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Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre

Titel: Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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geholfen. Das hier ist kein Ratespiel.«
      »Ich sage es Ihnen ja. Es gab keine chirurgischen Eingriffe nach der vierundzwanzigsten Schwangerschaftswoche.«
      »Gut«, sagte Annie. »Worum geht's dann?«
      »Es sind Mädchen, die nach der normalen Geschäftszeit in die Praxis kommen. Abends.«
      »Wenn Sie Überstunden machen?«
      »Ich muss viel Papierkram erledigen. Sie würden es nicht glauben, selbst als Arzt... ist aber so.«
      »Warum kommen diese Frauen so spät?«
      »Was glauben Sie wohl?«
      »Sie möchten aus irgendeinem Grund das System umgehen, und Sie helfen ihnen dabei.«
      »Diese Frauen sind Prostituierte, die meisten jedenfalls. Viele sind illegal hier oder suchen Asyl. Sie können nicht das staatliche Gesundheitssystem in Anspruch nehmen und sich unsere Gebühren nicht leisten.«
      »Sie arbeiten also unentgeltlich?«
      »Kann man so sagen.«
      »Was genau machen Sie für diese Frauen?«
      »Ich fülle Anträge aus, Unterlagen, die für eine Abtreibung notwendig sind, falls sie abtreiben wollen. Wenn ich die Unterschrift eines anderen Arztes brauche, hole ich mir die in einer der Kliniken. Man stellt mir nicht allzu viele Fragen. Es ist sehr leicht und tut niemandem weh.«
      »Führen Sie die Abtreibungen selber durch?«
      »Nein. Das wird woanders gemacht, in den Kliniken.«
      »Was ist dann Ihre Aufgabe?«
      »Ich untersuche die Frauen, überzeuge mich, dass sie in gutem Gesundheitszustand sind. Man muss nach Geschlechtskrankheiten gucken. Und natürlich nach Aids. Manche haben Drogen- oder Alkoholprobleme. Viele Kinder würden mit schweren Behinderungen zur Welt kommen, wenn sie überlebten.«
      »Versorgen Sie die Frauen mit Drogen?«
      Dr. Lukas sah Annie in die Augen. »Nein«, sagte sie. »Ich verstehe, warum sie Drogen nehmen, bei diesem Leben, aber von mir bekommen sie nichts. Offenbar haben sie aber keine Probleme, an welche heranzukommen.«
      »Wenn wir also bei Ihnen in der Praxis die Medikamente mit den Inventarlisten vergleichen würden, gäbe es keine Auffälligkeiten ?«
      »Wenn doch, liegt es jedenfalls nicht an mir. Aber ich denke schon, es würde alles stimmen. Außerdem haben wir keinen Bedarf an der Sorte von Drogen, die Sie meinen.«
      »Wie oft passiert das?«
      »Nicht sehr häufig. Ein-, zweimal im Monat.«
      »Warum kommen diese Frauen zu Ihnen? Woher wissen sie Bescheid?«
      »Viele stammen aus Osteuropa«, erklärte Dr. Lukas schulterzuckend. »Ich bin bekannt bei den Leuten.«
      Das klang etwas vage, fand Annie. Osteuropa war groß. Aber sie ging nicht darauf ein. Da Dr. Lukas jetzt losgelegt hatte, war es besser, so viel wie möglich aus ihr herauszubekommen, als auf diesem einen Punkt herumzureiten. »Was ist mit Jennifer Clewes? Wusste sie Bescheid?«
      »Ja.«
      »Seit wann?«
      »Seit ein, zwei Monaten. Mir war nicht klar, dass sie auch öfter länger blieb. Ich dachte immer, ich wäre alleine im Haus. Sie haben ja gesehen, wie einsam mein Büro liegt. Die Frauen klingeln meistens vorne an der Tür, dann lasse ich sie herein. Einmal war Jennifer vor mir an der Tür. Sie sagte nichts, aber hinterher wollte sie wissen, was los war.«
      »Was haben Sie ihr erzählt?«
      »Was ich Ihnen gerade gesagt habe.«
      »Und wie reagierte sie?«
      »Es interessierte sie.« Dr. Lukas schwenkte den Rest des Whiskeylikörs im Glas. »Jennifer war ein wahrhaft anständiger Mensch«, sagte sie. »Als ich ihr das mit den Mädchen erklärte, in welcher Situation sie sind, dass ihnen niemand hilft, hatte sie Verständnis.«
      »Sie war nicht verstört oder durcheinander?«
      »Nein. Anfangs war ihr deswegen leicht unbehaglich, aber ...«
      »Was?«
      »Nun ja, sie war die Verwaltungschefin. Sie schützte mich. Unterlagen gingen verloren, so was halt. Ich sagte ihr, es wäre am besten, wenn sie es niemandem erzählte, weil es nicht jeder verstehen würde.«
      »Wir glauben, dass sie es ihrem Freund erzählt hat.«
      Dr. Lukas zuckte mit den Schultern. »Das musste sie selbst entscheiden.«
      »Also beteiligte sich Jennifer an der Sache?«
      »Ja. Wir beide halfen den armen Frauen. Es ist nicht so, dass das oft vorkam, verstehen Sie. Aber immer mal wieder. Die Mädchen hätten nicht kommen können, wenn sie hätten zahlen müssen. Vergessen Sie nicht: Sie konnten nicht einfach in die nächste staatliche Klinik gehen. Was, glauben Sie, wäre aus ihnen geworden ?

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