Inspector Alan Banks 16 Im Sommer des Todes
geraucht hätte oder einen Acid-Trip warf, aber eigentlich schon länger nicht mehr. Sie entwickelte sich weiter.«
»Ich habe gehört, dass Sie gemeinsam musikalische Duette zum Besten gaben?«
Tania sah Chadwick an, als hätte sie ihn nicht verstanden. Dann lächelte sie schwach. »Wir gaben musikalische Duette zum Besten? Wir haben manchmal zusammen gesungen, falls Sie das meinen, in Folkclubs und so.«
»Darf ich mir Lindas Wohnung ansehen?«
Tania biss sich auf die Lippe. »Ich weiß nicht. Das ist nicht in Ordnung. Ich meine ...«
»Sie können mitkommen, ein Auge auf mich haben. Irgendwann muss es eh getan werden. Offiziell.«
Schließlich sagte Tania: »In Ordnung. Ich habe einen Schlüssel. Kommen Sie.«
Sie führte Chadwick durch den Flur. Lindas Zimmer war genauso geschnitten wie das von Tania, nur spiegelverkehrt. Es war besser eingerichtet: zwei gemusterte Teppiche auf dem Boden und das stilisierte Gemälde eines Mannes, der im Schneidersitz unter einem Baum sitzt, umgeben von sonderbaren Symbolen. Chadwick erkannte die Sternkreiszeichen aus dem Zeitungshoroskop, das Janet immer las. An der Wand stand ein kleines Regal mit Büchern über Mystizismus und spirituelles Leben sowie Packungen mit Räucherstäbchen verschiedener Düfte. Eine akustische Gitarre, ähnlich wie die in Tanias Zimmer, lehnte an der Wand.
Linda besaß einen kleinen Plattenspieler. Daneben lag ein Stapel mit Platten, ähnlich denen von Yvonne. Es war nichts ausgesprochen Persönliches in diesem Zimmer, zumindest konnte Chadwick nichts finden. In einer Schublade waren mehrere Briefe von ihrer Mutter und ältere Fotos mit ihrem Vater. Tagebücher oder Notizbücher waren nicht zu sehen - alles, was Linda mit nach Brimleigh genommen hatte, war verschwunden -, und abgesehen von ihrer Geburtsurkunde und einem Postsparbuch mit einem Guthaben von 123 Pfund, 13 Shilling und 5 Pence, was Chadwick ziemlich viel erschien, gab es nichts zu finden. Auf einem Tischchen hatte Linda eine Nähmaschine aufgestellt; es lagen bedruckte Stoffe herum. In dem kleinen Kleiderschrank hingen mehrere lange Kleider und Röcke aus bunten Stoffen.
Chadwick suchte in den Schubladen und Schränken nach doppelten Böden, fand aber nichts, was ein gutes Versteck für Drogen hätte sein können. Falls Tania merkte, was er im Schilde führte, so ließ sie sich nichts anmerken. Sie lehnte mit verschränkten Armen im Türrahmen.
Was das Essen betraf, gab es nicht viel Auswahl. Linda besaß keinen Herd, nur einen Gasbrenner unter der kleinen Spüle, und in ihren Schränken fanden sich lediglich brauner Reis, Kichererbsen, Müsli, Mungobohnen sowie verschiedene Kräuter und Gewürze. Es gab auch keinen Kühlschrank und keine Spur von Fleisch, Gemüse oder Milchprodukten, nur eine Flasche H-Milch auf dem Tisch. Ein wirklich sehr spartanisches Leben.
Frustriert ging Chadwick zur Tür und sah sich noch einmal um.
Nichts.
»Was passiert nun damit?«, fragte Tania.
»Ich denke, das Zimmer wird irgendwann neu vermietet«, sagte er. »Zuerst mal sorge ich dafür, dass die hiesige Polizei kommt und es versiegelt, bis wir es gründlich durchsucht haben. Was wissen Sie über Rick Hayes?«
Tania schloss Lindas Tür ab und führte Chadwick zurück in ihr eigenes Zimmer, wo sie sich wieder hinsetzten. »Rick Hayes, der Promoter?«
»Genau der.«
»Nicht viel. Ich hab ein paar Mal mit ihm gequatscht. Er ist mir ein bisschen unheimlich. Wenn Sie es unbedingt wissen wollen: Er hat versucht, mich abzuschleppen, hat mich in seinen Wohnwagen eingeladen.«
»Und?«
»Ich hab ihm gesagt, das könnte er vergessen.«
»Wie hat er reagiert?«
»Er hat gelacht und gesagt, er fände es gut, wenn ein Mädchen seine Meinung sagt. Wissen Sie, Hayes gehört zu den Männern, die jedes Mädchen fragen, ob es mit ihm schlafen will. Er glaubt, dadurch würden seine Chancen steigen. Wenn neun von zehn ihm die Meinung sagen oder ihm eine Ohrfeige geben, könnte die zehnte immer noch ja sagen.«
»Er kannte Linda, stimmt das?«
»Sie hatten sich schon mal gesehen, ja. Wir waren mal bei einem Mad-Hatters-Konzert im Roundhouse hinter der Bühne, und da war Rick auch. Aber eigentlich ist er harmlos. Echt. Ehrlich gesagt, ist er viel zu sehr von sich selbst eingenommen, um sich groß den Kopf über andere zu zerbrechen.«
»Aber wenn ein Mädchen, das er unbedingt will, ihm eine Abfuhr erteilt,
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