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Irrliebe

Irrliebe

Titel: Irrliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Fahrräder interessieren ihn nicht!«
    »Keine weiteren Fragen, Herr Ylberi!«, bestimmte Löffke und führte seine Mandantin entschlossen aus dem Büro.
     
     

19
    Ylberi vernahm Antje Swoboda noch am selben Tag gegen 18 Uhr in ihrem kleinen Büro im Studiobereich des Hauses von Dominique Rühl-Brossard. Frau Swoboda wies sich mit ihrem Personalausweis aus. Die 34-jährige zierliche Frau wirkte verstört, als Ylberi sie eindringlich dazu ermahnte, nur ihre tatsächlichen Beobachtungen wiederzugeben und kein aus der Phantasie entspringendes Bild zu zeichnen. Antje Swoboda nickte schüchtern. Sie schloss die Tür ihres Büros. Ylberi nahm auf einem alten Drehstuhl in dem funktional eingerichteten Zimmer Platz, dessen Sitzfläche mit einem verschlissenen grauen Stoff bezogen war. Auf dem gegenüberliegenden Arbeitsplatz der Architektin standen zwei großformatige Bildschirme.
    »Ich hätte Reißbretter in Ihrem Büro erwartet«, staunte Ylberi und wollte das Gespräch entkrampfen. »Mein Vater war Architekt. Ich erinnere mich noch an die großen Zeichenplatten im Keller unseres Hauses in Prizren, eine wunderschöne Stadt im Kosovo. Dort hat er gearbeitet und mich und meine Schwester Bjonda verscheucht, wenn wir als kleine Kinder spielen wollten und ihn bei der Arbeit störten. Kurze Zeit später sind wir nach Deutschland gegangen. Als Student wollte ich meinem Vater nacheifern, bis ich merkte, dass mir Architektur überhaupt nicht liegt. Also studierte ich aus Verlegenheit Jura und wurde, als ich die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt hatte, Beamter. So begann meine Karriere als Staatsanwalt.«
    »Die Zeiten haben sich überall geändert«, meinte Frau Swoboda. Sie band ihr schulterlanges blondes Haar mit einem Haargummi zu einem Zopf und lächelte unsicher.
    »Wie lange arbeiten Sie schon für Frau Rühl-Brossard?«, fragte Ylberi.
    »Im kommenden Februar werden es drei Jahre. Es ist eine gute Arbeit hier. Es sind interessante Projekte. So etwas findet man woanders kaum. Der durchschnittliche Architekt plant gewöhnliche Häuser oder Industrieanlagen. Dominique hingegen zaubert Kunstwerke.«
    »Also ist Ihre Arbeit hier ein Karrieresprungbrett«, folgerte Ylberi, »oder werden Sie längerfristig bleiben?«
    »Ich weiß es noch nicht«, antwortete Frau Swoboda. »Es gibt viele Optionen.«
    »Aber die Arbeit hier ist nicht immer einfach«, griff Ylberi vor. »Jedenfalls eilt den Arbeitsverhältnissen mit Frau Rühl-Brossard ein entsprechender Ruf voraus.«
    Frau Swoboda schwieg unsicher.
    »Probleme gibt es überall«, relativierte sie. »Jeder muss sehen, dass er seine Chancen nutzt. Was ich hier lerne und an Kontakten aufbaue, ist unbezahlbar. Dominique ist keine Chefin, die ihre Angestellten in einem Käfig hält. Wir dürfen sie auf alle Baustellen begleiten und häufig auch an Besprechungen mit den Bauherren teilnehmen. – Vielleicht tut sie dies auch nur, um sich noch etwas wichtiger zu machen«, schränkte sie mit scheuem Lächeln ein. »Aber es ist okay. Wir haben alle etwas davon.«
    »Sie haben Frau Rühl-Brossard von diesem Mann erzählt, der gestern Morgen in den Büroräumen auftauchte. Wie ist er hineingekommen?«
    »Normal durch die Tür«, antwortete sie. »Derjenige von uns, der morgens als erster kommt, schließt die Haustür und die Tür zum Studio auf. Besucher müssen unten nicht klingeln. Dominiques Wohnbereich ist natürlich verschlossen. Da kommt auch tagsüber keiner rein. Sie will nicht, dass da jemand ungefragt eintreten kann.«
    »Sie haben den Mann nie zuvor gesehen?«, vergewisserte sich der Staatsanwalt.
    »Nein, nie!«, bekräftigte sie.
    »Beschreiben Sie ihn!«, bat Ylberi. »Und denken Sie dabei an meine einleitenden Worte. Wenn Sie, vielleicht wegen des Schrecks, etwas nicht genau wissen, dann ist das völlig in Ordnung. Der Mann war ja wohl auch nur kurz da. Die Fantasie spielt einem manchmal in solchen Dingen einen Streich. Das ist bekannt.«
    Antje Swoboda schien erleichtert.
    »Ich kann wirklich nicht viel sagen«, gestand sie. »Er stand unvermittelt im Studio. Er war barsch, fordernd und irgendwie schien es, als sei er nicht das erste Mal hier. Ich schätze ihn auf Mitte 40, einigermaßen groß …«
    »Größer als Pierre Brossard?«, unterbrach Ylberi.
    »Ich habe beide nicht vermessen«, lächelte sie. »Ich weiß es nicht. Aber es kann sein, dass der Typ von gestern etwas größer als Pierre war. Aber beschwören könnte ich es nicht.«
    »Französischer Akzent?«,

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