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Inseln im Netz

Titel: Inseln im Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Fockmast des Schiffes hatte ein Radargerät und Video für den Steuerungscomputer. Aber es gab für Reparaturzwecke und menschliche Unterstützung einen Zugang: ein Krähennest, drei Stockwerke über dem Deck. Laura umfaßte mit beiden Händen entschlossen die kühlen Eisenrungen der Leiter, dann hielt sie frustriert inne. Der verdammte Sari - er würde sich ihr um die Füße wickeln. Sie wandte sich und winkte Yaobang.
    Von oben kam ein Ruf. »He!«
    Ein Mann in einem roten Regenmantel beugte sich über das Geländer des Krähennestes. »Was machen Sie da?«
    »Sind Sie von der Besatzung?« rief Laura hinauf.
    »Nein, und Sie?«
    Sie schüttelte den Kopf, streckte den Arm aus. »Ich dachte, ich hätte da drüben etwas gesehen!«
    »Was haben Sie gesehen?«
    »Ich glaube, es war ein Canadair CL 227!«
    Die Schuhe des Mannes klapperten auf den Rungen, als er eilig herabkletterte. »Was ist Canadare?« wollte Yaobang wissen. Er stieg von einem Fuß auf den anderen, dann bemerkte er, daß der andere ein Zeiss-Fernglas um den Hals gehängt hatte. »Wo haben Sie das her?«
    »Offiziersmesse«, sagte er.
    »Ich kenne Sie, glaube ich. Henderson? Ich bin Desmond Yaobang. Abteilung Warengeschäfte.«
    »Hennessey«, sagte er.
    »Hennessey, ja…«
    »Darf ich mal?« sagte Laura. Ohne eine Antwort abzuwarten, griff sie nach dem Fernglas. Unter dem dünnen Plastikregenmantel war Hennesseys Brust gepolstert und breit. Er trug etwas. Eine kugelsichere Weste?
    Eine Schwimmweste.
    Laura nahm die Sonnenbrille ab, fühlte nach einer Tasche - es gab keine, in einem Sari - und schob sie auf den Kopf zurück. Sie setzte das Fernglas an die Augen und stellte es ein. Sie fand das Ding beinahe sofort. Dort draußen schwebte es unheilvoll im Zwielicht über dem Horizont. Es war ihr so oft in Alpträumen erschienen, daß sie nicht glauben konnte, es wirklich zu sehen.
    Es war die Drohne, die auf ihr Ferienheim gefeuert hatte. Nicht dieselbe, weil diese einen militärisch grünen Anstrich trug, aber das gleiche Modell - Sanduhrform, doppelte Rotoren.
    »Lassen Sie mich sehen!« forderte Yaobang. Er war außer sich vor Erregung. Um ihn zum Schweigen zu bringen, gab Laura ihm das Fernglas.
    »He«, protestierte Hennessey, nicht unfreundlich. »Das ist meins.« Er war ein Anglo Mitte der Dreißig, mit vorstehenden Backenknochen und einem kleinen, sauber getrimmten Schnurrbart. Er hatte keinen deutbaren Akzent. Unter dem weiten Regenumhang verbarg sich eine geschmeidige und athletische Gestalt.
    Er lächelte ihr zu, knapp, sah ihr in die Augen. »Amerikanerin? USA?«
    Laura tastete nach der Sonnenbrille. Sie hatte den Sari zurückgeschoben und ihr blondes Haar gezeigt.
    »Ich sehe es!« platzte Yaobang aufgeregt heraus. »Eine fliegende Erdnuß!«
    Hennesseys Augen weiteten sich. Er hatte sie erkannt. Er überlegte schnell. Sie bemerkte, wie er sein Gewicht auf die Fußballen verlagerte.
    »Vielleicht ist es von Grenada!« sagte Yaobang. »Wir sollten alle warnen! Ich werde das Ding beobachten - Sie, Miss, laufen zu den anderen!«
    »Nein, tun Sie das nicht«, sagte Hennessey. Er griff unter seinen Regenumhang und zog einen Gegenstand hervor. Er war klein und skeletthaft und glich einer Kreuzung zwischen einem Schraubstock und einer Fettpresse. Er trat auf Yaobang zu und hielt den Gegenstand mit beiden Händen.
    »O Gott«, sagte Yaobang. Eine neue Welle pathologischer Furcht überschwemmte ihn - er zitterte so stark, daß er das Fernglas kaum halten konnte. »Ich fürchte mich«, schnupfte er mit gebrochener Jungenstimme. »Ich kann es kommen sehen… ich fürchte mich!«
    Hennessey zielte mit dem Gerät auf Yaobangs Brustkorb und zog zweimal den Abzug. Es gab zwei diskrete kleine Puster, kaum hörbar, aber das Ding bockte bösartig in Hennesseys Händen. Yaobank krümmte sich unter dem Aufschlag, seine Arme flogen hoch, sein Brustkorb knickte wie unter einem Axthieb ein. Er fiel über seine eigenen Füße und schlug schwer aufs Deck. Das Fernglas klapperte auf die Planken.
    Laura starrte ihn betäubt vor Entsetzen an. Hennessey hatte vor ihren Augen zwei große, rauchende Löcher in Yaobangs Jackett gestanzt. Yaobang lag regungslos, das Gesicht totenbleich. »Sie haben ihn umgebracht!«
    »Nein. Kein Problem. Ein spezieller narkotischer Farbstoff.«
    Sie sah noch einmal hin. Nur einen Augenblick. Yaobangs Mund war voll Blut. Sie starrte Hennessey an und begann sich von ihm zurückzuziehen.
    Mit einer schnellen, reflexhaften Bewegung richtete

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