Irgendwo dazwischen (komplett)
abgewinnen, um
sie gut zu nennen. Damit gehören sie nicht zu der Art Film, die ich immer
wieder sehen will. Es gibt durchaus Filme, die ein absolut unglaubliches
Drehbuch haben, oder durch herausragende schauspielerische Leistungen
bestechen. Oder solche, die einen enorm zum Nachdenken anregen. Wenn einen das
Nachdenken aber nirgends hinführt, ärgert mich das. Es ärgert mich tatsächlich
so sehr, dass ich einen David Lynch fragen möchte, was er sich dabei gedacht
hat, einen Film wie Mulholland Drive zu produzieren. Vielleicht bin ich
aber auch einfach zu schlicht, um eine derart tiefgründige Handlung wahrhaftig
verstehen zu können. Und ja, es könnte auch sein, dass ich mich sperre.
Parallelexistenzen sind eben nicht jedermanns Sache. Und ich finde das auch
nicht wirklich tragisch.
Als wäre David Lynch nicht schon schlimm genug, schlägt Elias als
nächstes 21Grams vor. Und auch diesen Film habe schon ich gesehen. Es
ist ein wirklich guter Film. Vor allem, wenn man einen Grund sucht, um sich das
Leben zu nehmen. Alle Filme, die mein Freund sehen will, sind Meisterwerke. Und
auch wenn sie das vielleicht sind, mir tun solche Filme nicht gut. Denn sie
beschäftigen mich nicht nur, sie fressen mich förmlich von innen auf. Ich denke
noch Wochen über sie nach, frage mich, was wohl der tiefere Sinn dahinter gewesen
sein könnte, wenn es denn überhaupt einen gibt, außer mich um den Verstand zu
bringen, und ärgere mich, wenn der Film letzten Endes hauptsächlich einen üblen
Nachgeschmack hinterlässt. Meine Biologie-Lehrerin, und damit meine ich nicht
die beschränkte Frau Hornung, sondern eine wirklich fähige, meinte, dass jeder
Film eine Dreckspur im Gehirn hinterlässt. Damit denke ich, könnte sie Recht
haben.
Möglicherweise bin ich auch einfach zu zynisch. Wenn irgendjemand
einmal beschlossen hat, dass etwas gut ist oder gar ein Meisterwerk, und alle
anderen sich diesem Urteil einfach fügen, ist das etwa richtig? Ob nun bei
Büchern oder Filmen. Sobald irgendein namhafter Kritiker nämlich entscheidet,
dass etwas gut oder schlecht ist, entscheidet er damit über den Erfolg oder das
Scheitern der Arbeit eines Künstlers und damit vielleicht über dessen Zukunft.
Denn wenn eine Kritik erst einmal sagt, etwas sei schlecht, machen die
wenigsten Menschen sich noch die Mühe, sich selbst eine Meinung zu bilden. Und
genau das finde ich schwach. Es ist doch noch so, dass Geschmäcker verschieden
sind, oder hat ein Kritiker irgendwann beschlossen, dass diese wunderbare
Eigenschaft abgeschafft wird? Schließt allein die Tatsache, dass jemand Die
unerträgliche Leichtigkeit des Seins gelesen hat, denn automatisch auf
einen hohen Intellekt? Oder zeugt es von Tiefe, wenn man bei der Rubrik
Lieblingsfilme Mullholland Drive oder 21 Grams angeben kann? Denn
ich habe Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins gelesen, und ich fühle
mich seitdem kein bisschen intelligenter. Und auch David Lynch hat mich nicht
wirklich zu einem tiefgründigen Menschen gemacht. Vielleicht sollte ich mir Tristan
und Isolde aufs Nachtkästchen legen – selbstverständlich mit unzähligen
eingeknickten Seiten, die beweisen, dass ich das Werk auch tatsächlich lese.
Meiner Meinung nach verhindern es Prädikate wie meisterhaft , dass
Menschen für sich selbst denken. Jemand anders hat sich schon eine Meinung für
sie gebildet.
Ich zum Beispiel lese manchmal ganz gerne die Neon . Das bedeutet
aber nicht, dass ich deswegen nicht auch die Gala lese. Und viele
Menschen würden mich allein deswegen als schlicht und hohl verurteilen. Ich
persönlich finde ja, die Gala hat fast schon therapeutische Wirkung.
Mein Gehirn kann abschalten und zur selben Zeit erkennen, dass auch die Schönen
und Reichen ihr Päckchen zu tragen haben. Und ich kenne keine Frau, die beim
Friseur oder Arzt nicht mit als erstes zur Gala oder Bunten greift. Doch die meisten stehen zu dieser Schwäche nicht öffentlich. Da
wird die Klatschzeitung lieber in die Süddeutsche gewickelt, wenn man
unterwegs ist. Ich gehöre nicht zu den Menschen, die Querdenker Kreuzworträtsel lösen können. Macht mich das dumm? Und manche Spiegel -Artikel
schüchtern mich schon ihrer Länge wegen ein. Was sagt das über mich aus? Fakt
ist, dass der Kassierer niemals einen schwachen Spruch ablassen würde, wenn man
ihm die Neon , das Managermagazin und die Wirtschaftswoche auf die Theke knallt. Wenn aber die Gala dabei wäre, sänke mein IQ
augenblicklich um mindestens 30 %. Das ist so
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