Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
Frau gut gefallen haben und ich ein Bild von ihr kaufen wollte. Da war er platt wie 'ne Flunder.«
»Hm. Zwei Teilnehmer dieses literarischen Abends haben demnach ihre Häuser noch einmal verlassen. St. John hat uns sicher die Wahrheit gesagt. Seine Selbstvorwürfe klingen echt. Bei Clapton sieht das schon anders aus. Ihre Vermutung bezüglich der Carters könnte stimmen. Dabei sollten wir es jedoch nicht belassen. Geben wir ihm etwas Zeit, sich zu regenerieren. Und sobald er sich wieder sicher fühlt, legen wir ihm die Daumenschrauben an. Haben wir inzwischen seine Fingerabdrücke?«
»Er will heute auf dem Heimweg vorbeikommen.« Troy lachte. »Clapton überschlägt sich förmlich vor Hilfsbereitschaft. Ist denn viel passiert, während ich unterwegs war?«
»Einiges. Miß Levine hat sich gemeldet. Von dieser Seite ist keine Hilfe zu erwarten, was mich allerdings auch nicht überrascht. Bei den Kollegen in Uxbridge ist am Abend vor dem Mord ein Anruf von Hadleigh eingegangen. Und zwar um Punkt halb elf. Er hat damit seinen Wagen als gestohlen gemeldet, den er in der Silver Street geparkt hatte. Bis jetzt ist er noch nicht wieder aufgetaucht. Nächsten Dienstag findet die Gerichtsverhandlung zur Feststellung von Hadleighs Todesursache statt. Sein Hausarzt ist bereit, die Leiche zu identifizieren. Außerdem ist der Obduktionsbericht da. Steht nichts drin, was wir nicht schon geahnt haben. Hadleigh starb durch einen brutalen Schlag auf den Kopf. Er muß sofort tot gewesen sein. Ob der Mörder das wußte und nur nicht aufhören konnte, oder ob er's nicht wußte und bloß auf Nummer Sicher gehen wollte, das können wir zu diesem Zeitpunkt nur vermuten. Hadleigh hatte kaum feste Nahrung, aber dafür um so mehr Whisky intus. Das paßt zu dem, was die anderen erzählt haben. Ermordet wurde er zwischen elf Uhr abends und zwei Uhr morgens. Außerdem hat man zusammen mit all dem Blut und Schleim große Mengen von Tränenflüssigkeit gefunden.«
»Wie? Noch mal.«
»Er hat geweint, Sergeant.«
»Was ... Sie meinen, als er ...«
»Dann oder kurz davor.«
Troy starrte aus dem Fenster. Für weinende Männer hatte er nichts übrig. Männer mußten tapfer sein. Männliche Heulsusen waren ihm ein Greuel. Hatte sich Hadleigh deshalb nicht gewehrt? Und war er deswegen zu verachten? Troy war in der Zwickmühle.
Barnaby hatte die Bemerkung des Pathologen ebenfalls betroffen gemacht. Der knappe Zweizeiler aus dem Obduktionsbericht hatte ihn sogar tiefer erschüttert als die Fotos vom Tatort. Im Gegensatz zu Troy jedoch spielten bei ihm männliche Vorurteile keine Rolle.
Barnaby fürchtete sich keineswegs vor Gefühlen. Aber wie alle Polizisten, versuchte er, bei seinen Ermittlungen sachliche Distanz zu wahren. Was ihm allerdings nicht immer gelang.
Das Telefon klingelte. »Chefinspektor Barnaby«. Er hörte zu. »Ja, stellen Sie durch.«
»Sind Sie für den Mord an dem armen Mr. Hadleigh zuständig?« fragte eine Stimme am anderen Ende der Leitung.
»Jawohl, Sir. Mit wem spreche ich?«
Troy schnappte sich einen Block und begann zu schreiben. Barnaby hatte auf Konferenzschaltung gestellt. Der Anrufer war deutlich zu verstehen.
»Ich war ja nicht sicher, ob es wichtig ist. Als Ihre Leute an die Tür kamen, wollten sie nur alles über den Montag wissen, und das, was mir aufgefallen ist, war am Abend davor passiert. Aber ich habe mit Elsie, meiner Frau, gesprochen, und die meinte, ich solle es lieber loswerden. Deshalb rufe ich an.«
»Ein richtiger Entschluß, Mr. Lilley.«
»Es war schon ziemlich spät ... so gegen Mitternacht, meine ich. Ich habe Buffy, unseren Collie, noch mal Gassi geführt. Und als wir an >Plover's Rest< vorbeigekommen sind, habe ich jemanden im Vorgarten gesehen.«
»Aha ... Hatte sich die Person dort versteckt?«
»Nein, die Halogenbeleuchtung über der Tür brannte. Sie hat dicht vor dem Fenster gestanden ... und reingesehen.«
»Sie?«
»Na diese Antiquitätentante. Wohnt drüben neben der >Old Dun Cow<.«
»Sind Sie sicher?«
»Die Haarfarbe würde ich überall erkennen. Schien mich nicht bemerkt zu haben. Nachdem ich vorbei war, habe ich mich umgedreht und zurückgeschaut. Sie war's. Zweifel ausgeschlossen.«
Barnaby wartete ab, doch Mr. Lilley hatte dem nichts mehr hinzuzufügen. Der Chefinspektor dankte ihm und legte auf.
»Nicht überrascht, Chef?« erkundigte sich Troy.
»Nein,
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