Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
zwei ist kaum Platz.«
»Ich hätte nicht fragen sollen. Tut mir Leid. Natürlich weiß ich ein wenig über Ihre Lebensumstände. Ihre Frau ...«
»Eine Tasse Tee oder sonst etwas?«
»Oder sonst etwas. Nach einem Tag wie diesem brauche ich etwas Stärkeres als Tee. Einen Gin-Tonic, wenn Sie haben.«
»Habe ich.« Banks ging in die Küche und nahm den Gin aus dem Schrank, in dem er seine willkürliche Alkoholauswahl aufbewahrte - ein bisschen Rum, einen Rest Wodka, eine halbe Flasche Cognac und den Laphroaig Single Malt, den rauchigen Islay, der sein Lieblingsgetränk war und die konstante Belastung seines Geldbeutels.
»Wie merkwürdig.«
»Was ?« Banks drehte sich um und sah, dass Rosalind ihm in die Küche gefolgt war. Sie stand in der Mitte und blickte sich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck um, als lauschte sie einer fernen Stimme.
»Es ist... ich weiß nicht... ein bisschen unheimlich, aber auf eine gute Weise.«
Banks war völlig verblüfft. Einer der Gründe, warum er das Haus gekauft hatte, war, dass er von dieser Küche geträumt hatte, bevor er wusste, dass es sie überhaupt gab. Ein Traum voller Wärme und dem Gefühl äußersten Wohlbehagens, und als er die Küche schließlich sah, wusste er, dass er das Cottage haben musste. Zum Glück wollte die alte Dame, die es verkaufte, nicht, dass es in die Hand eines ständig abwesenden Besitzers fiel, und hatte es ihm für den lächerlich geringen Preis von 50000 Pfund überlassen - regelrecht geschenkt, wenn man bedachte, dass Doppelhaushälften und Reihenhäuser, die sogar noch kleiner waren, in den beliebten Dörfern der Dales 70000 Pfund und mehr kosteten.
Banks spürte in der Küche eine gewisse Präsenz, die wohl wollend war und - nur Gott wusste, warum - weiblich. Er glaubte eigentlich nicht an Götter und Geister, hatte nie viel darüber nachgedacht, da er ein eher praktisch veranlagter Mensch war, aber auch das war eine Veränderung, die eingetreten war, nachdem Sandra ihn verlassen hatte. Am Ende fand er sich mit dieser Präsenz ab, nahm sie sogar willig hin und kam zu der Auffassung, dass es sich um einen Hausgeist handelte, wie es auch in anderen Häusern Geister geben soll. Er hatte ein bisschen zu dem Thema gelesen und den Geist Haida genannt, was aus dem Finnischen kam und der Geist des ersten Menschen sein sollte, der entweder einen Ort durch Anzünden eines Feuers oder Bauen eines Hauses in Besitz genommen hatte oder, in manchen Fällen, sogar als erster Mensch dort gestorben war.
Rosalind war die Erste außer Banks, die diese Präsenz spürte. Andere waren hier gewesen - Tracy, Brian, Sandra, Annie, Superintendent Gristhorpe, Jim Hatchley -, aber keiner hatte die übernatürliche Anziehungskraft der Küche gespürt. Banks war fast versucht, Rosalind von seinem Traum zu erzählen, hielt sich aber aus irgendeinem Grund zurück. Er hatte noch niemandem davon erzählt, aus Angst, für übergeschnappt oder verrückt gehalten zu werden, und er sah keinen Sinn darin, jetzt damit anzufangen.
»Der Raum ist sehr gemütlich«, sagte er und schenkte den Drink ein. »Sie sollten ihn sehen, wenn die Sonne durch die Fenster scheint. Wunderschön.« Um die Zeit hielt er sich am liebsten in der Küche auf, wenn die Morgensonne über Low Fell kam und die grüne Talwand hinunterglitt, ihr Licht wie Honig in die Küche ergoss. So weit würde es erst in ein paar Monaten wieder sein.
»Das würde ich gerne«, sagte Rosalind. Dann sah sie weg und errötete. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, bemerkte Banks, was ihr ein mysteriöses, fast tragisches Aussehen gab, kaum verwunderlich nach allem, was sie durchgemacht hatte. Trotz des ersten negativen Eindrucks, den Rosalind auf Banks gemacht hatte, merkte er jetzt, dass sie eine Frau war, die er gerne näher gekannt hätte, vielleicht zu einer anderen Zeit, in einem anderen Leben. Gleichzeitig hatte er in einem anderen Teil seines Kopfes den Verdacht, dass sie etwas mit dem Mord an ihrer Tochter zu tun hatte.
»Eis? Zitrone?«
»Nur Tonic, bitte.«
Banks reichte ihr den Gin-Tonic und goss sich selbst zwei Finger breit von dem schwindenden Laphroaigvorrat ein. Sie gingen zurück ins Wohnzimmer. Die einzigen Lichtquellen waren das Feuer und die Leselampe neben dem Sessel. Er überlegte kurz, das Deckenlicht einzuschalten, ließ es dann aber. So erschöpft, wie sich Rosalind Riddle in den Sessel ihm gegenüber sinken ließ, schien sie froh
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