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Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition)

Titel: Irondead: Der zehnte Kreis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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erwiderte ich. »Es geht mich nichts an. Und ich will es auch gar nicht wissen.«
    »Und warum fragen Sie dann?« Irgendwie gelang es ihr, ein gutes Stück von mir wegzurücken, ohne sich überhaupt zu bewegen.
    »Irgendwo muss ich anfangen«, antwortete ich. »Wenn Sie wirklich Jacobs’ besonderes Vertrauen genießen, dann wissen Sie vielleicht auch etwas, das uns weiterhilft, und …«
    Ich unterbrach mich, als ich eine Bewegung aus den Augenwinkeln wahrzunehmen glaubte. Ganz unabsichtlich sah ich nun doch aus dem Fenster, und tatsächlich jagten die Fassaden dort so schnell vorüber, dass mir leicht schwindelte. Hinter einigen Fenstern brannte bereits Licht, was den verwirrenden Eindruck noch verstärkte. Eine Bewegung nahm ich jedoch nicht wahr, allenfalls eine Reflexion in den mit kunstvollen Blumenmotiven geätzten Scheiben. Und was sollte sich hier drinnen auch bewegen?
    »Ja?«, fragte Allison, und das auf eine ganz besondere Art, die mir klarmachte, dass ich wohl schon eine geraume Weile stumm und wie erstarrt dagesessen und mit vermutlich nicht besonders intelligentem Gesichtsausdruck aus dem Fenster gestarrt hatte.
    »Was genau wollte er dort draußen, auf der Werft?«
    Da war wieder dieses Klirren, das diesmal weit näher daran war, eine ganz bestimmte Erinnerung zu wecken, und das unheimliche Gefühl eines Huschens, das nur aus den Augenwinkeln wahrzunehmen war und augenblicklich verschwand, sobald ich es mit Blicken zu fixieren versuchte.
    »Mister Devlin?« Allisons Stimme klang ein wenig alarmiert.
    »Nichts«, antwortete ich hastig. »Bitte verzeihen Sie. Ich war … in Gedanken.«
    »Keinen sehr angenehmen, wie mir scheint.«
    »Nein«, räumte ich unumwunden ein, machte aber auch keine Anstalten, dieses Eingeständnis weiter zu erklären, sondern maßregelte mich innerlich und kam wieder auf das ursprüngliche Thema zurück. »Die Werft.«
    »Wir fahren nicht zu Harland & Wolff«, antwortete sie kopfschüttelnd. »Das wäre im Moment … nicht besonders klug.«
    Das fast unmerkliche Stocken in ihren Worten entging mir keineswegs. »Warum?«, hakte ich nach und war selbst ein wenig überrascht, wie sehr sie diese nichts anderes als routinemäßige Frage offensichtlich in Verlegenheit brachte.
    »Sir Edward und Stanley… arbeiten eng zusammen«, antwortete sie, nicht nur abermals nach einem nun schon deutlicheren Zögern, sondern jetzt sogar meinem Blick ausweichend. »Sie sind sogar so etwas wie Freunde. Aber sie möchten nicht, dass allzu viel darüber gesprochen wird.«
    »Und warum nicht?«
    Allison hob die Schultern. »Das weiß ich nicht.«
    Sie war eine erbärmliche Lügnerin, stellte ich erneut fest, auch wenn sie das eher noch sympathischer machte. Doch das war nicht der Grund, aus dem ich nicht noch weiter nachfragte. Ich war ziemlich sicher, dass sie sehr wohl wusste, warum Sir Edward Harland und Stanley Jacobs nicht wollten, dass allzu viel von dem speziellen Arrangement publik wurde, das sie zweifellos miteinander getroffen hatten. Nicht, dass mich der Gedanke auch nur im Geringsten überraschte oder ich etwas anderes erwartet hätte. Auch wenn es mich wenig interessierte, so war mir doch klar, dass der Bau eines so gigantischen Schiffes wie der Titanic eines der größten Projekte sein musste, die jemals in dieser Stadt realisiert worden waren, und es gab keine so großen Projekte ohne eine Menge Mauscheleien, deren Anzahl normalerweise proportional zur Größe des besagten Projektes stieg. Vielleicht hatte mir Carter gerade den ersten Hinweis darauf geliefert, was wirklich hinter Stanley Jacobs’ Verschwinden steckte. Aber vielleicht war es einfach klüger, es für den Moment dabei bewenden zu lassen.
    »Wohin fahren wir dann?«, fragte ich nur.
    »Stockwell & Sons«, antwortete sie. »Ein Montagebetrieb, nicht weit von der Werft entfernt. Stanley hat dort einige Räumlichkeiten angemietet.« Sie hob die Schultern. »Ich weiß nicht genau, was er dort wollte. Niemand hat ihn an diesem Tag gesehen. Die Polizei hat sein Automobil in der Nähe gefunden, weshalb sie annehmen, dass er wohl noch einmal dort war, um irgendetwas zu überprüfen, aber niemand weiß, was. Auch ich nicht.«
    »Und er hat nichts gesagt?«, hakte ich noch einmal nach. »Nicht einmal eine Andeutung gemacht?«
    Allison hob nur mit einem freudlosen Lächeln die Schultern, aber die scharfe Entgegnung, mit der ich rechnete, kam nicht. »Stanley hat eigentlich nur Andeutungen gemacht. Und deswegen fahren wir ja auch

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