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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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damit um?“
    „Das ist es ja... ich weiß es nicht...“
    „Red mit ihm, dieses Mal wusste er schließlich, dass du lesbisch
bist...“
    „Ich bin gekommen, Lili...“
    „Nein!“ Das kann nicht sein. Das ist nicht möglich. Marie ist noch
nie mit einem Kerl gekommen. „Unmöglich...“, sage ich noch einmal.
    „Dreimal...“ Ich kriege keinen Ton raus. Mit allem hatte ich
gerechnet, aber nicht damit. „Lili? Bist du noch da?“
    „Ja, ’tschuldige, bin nur sprachlos... Ja und jetzt?“
    „Lili, was ist, wenn er mein Elias ist, und ich nur zu blöd war,
das zu kapieren?“
    „Du musst so oder so mit ihm reden...“
    „Ja, ich weiß...“
    „Was hast du zu verlieren?“
    „Alles...“
    „Ja und wieso? Liebt er dich nicht?“
    „Ich weiß es nicht...“
    „Hast du ihn seitdem nicht mehr gesehen?“, frage ich während ich
versuche, mir Marie an der Seite eines Mannes vorzustellen.
    „Doch schon...“
    „Und?“
    Sie zögert. „Ich konnte es ihm nicht sagen...“
    „Scheiße...“
    „Du sagst es... Können wir uns die Tage mal wieder sehen? Es gibt
viel zu erzählen...“
    „Erzähl es doch jetzt...“, flehe ich sie an, und ich weiß, dass
sie lächelt.
    „Ich will dich lieber sehen. Passt dir morgen?“
    „Morgen ist perfekt...“ Nach ein paar Sekunden frage ich noch,
„Und du wirst mir jetzt ehrlich nichts mehr erzählen? Nicht mal ein paar
Details?“
    Sie lacht. „Wir sehen uns morgen, Lili.“
    „Warte, Marie.“
    „Ich sage kein Wort mehr...“
    „Na gut.“
    „Um elf zum Frühstücken im Glockenspiel?“
    „Perfekt.“
     
    Marie
    Kaum habe ich aufgehört, mit Lili zu reden, piept mein Handy. Marie.
Ich weiß, ich wollte mich nicht mehr melden, aber ich halte hier einen Umschlag
in meinen Händen, auf dem mein Name steht. Und ich frage mich, ob ich ihn
aufmachen soll. Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich ihn mitgenommen
habe. Sagst du mir, was drin steht, oder muss ich ihn öffnen? Als ich das
lese, bleibt mein Herz fast stehen. Ich schaue auf mein Nachtkästchen. Und erst
jetzt fällt mir wieder ein, dass ich ihn dort hingelegt habe. Ich hatte es
vergessen. Wie konnte er ihn einfach mitnehmen? Hätte ich das auch getan?
Vermutlich schon. Vielleicht wäre es am besten, wenn er ihn einfach liest. Das
wäre am einfachsten. Aber es kommt mir nicht richtig vor. Dann piept es wieder. Marie... wenn dieser Brief mir Aufschluss darüber geben kann, was mit dir
los ist, dann werde ich ihn lesen. Ich werde ihn so oder so lesen, wenn du
nicht antwortest... Und dann wähle ich seine Nummer. Ich muss mit ihm
reden.
    Es klingelt noch nicht einmal, da ist er schon dran.
    „Marie?“
    „Ja, ich bin’s...“
    „Ich werde ihn jetzt lesen.“
    „Wo bist du?“ Eigentlich frage ich mich, warum ich ihn das
überhaupt frage.
    „Bei Helene.“
    „Wenn du meinen Brief in ihrem Beisein öffnest, dann bist du für
mich gestorben...“
    „Sie ist nicht hier.“
    „Ich will nicht, dass du ihn liest. Hätte ich es gewollt, hätte
ich ihn dir schon gegeben.“
    „Ich weiß.“
    „Ja und?“
    „Nichts und... ich werde ihn lesen, wenn du mir nicht endlich
sagst, was los ist.“
    „Das sage ich dir nicht am Telefon.“
    „Gut, dann komm ich zu dir.“
    „Aber lass dich nicht von ihr fahren.“
    „Du hast uns gesehen?“
    „Offensichtlich hab ich euch gesehen. Hellseherische Kräfte habe
ich noch keine entwickelt.“
    „Du warst nicht bei Pascal?“
    „Nein.“
    „Aber du hast doch gesagt...“
    „Ich weiß, was ich gesagt habe, aber ich war nicht dort.“
    „Ich komme vorbei... und ich lasse mich nicht von ihr fahren.“
    „Gut, dann bis gleich...“
    „Ach ja, und Marie?“
    „Ja?“
    „Den Brief werde ich nicht mitnehmen... wenn du es mir heute nicht
sagst, werde ich ihn lesen.“ Ohne mich zu verabschieden, lege ich auf.
    Ich sitze in meinem Bett und frage mich, was ich sagen soll…
Eigentlich beeindruckt es mich, dass er den Brief nicht längst gelesen hat. Ich
hätte das nicht gekonnt. Ich hätte ihn bestimmt schon gelesen.
    Ich weiß nicht, wo die blöde Schlampe wohnt, deswegen habe ich
keine Ahnung, wie lange es dauern wird, bis er da ist. Und bei jedem noch so
kleinen Geräusch zucke ich zusammen, weil ich mir sicher bin, dass es gleich
klingeln wird.
    Und obwohl ich mich darauf gefasst mache, dass er jeden Moment
ankommen könnte, erschrecke ich trotzdem zu Tode, als es dann endlich klingelt.
Unsicher gehe ich zur Tür und öffne. Jeden Moment wird er vor mir stehen.

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