Intimer Betrug
es.«
»Vincent!«, schrie Grace auf und umklammerte seine Hand. Ihr Schrei zerriss die Luft und er spürte ihn bis in die letzte Faser seines Körpers.
»Pressen, Grace! Pressen!«
Grace hob den Kopf vom Kissen und presste fester.
Ihre Hand umklammerte seine und Vincent sah nach unten, sah seinen Sohn auf die Welt kommen.
Das Kind war klein, rot und schrumpelig, aber das Schönste, was Vincent je im Leben gesehen hatte. Als das Kind einen kräftigen Schrei ausstieß, zersprang Vincents Herz fast vor Freude.
»Ihr Sohn, Euer Gnaden«, sagte Caroline. »Sie haben einen gesunden kleinen Jungen.«
Vincent verspürte eine solche Erleichterung, dass er sich kaum beherrschen konnte. »Grace. Hast du gehört? Wir haben einen Jungen. Einen gesunden kleinen Jungen!«
»Ja, Vincent«, flüsterte sie und wischte die Tränen weg, die ihm übers Gesicht strömten. »Einen Sohn.«
Er beugte sich zu ihr und küsste sie. »Ich liebe dich.«
Er vermochte die Gefühle nicht zu beschreiben, die ihn durchströmten. Die Freude. Den Stolz. Die Euphorie. Die Erleichterung.
Die Liebe.
Er streichelte Grace das schweißnasse Gesicht. »Ich liebe dich, Grace.«
Sie seufzte schwer, drehte ihr Gesicht und drückte einen Kuss in seine Handfläche.
Vincent blickte zu Caroline und den anderen Schwestern. Allen standen Tränen in den Augen, während sie sich um Grace und das Neugeborene kümmerten.
»Danke«, sagte er zu niemand Bestimmtem. Zu ihnen allen.
»Gern geschehen, Euer Gnaden«, erwiderte Caroline. »Gönnen Sie Grace ein paar Minuten Ruhe, damit wir sie frisch machen können, ja? Sie können in ein paar Minuten zurückkommen und Ihrem Sohn in aller Form vorgestellt werden.«
Vincent erhob sich und sah auf Grace hinab. Ihr Gesicht war noch immer blass, ihre Miene noch von Schmerzen gezeichnet. »Alles in Ordnung, Grace?«
»Ja. Kein Grund zur Sorge, Vincent. Siehst du? Ich habe dir doch gesagt, dass alles gut geht.«
Vincent nickte ohne rechte Überzeugung. Die Erinnerung an die Schrecken, die er durchgestanden hatte, war noch zu frisch. Der Albtraum, den er gerade durchlitten hatte, zu vertraut. Auch wenn Grace ihm versicherte, dass es ihr gut ging, sagte ihm der Ausdruck in ihrem Gesicht etwas anderes.
»Ich warte vor der Tür. Ich komme wieder, sobald du fertig bist.«
Sie lächelte und er beugte sich zu ihr, um sie noch einmal zu küssen. Dann lief er zur Tür. Er hatte kaum die Hand auf der Klinke, als ihn ein weiterer gellender Schrei jäh innehalten ließ.
Er wirbelte herum und sah die besorgten Mienen ihrer Schwestern, die zu Grace eilten, die mit verzerrtem Gesicht und einem sich vor Schmerz krümmenden Körper im Bett lag.
Er blieb zurück, weil er wusste, dass sein Eingreifen eher ein Hemmnis wäre als eine Hilfe. Seine Angst war so groß, dass er ihrer nicht Herr werden konnte.
Seine Euphorie war verfrüht gewesen. Alle Ängste und Schrecken holten ihn wieder ein. Irgendetwas stimmte nicht. Er sah es an den panischen Mienen ihrer Schwestern, hörte es an ihren Stimmen.
»Was hast du, Grace?«, fragte Caroline, die Grace rasch untersuchte.
»Vincent!«
Vincent eilte zu ihr zurück, umklammerte ihre Hand und half ihr, einen neuen Schmerzanfall durchzustehen. Er würde sie jetzt nicht sterben lassen. Nicht, nachdem sie ihm einen Sohn geschenkt hatte.
»Was ist los?«, fragte er und sah Caroline in das bange Gesicht.
Sie schüttelte den Kopf.
Vincent spürte, wie all seine Ängste mit voller Wucht zurückkehrten. Gott würde doch bestimmt nicht von ihm verlangen, ein Leben gegen ein anderes einzutauschen. Bestimmt nicht …
Eine weitere Schmerzwelle unterbrach seine Überlegungen und Grace umklammerte seine Hand noch fester. Er blickte wieder zu Caroline, deren Züge weicher wurden.
»Wenn die nächste Wehe kommt, presse so fest du kannst.«
»Ich bin müde, Linny«, sagte Grace mit matter Stimme, der völligen Erschöpfung nahe.
»Ich weiß, Grace«, sagte Caroline und drückte mit der Hand auf Graces Bauch. »Aber du hast noch ein Kind, das geboren werden will.«
Vincent verschlug es den Atem, während Grace sich wieder vor Schmerzen krümmte.
Sie presste einmal, dann noch zwei Mal, und ein zweites Kind landete in Carolines wartenden Händen.
»Sie haben auch eine Tochter, Euer Gnaden. Eine wunderschöne Tochter.«
»Hast du gehört, Grace? Wir haben eine Tochter.«
Tränen strömten Grace über die Wangen und er wischte sie ihr mit den Fingern fort und küsste sie auf die Stirn.
»Ist sie
Weitere Kostenlose Bücher