Inspector Alan Banks 05 In blindem Zorn
Caroline Hartley?«
Er nickte.
»Würden Sie mir erzählen, was damals passiert ist?«
Ein paar Sekunden lang hörte man nur das Feuer, das Meer und die gedämpften Geräusche aus der Küche. Schließlich heftete Ivers seine Augen auf Banks, knackte dann mit seinen Fingern und streckte sich auf dem Stuhl aus.
»Gut«, begann er. »Sie sind ein Fremder. Das macht es mir irgendwie leichter. Und hier in der Gegend gibt es nicht viele Menschen, mit denen man reden kann. Manchmal kriege ich so eine Art Koller, wie Patsy es nennt. Eigentlich gibt es nicht viel zu sagen. Eine Zeit lang ging alles gut. Sie war glücklich, wir waren glücklich. Dachte ich jedenfalls. Vielleicht langweilte sie sich ab und zu ein bisschen, war hin und wieder deprimiert, aber in meinen Augen führten wir eine gute, stabile Ehe. Dann begann sie zu einer Psychotherapeutin zu gehen, ohne mir zu sagen, warum. Ich glaube, sie wusste es selbst nicht recht, aber ich vermute, dass es unter gelangweilten bürgerlichen Hausfrauen irgendwie Mode war, eine Therapie zu machen. Anfangs schien es ihr nicht viel anzuhaben, deshalb hatte ich auch keine Einwände, aber dann, aus heiterem Himmel, hatte sie eine neue Freundin. Plötzlich hörte ich immer »Caroline sagt dies<, »Caroline sagt das<. Meine Frau begann sich vor meinen Augen zu verändern. Können Sie sich das vorstellen? Sie fing sogar an, die Sprache dieses anderen Mädchens zu übernehmen, und verwendete Worte, die sie vorher nie benutzt hatte. Alles, was sie mochte, nannte sie plötzlich >nett<. »Echt nett<, sagte sie! Das war nicht mehr Veronica. Zudem begann sie, sich anders anzuziehen. Zuvor hatte sie sich immer eher konventionell gekleidet, aber jetzt kam sie mit Jeans und Sweatshirt an. Und dann das ganze endlose Gerede über C. G. Jung und die Selbstverwirklichung. Einmal hat sie zu mir gesagt, ich wäre zu sehr Kopfmensch oder so ein Blödsinn. Meine Musik wäre zu intellektuell und nicht emotional genug. Außerdem interessierte sie sich mit einem Mal für Dinge, die ihr früher, als ich sie dafür begeistern wollte, gleichgültig gewesen waren: Theater, Kino, Literatur. Sie war nie mehr zu Hause, sondern immer bei Caroline. Und dann schlug sie mir sogar vor, ich solle doch auch eine Therapie machen.«
»Aber das haben Sie nicht getan?«
Er starrte stumm ins Feuer, so als wäre ihm bewusst geworden, dass er schon zu viel preisgegeben hatte. »Ich habe meine Dämonen, Mr Banks«, sagte er dann leise, »doch die feuern mich auch an. Würde ich sie einer Therapie unterziehen, dann hätte ich, so fürchte ich, keinen Antrieb und keine Kreativität mehr. Was auch immer Veronica sagen mag, meine Musik entsteht aus Konflikten und Gefühlen. Sie ist nicht nur Handwerk.« Er tippte an seinen Kopf. »Ich höre diese Dinge wirklich. Hätte ich meinen Kopf irgend so einem Seelenklempner gegenüber geöffnet, so hätte ich Angst gehabt, dass meine ganze Musik entweicht und ich zur Stille verdammt wäre. Damit hätte ich nicht leben können. Deshalb bin ich nicht hingegangen.«
Patsy kam mit dem Kaffee zurück. Ivers nahm ihr den Becher ab, lächelte sie an und sie setzte sich mit angewinkelten Beinen neben ihn auf den Fußboden und legte eine Hand auf seinen Oberschenkel.
»Wussten Sie gleich zu Beginn der Freundschaft, dass Caroline lesbisch war?«, fragte Banks.
»Ja. Veronica erzählte mir, dass Caroline mit einer gewissen Nancy Wood zusammengelebt habe. Warum auch nicht, dachte ich. Leben und leben lassen. Ich bin Musiker, vielleicht nicht gerade der unkonventionelle Typ, aber mir sind im Laufe der Zeit schon so viele Homos über den Weg gelaufen, dass ich mich nicht allzu sehr daran störe. Ich würde mich als einigermaßen tolerant bezeichnen. Caroline war eben eine Lesbe. Ich hätte nicht eine Sekunde gedacht, dass meine Frau ...«
»Wenn Sie also jemandem die Schuld gaben, dann Caroline?«
»Ja.« Als ihm bewusst wurde, was er gesagt hatte, zögerte er kurz. »Aber ich habe sie nicht umgebracht, wenn Sie darauf hinauswollen.«
»Was haben Sie gestern Abend gemacht?«
Er nippte an seinem Kaffee und sprach halb in den Becher.
»Ich war zu Hause. Mit Patsy. Wir gehen nicht sehr oft aus.«
Patsy schaute Banks an und nickte bestätigend. Er sah Schatten hinter ihren Augen. Er war sich nicht sicher, ob er ihr glauben konnte. »Besitzen Sie einen Wagen?«, fragte er.
»Wir haben jeder einen.«
»Wo stellen Sie die
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