur für wenige Sekunden. Dafür würde er später mit Gewissensqualen büßen. Doch es würde sich lohnen, denn sie sollte die Freuden ahnen, die sie im Ehebett erwarteten.
Schließlich richtete er sich auf, drückte sie aber immer noch fest an seine Brust. »Fühle es, Brianna. Hör zu denken auf, fühle es einfach nur.«
Heiliger Himmel! Sie war ohnehin unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Die Kraft seines Körpers und seines Willens, seine innige Umarmung, der Geschmack seines Mundes, dies alles überwältigte sie. Inständig sehnte sie sich nach noch intimerer Nähe, jedes Hindernis erschien ihr unerträglich. Plötzlich existierte nichts mehr außer dem glühenden, hungrigen Wunsch, ihn tief in sich aufzunehmen, vollends mit diesem Mann zu verschmelzen, die Essenz des Lebens von ihm zu empfangen.
»Atreus...« Sein Name auf ihren Lippen war ein halbes Gebet, ein halbes Flehen. Als sie ihre Finger in seine Schultern grub, spürte sie, wie das Feuer ihrer Begierde immer heller loderte. Ihr Rücken lehnte an der Wand, vage nahm sie kühle Luft an den Beinen wahr. Und seine Lippen – seine warmen, verlockenden Lippen – zogen sich zurück? Nein, das würde sie nicht dulden, er durfte nicht aufhören...
»Das ist Wahnsinn«, stöhnte er, und es tröstete sie ein wenig, dass sie nicht allein war im Wirbelsturm sinnlicher Gelüste.
Abrupt ließ er sie los, trat zurück und starrte sie an. Mit allen Fingern strich er durch sein schwarzes Haar und rang nach Atem. »Barmherzige Götter, schickt uns einen starken Wind, der uns möglichst schnell nach Akora weht!«
Diesen Worten entnahm sie, wie ungeduldig er der Heirat – und der Hochzeitsnacht – entgegenstrebte. Einerseits war sie ehrlich genug, um sich einzugestehen, dass sie dasselbe wollte. Nur wollte ? Welch ein blasser Ausdruck... Und andererseits kehrten die Bedenken zurück.
»Atreus, ich muss...«
Mischte sich reiner Zufall in diesem Augenblick ein? Oder ein launisches Schicksal? Jedenfalls waren sie nicht mehr allein. Kassandra und Joanna kamen in die Halle. Zum Glück schwatzten sie laut genug, so dass sie ihr Erscheinen rechtzeitig ankündigten. Royce und Alex folgten ihnen auf den Fersen. Offensichtlich befanden sich beide Paare in bester Stimmung und konnten es kaum erwarten, die Festivitäten des Abends zu beginnen.
Brianna kehrte ihnen den Rücken und kämpfte um ihre Selbstbeherrschung. Natürlich durfte sie nicht hoffen, vollends verbergen zu können, was zwischen Atreus und ihr geschehen war. Aber ihrem Stolz zuliebe musste sie wenigstens den äußeren Schein wahren und ihre Fassung wiedergewinnen. Dafür nahm sie sich so viel Zeit, wie sie es wagte, ohne noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen.
Mit einem erzwungenen Lächeln drehte sie sich um und winkte den zwei Ehepaaren zu.
Kaum war sie ihnen entgegengegangen, schnappten Joanna und Kassandra auch schon nach Luft. Alex und Royce reagierten etwas verhaltener. Aber auch sie waren überrascht.
»Oh Brianna!«, rief Kassandra freudestrahlend. »Die Träne des Himmels!«
»Steht sie ihr nicht
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