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Inseln im Strom

Inseln im Strom

Titel: Inseln im Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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mitzubringen. Geht jetzt hinunter und seht, ob alles klar ist. Ich will den Flamingos noch etwas zugucken.»
    Er stand auf dem Peildeck und beobachtete die Flamingos. Es ist gar nicht die Farbe, dachte er, es ist auch nicht dieses Schwarz auf dem Rosarot. Es ist ihre Größe, und daß sie an und für sich häßlich sind, und trotzdem diese makabere Schönheit. Wahrscheinlich sind es ganz alte Vögel, aus ganz frühen Zeiten.
    Er betrachtete sie ohne Glas, denn er wollte sie jetzt nicht im Detail sehen. Er wollte die rosige Masse auf dem graubraunen Watt. Zwei weitere Schwärme hatten sich jetzt dort niedergelassen, und die Bänke waren überschwemmt von Farben, so daß er wahrscheinlich nicht gewagt hätte, sie zu malen. Vielleicht hätte ich es doch gewagt und sie gemalt, dachte er. Es ist schön, daß du diese Flamingos vorher noch zu sehen bekommst. Aber vielleicht sollte ich ihnen nicht länger Zeit lassen, sonst fangen sie noch an, sich Gedanken zu machen oder nervös zu werden.
    Er stieg von der Brücke und sagte: «Gil, geh hinauf und behalte die Insel im Glas. Henry, wenn du es krachen hörst und den Schildkrötenfänger hinter der Insel hervorkommen siehst, so schieß ihm das Vorschiff weg. Dann stehen alle auf, nehmen die Ferngläser und passen auf, wo die Überlebenden abbleiben. Ihr könnt sie euch morgen schnappen. Das Dingi könnt ihr dicht kriegen, wenn es was abbekommen hat, und benutzt es. Der Schildkrötenfänger hat auch ein Beiboot, das ihr reparieren und benutzen könnt, wenn es nicht allzuviel abgekriegt hat.»
    Antonio fragte: «Hast du sonst noch Befehle?»
    «Paßt einfach auf eure Verdauung auf und bleibt sauber. Wir sind bald zurück. So, meine beiden Waisenknaben, wir wollen…»
    «Meine Großmutter hat immer gesagt, ich wäre gar kein Waisenknabe», sagte Peters. «Sie sagte immer, ich wäre das hübscheste Baby und aus den ordentlichsten Verhältnissen der ganzen Gegend.»
    «Meine Mutter hat auch immer behauptet, ich wäre das Kind meines Vaters», sagte Willie. «Wo sollen wir uns hinsetzen, Tom?»
    «Geh du in den Bug, dann liegt das Dingi am besten. Aber ich kann auch nach vorn gehen, wenn es dir lieber ist.»
    «Geh du ans Ruder», sagte Willie, «jetzt, wo du endlich mal ein ordentliches Schiff hast.»
    «Guter Gott, jetzt befördert der mich noch», sagte Thomas Hudson. «Komm an Bord, Peters.»
    «Freue mich, an Bord zu sein, Admiral», sagte Peters.
    «Weidmannsheil», sagte Henry.
    «Sollst verrecken», sagte Willie.
    Der Motor sprang an, und sie waren unterwegs. Sie hielten auf die Silhouette der Insel zu, die jetzt, wo sie tief im Wasser lagen, halb versunken schien.
    «Ich gehe längsseit, und wir jumpen ohne weitere Formalitäten an Bord.»
    Die beiden Männer mittschiffs und im Bug nickten.
    «Hängt eure Spritzen um. Jetzt macht’s nichts aus, wenn sie sie sehen», sagte Thomas Hudson.
    «Ich wüßte auch nicht, wo ich sie verstecken sollte», sagte Peters. «Ich komm mir vor wie eines von den Maultieren von meiner Großmutter.»
    «Da bleib mal bei», sagte Willie, «das sind scheißfeine Tiere.»
    «Tom, muß ich wirklich an den ganzen Quark mit dem Lotsen denken?»
    «Ja. Aber du hast ja deinen Kopf zum Überlegen.»
    «Sicher», sagte Peters. «Jetzt ist alles ganz klar.»
    «Haltet den Mund», sagte Thomas Hudson. «Wir gehen zugleich an Bord, und wenn sie unter Deck sind, sagst du ihnen in Kraut, daß sie herauskommen und die Hände hochhalten sollen. Jetzt dürfen wir nicht mehr reden, sie können uns ziemlich weit hören, trotz des Außenbordmotors.»
    «Und was machen wir, wenn sie nicht herauskommen?»
    «Dann wirft Willie eine Handgranate hinunter.»
    «Und was, wenn sie an Deck sind?»
    «Dann beharkt jeder sein zugewiesenes Stück. Ich nehme das Heck, Peters die Mitte, du das Vorschiff.»
    «Kann ich dann eine Handgranate schmeißen?»
    «Klar. Wir brauchen aber ein paar Verwundete, die wir durchbringen können. Deshalb habe ich das Verbandszeug mitgenommen.»
    «Ich dachte, das wäre für uns.»
    «Auch für uns. Und jetzt Schluß. Ist das klar?»
    «Klar wie Dünnschiß», sagte Willie.
    «Gibst du noch Korken aus, mit denen wir uns das Arschloch zustöpseln können?» fragte Peters.
    «Das Flugzeug hat heute früh welche abgeworfen. Hast du deine Zuteilung nicht bekommen?»
    «Nein. Meine Großmutter hat sowieso immer gesagt, ich brauchte immer länger auf dem Töpfchen als alle anderen Babies in den Südstaaten. Sie haben eine von meinen Windeln im

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