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Irrliebe

Irrliebe

Titel: Irrliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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fragte Ylberi.
    »Nein, reines Hochdeutsch.«
    »Gewicht, Kleidung, Haare, Gesicht?«, forschte Ylberi weiter.
    »Normales Gewicht, vielleicht ein wenig stämmig, dunkle Haare, beginnende Glatze in den Ecken, schmales Gesicht, Zähne gepflegt.« Frau Swoboda schloss die Augen und versuchte, sich den Mann in Erinnerung zu rufen.
    »Haare nach hinten gekämmt«, fiel ihr noch ein. »Dunkle Lederjacke, blaue Jeanshose, soweit ich weiß. Schuhe weiß ich nicht mehr«, entschuldigte sie sich.
    »Was machte den Mann so bedrohlich?«, wollte Ylberi wissen.
    Antje Swoboda dachte nach. Die Bilder des gestrigen Tages schienen präsent.
    »Es waren die gesamten Umstände«, meinte sie. »Dass er lautlos erschienen war, die Art, wie er sprach und die Ankündigung, dass er – wie er wörtlich sagte – rabiater werde, wenn er nicht endlich Dominique sprechen könne. Das machte mir Angst, weil seine Worte ja auch bedeuten können, dass er hier im Büro rabiater auftritt, wenn er an Dominique nicht herankommt. Darum habe ich ihr gesagt, dass sie das der Polizei melden solle, denn ich möchte nicht, dass ich hier in etwas reingezogen werde. Es ist genug passiert in diesem Hause.«
    Ylberi verstand.
    »Haben Sie den Eindruck, dass Dominique die Sache nicht ernst nimmt?«, fragte Frau Swoboda.
    »Doch, das tut sie«, beruhigte Ylberi. »Sonst wäre sie heute nicht in mein Büro gekommen, um von diesem Vorfall zu berichten. Sie hatte auch ihren Anwalt mitgebracht.«
    »Einen Herrn Knobel, ich weiß«, nickte Frau Swoboda. »Dominique hat mir erzählt, dass sie ihn beauftragt hat.«
    »Nein, er heißt Löffke«, korrigierte Ylberi. »Sie wurde zuvor von Herrn Knobel betreut und ist jetzt zu Löffke gewechselt. Er sitzt im selben Kanzleigebäude. Es ist eine Bürogemeinschaft.«
    »Und was sagt Dominiques Anwalt zu diesem Vorfall?«, fragte Frau Swoboda.
    »Ich glaube, Herr Löffke hat Frau Rühl-Brossard geraten, sich uns anzuvertrauen«, schätzte Ylberi. »Und das war ein guter Rat.«
     
     

20
    Staatsanwalt Ylberi vermerkte den Inhalt der Aussage von Frau Swoboda in seiner Akte. Die Beschreibung des Mannes, der in der Frühe des gestrigen Tages das Haus von Frau Rühl-Brossard betreten hatte und sie zu sprechen verlangte, war zu allgemein, als dass auf ihrer Basis eine Fahndung erfolgversprechend gewesen wäre. Er veranlasste, Hausbewohner in der näheren Umgebung danach zu befragen, ob sie den Mann bemerkt hatten.
    Die Gedanken des Staatsanwaltes kreisten um die Aussagen der Zeugen, die Franziska Bellgardt in Begleitung eines Mannes gesehen hatten, der Pierre Brossard hätte sein können. Abgesehen von dem französischen Akzent passte auch seine äußere Beschreibung im Groben zu derjenigen des Ehemannes von Dominique, während im Detail Abweichungen bestanden, die möglicherweise objektiv erklärbar waren, jedoch Ylberis Zweifel bestärkten: Die Kopfverletzung am Türbalken der Kellertoilette im Moselgold oder der Fleck auf der Schulter des Mannes, der gemeinsam mit Franziska Bellgardt vom Turm in das Schwimmbecken sprang. Der Staatsanwalt erfuhr, dass Pierre in der Tat ein begeisterter Schwimmer war und gelegentlich auch Sprünge vom Dreimeterbrett machte. Ylberi, der nach wie vor davon ausging, dass Pierre Brossard keine leidenschaftliche Liebesaffäre zu Franziska Bellgardt gepflegt haben konnte, war sich sicher, dass die Person, die Pierre Brossard in der Rolle des Partners von Franziska Bellgardt spielte, den tatsächlichen Pierre Brossard so gut wie möglich zu kopieren versuchte, ohne dass es gelang, jene Fehler zu vermeiden, die ihm im Schauspiel des gelebten Alltags zwangsläufig unterlaufen mussten. Ylberi war sich sicher, dass die Zeugin Jessica Schneider eines der drei Bilder von den Sprüngen, die Franziska gemeinsam mit ihrem Partner machte, nicht deswegen löschen musste, weil er – wie er sich ausdrückte – dumm auf diesem Foto aussah, sondern allein deswegen, weil dieses Foto vermutlich bewiesen hätte, dass es sich bei dem Mann nicht um Pierre Brossard gehandelt hatte. Entsprechende Nachfragen bei den Schulfreundinnen bestätigten dies. Sie konnten sich daran erinnern, dass das gelöschte Bild das Gesicht des Mannes gezeigt hatte, vermochten es jedoch nicht mehr im Detail zu beschreiben.
    Ging es somit darum, lediglich Pierre Brossard in seiner Rolle als Liebhaber einer Frau vorzutäuschen, konnte dies nur Sinn machen, wenn es hierbei nicht auf die Person Franziska ankam. Denn wenn sich Franziska und der

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