Inseln im Netz
sagte er. »Hungersnöte, Seuchen, Dürre und Kriege. Afrika ist voll von unseresgleichen. Da gibt es Söldner in Privatarmeen, Palastwachen, als Militärberater, Kommandoeinheiten, Piloten… Aber wissen Sie, was uns fehlte? Führerschaft.«
»Führerschaft?«
»Genau.«
»Wie lange sind Sie schon in diesem U-Boot?«
»Es gefällt uns hier«, sagte Jim.
»Sie kommen nie hinaus, nicht? Kommen nie an die Oberfläche oder auf, wie sagt man? - Landurlaub?«
»Das vermißt man nicht«, sagte er. »Nicht mit dem, was wir hier haben. Wir sind Könige hier unten. Unsichtbare Könige. Könige der ganzen verdammten Welt. Übrigens gibt es Orte, die wir anlaufen können, für Reparaturen und dergleichen. Alle paar Monate kommen wir hinaus.« Er lachte zufrieden, zog die Füße hinauf, ein freundlicher Mann in Deckschuhen mit Schaumgummisohlen. »Sie sehen ziemlich müde aus.«
»Ich…« Warum es leugnen? »Ja, das bin ich.«
»Dann machen Sie nur und schlafen Sie. Ich bleibe hier in der Nähe und wache über Sie.«
Mehr sagte er nicht.
Hesseltine zeigte sich mitfühlend. »Ein bißchen langweilig, nicht?«
»Nein, nein, wirklich nicht«, sagte Laura. Sie rutschte von ihm weg und brachte die Decke auf ihrem Bett in Unordnung. »Es geht mir gut, kümmern Sie sich nicht um mich.«
»Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte er. »Gute Nachricht! Während Sie schliefen, habe ich alles mit dem Hauptquartier abgeklärt. Es stellte sich heraus, daß Sie dort in den Akten sind – man weiß, wer Sie sind! Man lobte mich ausdrücklich, daß ich Sie an Bord gebracht habe.«
»Hauptquartier?«
»Bamako, Mali.«
»Ah.«
»Ich wußte, daß es eine gute Idee war«, sagte er. »In meinem Beruf lernt man, nach seinen Instinkten zu handeln. Anscheinend sind Sie ein ziemlich wichtiges Mädchen in Ihrem kleinen Kreis.« Er lächelte strahlend, dann zuckte er bedauernd die Achseln. »Einstweilen stecken Sie jedoch in dieser Wäscherei fest.«
»Es ist schon in Ordnung«, sagte sie. »Wirklich.« Er starrte sie an. Sie waren allein in dem engen Raum. Eine schreckliche Stille entstand. »Ich könnte die Waschmaschinen bedienen, wenn Sie wollen.«
Hesseltine lachte. »Das ist hübsch. Das ist lustig. Nein, ich dachte, solange Sie hier festsitzen, würden Sie vielleicht Gefallen an ein paar Videospielen finden.«
»Was für Spiele sind das?«
»Computerspiele, wissen Sie.«
»Oh!« Sie richtete sich auf. Eine Ablenkung von diesen Wänden, diesem engen Raum, von ihm. Ein Bildschirm. Wunderbar. »Haben Sie Amazonasbecken? Oder vielleicht Weltregierung?«
»Nein, das sind frühe Spiele aus den siebziger und achtziger Jahren… Spiele, die von den ursprünglichen U-Boot-Besatzungen zum Zeitvertreib gespielt wurden. Nicht viel Graphik und Gedächtnis, natürlich, aber ganz interessant. Schlau ausgedacht.«
»Sicher, ich kann es versuchen«, sagte Laura.
»Oder möchten Sie vielleicht lieber lesen? Wir haben eine große Bibliothek an Bord. Sie würden sich wundern, wenn Sie wüßten, was diese Burschen alles lesen. Platon, Nietzsche, alle die Größen der Philosophie und Literatur. Und eine Menge Spezialitäten.«
»Spezialitäten?«
»Ja, wie ich sagte.«
»Haben Sie Die Lawrence-Doktrin und postindustrieller Aufstand von Jonathan Gresham?«
Hesseltine machte große Augen. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Wo, zum Teufel, haben Sie davon gehört?«
»Sticky Thompson zeigte es mir.« Sie sah, daß sie ihn beeindruckt hatte, und war froh, daß sie es gesagt hatte. Es war vielleicht dumm und leichtsinnig, vor Hesseltine damit zu prahlen, aber sie war froh, daß sie ihn irgendwie getroffen, aus seinem unerschütterlichen Gleichgewicht gebracht hatte. Sie streifte sich eine Haarsträhne aus den Augen. »Haben Sie ein Exemplar?
Ich habe nicht soviel darin lesen können, wie ich gern getan hätte.«
»Wer ist dieser Thompson?«
»Grenadiner. Der Sohn von Winston Stubbs.«
Hesseltine lächelte ein wenig spöttisch. »Sie können nicht Nesta Stubbs meinen.«
Laura zwinkerte überrascht. »Ist Stickys wirklicher Name Nesta Stubbs?«
»Nein, es kann nicht sein. Nest Stubbs ist ein Psycho. Ein drogenbesessener Killer! Ein Kerl wie der ist Wodu, er könnte ein Dutzend wie Sie zum Frühstück essen.«
»Warum soll ich ihn nicht kennen?« sagte Laura. »Ich kenne Sie auch, nicht wahr?«
»He«, sagte Hesseltine. »Ich bin kein Terrorist - ich bin auf Ihrer Seite.«
»Wenn Sticky - Nesta - wüßte, was Sie seinen Landsleuten
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