Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
zerfleischte ihre Organe, aber das schwarze Wasser strömte herein und heilte die Wunden so schnell, wie sie geschlagen wurden.
    Langsam, langsam, trotz ihrer Bemühungen, ihres verzweifelten Kampfes, in dem gebärenden Körper zu bleiben, wurde die Alte aus dem Schoß gedrängt: Sie versprühte Wut und Haß. Die Wehen kamen schneller, wurden heftiger, stärker.
    Der Nayid-Embryo kratzte und kämpfte, kreischte stumm in Entsetzen und blindem Zorn - und wurde in die kalte Nachtluft ausgestoßen. In Blut gehüllt, von den gelatineartigen Flimmerhärchen umwickelt, zappelte das Ding, tobte, starb.
    Und die schwarzen Wasser stürmten durch Aleytys’ zerschlagenen, erschöpften Körper.
    Eine Weile … Ihre Dauer unbekannt … Aleytys öffnete die Augen, fühlte sich leicht und frei, fast glücklich … da war noch immer diese Sache, die sie vergessen hatte. Sie quälte sie immer wieder, doch sie ignorierte die Stöße. Sie setzte sich auf und schaute sich um. Aamunkoitta, in den Falten des Vorhangs versteckt, starrte sie an, mit offenem Mund, Entsetzen stand in den schlaffen Muskeln ihres Gesichts geschrieben. Aleytys bewegte sich ungeduldig, fühlte einen kalten, schleimigen Klumpen zwischen den Beinen. Sie schaute hinunter.
    Im schwachen Mondlicht, das durch den schmalen Schlitz in dem Wand-Fenster-Gobelin sickerte, sah sie den mißgestaltigen Klumpen die bleichen Laken beflecken, eine graue, widerliche, stinkende Schweinerei. Sie rutschte aus dem Bett, darauf bedacht, sie nicht noch einmal zu berühren.
    „Was ist das?” Aamunkoitta sprach langsam, zögernd, gab sich vorübergehend ihrer Neugier hin. „Es ist kein …”
    „Kein Kind von mir. Das ist das widergeborene Fleisch der alten Königin. Sie ist endlich tot, endgültig absolut tot.” Aleytys blickte mit stiller Befriedigung zurück, auf das Ding auf dem Bett, wandte sich dann entschlossen ab. „Ich brauche ein Bad.”
    „Jetzt?” Aamunkoittas Stimme klang eindringlich mißbilligend.
    „Nein.” Aleytys kicherte, ein seltsamer Ton in dem kalten, stillen Raum. „Nackt kam ich auf diese Welt, nackt scheine ich sie auch wieder zu verlassen.”
    „Was?”
    „Nichts, Kätzchen.” Sie zog den Gobelin beiseite und schaltete das Licht im Badezimmer an. Sie ließ Aamunkoitta ungeduldig zurück, die Hiiri hüpfte von einem Fuß auf den anderen; Aleytys trat in das Badezimmer.
    Später - die luxuriöse Wärme des Badewassers hüllte sie noch ein - schwebte Aleytys schläfrig aus dem Badezimmer. „Kätzchen?”
    „Hier, Kunniakas.” Die Hiiri kauerte fast unsichtbar im Schatten neben dem Bett, nur ein paar Fuß entfernt.
    Aleytys wickelte das Handtuch um ihr feuchtes Haar. Sie blickte sich um. „Ich wüßte gern, ob es in diesem Gefängnis noch etwas zum Anziehen gibt.”
    Aamunkoitta zuckte mit den Schultern. Sie stand auf. „Warum gehst du nicht weg?” flüsterte sie. „Es sind jetzt keine Wachen mehr dort draußen.”
    Aleytys lächelte. „Nein”, sagte sie leise. „Nein, ich habe hier noch viele Dinge zu erledigen.” Sie bewegte sich an der Wand entlang, fetzte dann wieder einen Behang zur Seite.
    In der Kleiderkammer waren die Regale und Haken bis auf eine Ausnahme leer. Ordentlich gefaltet, von einer feinen Staubschicht bedeckt, lag der weiße Lederanzug von den Hiiri da, wartete auf sie. Sie schüttelte ihn aus. Bevor anonyme Hände die Kleidungsstücke weggelegt hatten, waren der Schmutz und das Blut beseitigt worden; nur ein paar schwache, fast unsichtbare Flecken waren zurückgeblieben. Das Leder roch ein wenig muffig. Aleytys kräuselte die Nase.
    Plötzlich überflutete sie die Erinnerung an jenen Tag, an dem sie diese Kleidungsstücke das letzte Mal getragen hatte, sie sah das rote Auflodern, die schwarze, schreiende Silhouette.
    Sie glaubte, weinen zu müssen. Ihre Augen brannten. Nein.
    Keine Tränen mehr übrig, nur ein übles Gefühl in ihrem Magen, eine einsame Kälte, die in ihrem Mund einen bitteren Geschmack hinterließ. Sie schloß die Augen und lehnte sich einen Moment lang gegen die Wand, bis dieser schlimme Augenblick verging.
    Sie fixierte ihren Verstand auf den Augenblick, glitt von der verwirrenden Erinnerung weg, schlüpfte in die tief gefranste Jacke, die weichen, geschmeidigen Beinkleider, die Mokassin-Stiefel; schwerfällig verließ sie den Raum, wobei sie das Licht sorgfältig mit der Handfläche ausmachte, sorgfältig den Gobelin vor den Bogendurchgang zog und die Falten in strenges symmetrisches Plissee

Weitere Kostenlose Bücher