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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Cary Oakes würde wieder töten.
    Der Psychologe hatte die amerikanischen Behörden vor einer Entlassung gewarnt. Er erklärte, Cary Oakes habe einen sehr unterentwickelten Begriff von Recht und Unrecht. Dieser Sachverhalt wurde mit einem Haufen psychologischer Fachtermini umschrieben. Das Wort »Psychopath« kam im Vokabular der Experten in letzter Zeit kaum noch vor, aber als er zwischen den Zeilen und dem Wust von Fremdwörtern las, begriff Rebus, dass sie es genau mit so jemandem zu tun hatten. Asoziale Tendenzen... abnorme Persönlichkeit... tief verwurzelte rational nicht begründbare Ressentiments...
    Oakes war achtunddreißig Jahre alt. Die Akte enthielt auch ein grobkörniges Foto des Mannes. Ein kahl rasierter Schädel. Die Stirn breit und gewölbt, das Gesicht mager und kantig. Er hatte kleine Augen, wie schwarze Perlchen, und einen schmallippigen Mund. Laut beigefügtem Charakterbild überdurchschnittlich intelligent (hatte sich im Gefängnis autodidaktisch weitergebildet) und an Gesundheit und Fitness interessiert. Während der Haft hatte er sich mit niemandem angefreundet, sich keinerlei Bilder an die Wand gehängt und lediglich mit seinen Anwälten korrespondiert (insgesamt fünf verschiedene Kanzleien).
    Der Farmer telefonierte, erkundigte sich nach Oakes' Flugplan, besprach sich mit dem Assistant Chief Constable in Fettes. Als er aufgelegt hatte, fragte ihn Rebus, was der Vizepolizeichef meinte.
    »Er rät zur Vorsicht.«
    Rebus lächelte: Das war eine typische Reaktion.
    »Er hat ja in gewisser Weise Recht«, fuhr der Farmer fort. »Die Medien werden sich wie die Geier auf die Sache stürzen. Wir können nicht riskieren, so dazustehen, als würden wir den Mann schikanieren.«
    »Vielleicht haben wir Glück, und die Reporter reichen aus, um ihn zu verscheuchen.«
    »Vielleicht.«
    »Hier steht, dass anfangs auch wegen vier weiterer Morde gegen ihn ermittelt worden war.«
    Der Farmer nickte, wirkte aber abwesend. »Ich kann das alles nicht gebrauchen«, sagte er zuletzt, die Augen starr auf seinen Schreibtisch gerichtet. Der Schreibtisch war ein Abbild des Mannes:
    stets penibel aufgeräumt, wie überhaupt das ganze Zimmer. Keine Aktenstapel, keinerlei Unordnung oder Chaos, nie auch nur eine einsame Büroklammer auf dem Teppich.
    »Ich mach diesen Job schon zu lang, John.« Der Farmer lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Wissen Sie, was die schlimmsten Beamten sind?«
    »Sie meinen, solche wie ich, Sir?«
    Der Farmer lächelte. »Das genaue Gegenteil. Ich meine die, die lediglich ihre Zeit bis zur Pensionierung absitzen. Die dauernd nur auf die Uhr gucken. In letzter Zeit entwickle ich mich zu so einem. Noch sechs Monate, so viel hatte ich mir gegeben. Noch sechs Monate bis zur Pensionierung.« Er lächelte wieder. »Und ich hatte mir gewünscht, dass es ruhige Monate werden. Hatte darum gebetet , dass es sechs ruhige Monate werden.«
    »Wir wissen nicht mit Sicherheit, dass dieser Typ Arger machen wird. So was haben wir alles schon gehabt, Sir.«
    Der Farmer nickte. Das stimmte wohl. Männer, die in Australien und Kanada gesessen hatten, und schwere Jungs aus dem Glasgower Knast »Bar-L«, die sich in Edinburgh niederließen oder auch nur auf der Durchreise ein paar Tage da verbrachten. Allesamt mit einer tief in ihre Gesichter gegrabenen Vergangenheit. Selbst wenn sie keinen Ärger machten, stellten sie doch immer ein Problem dar. Vielleicht wurden sie häuslich, führten fortan ein stilles, unauffälliges Leben, aber es gab immer Leute, die wussten, wer sie waren, die ihren Ruf kannten, diese Aura, die sie niemals würden abschütteln können.
    Und irgendwann, nach zu vielen Pints im Stammpub, beschloss einer dieser Leute, es sei an der Zeit, sich selbst zu beweisen, was in ihm steckte, denn der Exsträfling trug etwas wie einen Parameter mit sich herum - etwas, woran man sich messen konnte. Es war Hollywood pur: Alternder Revolverheld wird von ausgeflipptem jungem Nobody herausgefordert. Aber für die Polizei bedeutete das alles nur Ärger.
    »Die Frage ist bloß, John: Können wir es uns leisten, einfach nur abzuwarten? Der ACC sagt, wir könnten Mittel für eine partielle Observierung bekommen.«
    »Wie partiell?«
    »Zwei Zweierteams, vielleicht zwei Wochen lang.«
    »Echt großzügig von ihm.«
    »Der Vizepolizeichef ist ein Fan von hübsch knapp bemessenen Budgets.«
    »Selbst wenn dieser Typ wieder töten könnte?«
    »Selbst für Mord gibt's heutzutage ein Budget, John.«
    »Ich kapier's

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