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Irgendwo dazwischen (komplett)

Irgendwo dazwischen (komplett)

Titel: Irgendwo dazwischen (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Freytag
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darüber freuen. Und es wäre schön, dich irgendwann einmal
wiederzusehen. Ich wüsste gerne wieder, wie es ist, dir in die Augen zu
schauen. Vielleicht schaffe ich es bis dahin auch wieder, mir selbst auf
Augenhöhe zu begegnen.
    Es tut mir Leid, dass ich dich verletzt habe. Das hätte ich nicht
tun dürfen. Und ich wollte es auch nicht. Ich wollte mich beschützen. Ich
hoffe, du kannst mir verzeihen und glaubst mir, dass ich nichts jemals mehr
bereut habe.
    Ich schicke dir eine Umarmung.
    Pass auf dich auf.
    Deine Emma
    Lange starre ich auf den nun fertigen Brief. Und je öfter ich ihn
lese, desto klarer wird es mir, dass er genau das ausdrückt, was ich fühle. Und
das will schon etwas heißen. Ich schaffe es normalerweise nie, meine Gefühle zu
ordnen. Ich habe ja auch ein ganzes Zeitchen dafür gebraucht. Jahre.
    Und weil ich weiß, dass ich es mir sonst bestimmt anders überlege,
stecke ich den Brief sofort in einen Umschlag, schreibe seine Adresse von einem
anderem ab, klebe eine Briefmarke in die Ecke, schlecke über die Lasche des
Umschlags und klebe ihn zu. Unschuldig liegt er vor mir auf dem Tisch. Es ist,
als würde er mich ansehen. Fast scheint es, als würde er flüstern, dass ich ihn
ohnehin nicht abschicken werde. Und weil ich es wirklich bedenklich finde, dass
ich mich von einem kleinen Umschlag verhöhnen lasse, gehe ich kurzerhand los,
und werfe ihn, ohne darüber nachzudenken, in den Briefkasten an der nächsten
Straßenecke.
    Kaum haben meine Finger ihn losgelassen, frage ich mich, ob es
richtig war, das zu tun. Doch nun ist es zu spät. Und auch wenn ich kurz mit
dem Gedanken spiele, den Briefkasten aufzubrechen und meinen Brief wieder rauszuholen,
weiß ich, dass es an der Zeit war ihn abzuschicken. Es war schon lange
überfällig.
     
    Lili
    „Guten Morgen, mein Schatz.“ Die Sonne scheint schon ins
Wohnzimmer, als ich verschlafen die Augen öffne.
    „Guten Morgen...“ Als ich mich zur Seite drehe, fühlt sich mein
Rücken unheimlich steif und unbeweglich an. „Die Nacht auf dem Betonboden war
vielleicht sehr romantisch, dafür muss ich jetzt vorerst einmal die Woche zur
Krankengymnastik und brauche mindestens eine Fango-Packung.“
    „Meine Lendenwirbelsäule fühlt sich auch irgendwie falsch an...
Aber diese Erfahrung war es wert...“ Elias bückt sich zu mir und küsst mich,
nachdem er das sagt.
    „Ich muss unbedingt duschen...“
    „Ich muss jetzt dann sowieso gehen. Um eins muss ich bei der
Arbeit sein.“
    „Aber es ist erst halb zwölf... Geh’ doch mit mir duschen...“
    „Nichts täte ich lieber...“
    „Aber?“, erwidere ich.
    „Nichts aber... gehen wir duschen, nackt sind wir ja schon...“
    Zusammen zu duschen, erweist sich als schwieriger als ich
angenommen hatte. Denn Elias duscht gewöhnlich mit kochend heißem Wasser, ich
dagegen lieber lauwarm, wenn nicht sogar kühl. Nach einigem Kreischen und
Seufzen einigen wir uns auf eine Kompromisstemperatur und tasten uns unter den
Wasserstrahl. Da unsere Dusche ziemlich eng ist, und selbst das ist noch eine
Untertreibung, ist es schier unmöglich, zu zweit zu duschen, außer es handelt
sich um zwei Gummimenschen. Und weder Elias noch ich zählen zu der besonders
beweglichen Sorte Mensch, insbesondere nach der vergangenen Nacht. Die Vorstellung,
gemeinsam zu duschen, ist völlig realitätsfern. Denn in meiner Vorstellung
schaffen wir es aus der Dusche ohne blaue Flecken und Frakturen.
    In der Realität jedoch ramme ich Elias meinen Ellenbogen ins
Schienbein, als ich mich zu meinem Duschgel bücke. Wenig später erwischt er
meinen Hinterkopf unsanft mit seinem, als er sich umdrehen will. Fluchend und
lachend stehen wir beengt aneinander. Seine nasse Haut an meiner und das Gefühl
von warmem Wasser, das zwischen unseren Körpern hindurchfließt. Mit seinen
großen Händen schäumt er meine Brüste ein, gleitet hinunter zu meinem Bauch,
zwischen meine Beine und dann weiter zu meinem Po, während meine Hände seinen
Körper abtasten. Es ist immer wieder unfassbar, dass das keine Fantasie ist.
Ich dusche mit Elias. Seine Lippen sind rutschig und glitschig vom Wasser.
Elias schaut mich an. Seine langen, schwarzen Wimpern kleben aneinander.
„Kommst du irgendwie ans Shampoo, Kleines? Ich will dir keine inneren
Verletzungen zufügen beim Versuch, mich zu bücken...“ Ich muss lachen. Langsam
gehe ich in die Hocke und taste blind nach den verschiedenen Flaschen, die
inzwischen alle in der Duschwanne verteilt sind und wild umher

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