Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
Gegenwart zurück, als er Annies Ellbogen in den Rippen spürte. »Entschuldigung. War meilenweit weg.«
»Inspector Collaton hat gefragt, ob wir uns nach dem Essen die Fundstelle anschauen wollen.«
Banks sah zu Collaton, der ihn besorgt anblickte, ob wegen Banks' Gesundheit oder seiner Unaufmerksamkeit, war nicht klar. »Ja«, sagte Banks und schob seinen leeren Teller beiseite. »Ja, wir sollten uns auf jeden Fall die letzte Ruhestätte des armen alten Charlie anschauen.«
Nachdem sie sich die Stelle angesehen hatten, an der die Leiche von Charlie Courage gefunden worden war, neben einem schlammigen Pfad in einem Waldstück nahe von Husbands Bosworth, fuhren sie zur Obduktion ins Krankenhaus von Market Harborough.
Courages Leiche war bereits am Vortag fotografiert, gewogen, gemessen und geröntgt worden, und man hatte ihr die Fingerabdrücke abgenommen. Jetzt arbeiteten sich Dr. Lindsey, der Pathologe vom Innenministerium, und seine Assistenten methodisch und geduldig durch eine Routine, die sie schon oft genug durchgeführt haben mussten. Lindsey begann mit einer genauen äußeren Untersuchung, wobei er der Schusswunde besondere Aufmerksamkeit schenkte.
»Eindeutig eine Schrotflintenwunde«, sagte er. »Zwölfkalibrig, so wie es aussieht. Entfernung etwa zwei bis drei Meter.« Er deutete auf die zentrale Eintrittswunde über dem Herzen und die zahllosen kleinen Löcher außen herum, verursacht von den Schrotkugeln. »Bei einer noch kürzeren Entfernung wäre die Einschusswunde praktisch rund gewesen. Sehr viel weiter weg, und der Schuss hätte sich über eine weitere Fläche verteilt. Hier ist immer noch ein bisschen Pfropfmaterial in den Wunden. Schauen Sie.« Er hielt ein Stück hoch. »Hängt natürlich davon ab, ob eine abgesägte Flinte verwendet wurde, was sich so nicht genau sagen lässt. Aber es wurde auf jeden Fall aus nächster Nähe geschossen. Und nach dem Einschusswinkel der größten Wunde zu urteilen, war der Mörder entweder sehr groß oder das Opfer lag auf den Knien.«
Falls Banks' Annahme stimmte, dass Charlie auf die lange Fahrt mitgenommen worden war, hatte der Mörder höchstwahrscheinlich eine abgesägte Schrotflinte benutzt. Die gesetzlich vorgeschriebene Länge für den Lauf einer Schrotflinte war sechzig Zentimeter, den Schaft nicht eingerechnet, und kein Verbrecher läuft oder fährt mit so was Großem rum.
»Dann sind da die Blutergüsse«, fuhr Dr. Lindsey fort und deutete auf die Verfärbungen um Charlies Bauch und die Nieren. »Sieht aus, als wäre er entweder mit Faustschlägen oder einem harten Gegenstand verprügelt worden, bevor man ihn tötete. Genug, dass er mindestens eine Woche lang Blut gepisst hätte.«
»Vielleicht wollte jemand, dass er sang?«, meinte Collaton.
»So wie ich Charlie kenne, hätte der seine Großmutter verraten, wenn man auch nur mit der Faust vor seiner Nase rumwedelte. Vielleicht wollten sie was aus ihm rauskriegen, aber ich wette, er hat es ihnen sofort gesagt, und dann haben sie ihn aus lauter Spaß weiter verprügelt.«
Als Nächstes setzte Dr. Lindsey den üblichen Y-förmigen Schnitt. Er entnahm Blutproben, entfernte und untersuchte dann die inneren Organe, arbeitete sich von der Luftröhre und der Speiseröhre zu dem vor, was vom Herzen übrig geblieben war, und hinunter zur Milz und der Blase.
Während der ganzen Zeit behielt Banks Annie im Auge. Er wusste nicht, wie gut sie die Obduktion einer ziemlich frischen Leiche verkraften würde, weil die letzte ein nach fünfzig Jahren ausgegrabenes Skelett gewesen war. Obwohl sie ein wenig bleich wurde, als Dr. Lindsey die Bauchhöhle öffnete, und laut schluckte, während er die verschiedenen Organe mit einem schmatzenden Geräusch wie beim Austernschlürfen herauszog, hielt sie sich gut.
Bis sich die Motorsäge in den Schädel fraß. Da schwankte Annie, Schlug die Hand vor den Mund, machte ein gurgelndes Geräusch und rannte aus dem Raum. Dr. Lindsey verdrehte die Augen, und Collaton sah zu Banks, der nur die Schultern zuckte.
Dr. Lindsey entfernte das Gehirn, betrachtete es, ließ es wie eine Grapefruit von einer Hand in die andere fallen und legte es dann zum Wiegen und Zerteilen beiseite.
»Tja«, sagte er, »bevor wir nicht die Testergebnisse der Blut- und Gewebeproben vorliegen haben, wissen wir nicht, ob er vor der Erschießung vergiftet wurde. Ich bezweifle das allerdings. Nach dem Blut zu urteilen, würde ich sagen, die
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