Isabellas Unterwerfung
machte sich auf den Weg in ihre einsame Wohnung. Bloß gut, dass morgen die Stellwände aufgebaut wurden, sonst würde ihr die Decke auf den Kopf fallen. Andererseits hätte sie Lucian begleiten können, wenn die Ausstellung nicht wäre.
Die Tür wurde ihr von Clarence geöffnet. „Hallo, Ms. Isabella.“
„Clarence? Ihre Schicht beginnt doch erst in zwei Stunden.“
Er zuckte die Schultern und sah plötzlich sehr erschöpft aus. „Ich wollte nicht allein in meiner kleinen Wohnung sitzen. Hier fühle ich mich am wohlsten.“
Isabella hob ihre Tüten an. „Würden Sie mit mir zu Abend essen? Ich möchte auch nicht allein sein.“ Clarence strahlte von einem Ohr zum anderen und geleitete sie zum Aufzug.
In ihrer Küche angekommen, verteilte Isabella das Essen auf zwei Teller, öffnete eine Flasche Wein und entzündete die Kerzen auf dem Tisch. Clarence stand im Wohnzimmer und sah sich um. Wie viele Stunden hatte er in dieser Wohnung verbracht? Wie viele glückliche Stunden? Die schönsten Jahre seines Lebens. Wieder spürte er diese Schwäche in sich. Clarence seufzte leise. Er spürte, wie das Leben unaufhörlich aus seinem Körper wich. Daphne, mein Engel, ich komme bald zu dir. Ein seliges, zufriedenes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Es war gut so. Er hatte sein Leben gelebt, und die letzten Jahre ohne Daphne waren schwer für ihn gewesen. Jetzt, da er wusste, dass es Isabella gut ging, dass sie glücklich war und die Liebe gefunden hatte, würde ihm der Abschied nicht schwerfallen.
„Setzen Sie sich doch bitte, Clarence“, riss Isabellas Stimme ihn aus seinen Gedanken. Sie wirkte traurig und ebenfalls erschöpft.
„Ich habe eine Bitte, Ms. Isabella“, sagte Clarence, während er sich setzte.
Sie zog eine Augenbraue nach oben und musterte ihn. „Ja?“
„Bitte sag Du zu mir. Wir kennen uns so lange.“ Er lächelte. „Ich kenne dich dein ganzes Leben lang, Isabella, und es würde mich freuen, wenn du Cle zu mir sagen würdest.“
Gerührt legte Isabella ihre Hand auf die seine. „Das mache ich gern, Cle.“ Überrascht stellte Isabella fest, dass seine Hand eiskalt war. Sie wirkte kraftlos in ihren warmen Händen.
„Kommt Mr. Green heute nicht?“, fragte Clarence und trank einen Schluck Wein.
Isabella schüttelte den Kopf. „Er musste nach Frankreich. Ein Freund von ihm hatte einen Schlaganfall.“
„Ein Freund? In so jungen Jahren einen Schlaganfall?“
„Claremont ist schon älter. Lucian sagte, er wäre ein väterlicher Freund. Er hängt sehr an ihm. Ich habe Lucian nie so erlebt wie heute Morgen, als er den Anruf erhielt. Er hat sich von einer Sekunde zur anderen völlig verschlossen. Es war unheimlich. Plötzlich gehörte ich nicht mehr zu ihm. Er war so unendlich weit weg.“ Noch immer bekam sie eine Gänsehaut, als sie daran dachte.
„Jeder Mensch geht mit einer solchen Nachricht anders um, Isabella. Sicher musste Mr. Green die Nachricht erst verkraften. Er wollte dich ganz sicher nicht verletzen.“
Isabella lächelte ihn dankbar an. „Das weiß ich, Cle. Es hat mich nur erschreckt. Da glaubt man, jemanden zu kennen, und dann sieht man eine andere Seite von ihm. Aber was rede ich? Ich kenne Lucian seit sechs Wochen. Bestimmt hat er viele Seiten, die ich nicht kenne.“
„Du wirkst trotzdem sehr niedergeschlagen.“
„Wir haben uns gestritten, kurz bevor er geflogen ist.“
„Aber ihr habt euch versöhnt?“, fragte Clarence bestimmend.
Isabella musste schmunzeln. „Natürlich haben wir uns versöhnt. Glaubst du, ich habe gar nichts von meiner Großmutter gelernt?“
Wie aus einem Mund sagten sie beide: „Geht niemals im Streit auseinander. Man weiß nie, ob man sich wiedersieht.“ Sie lachten beide.
„Warum habt ihr euch gestritten?“
„Das war eine blöde Geschichte. Ich plane die neue Ausstellung, und der Künstler ist Lucians Freund. Er macht mich wahnsinnig. Erst schickt er mir die Mappe, stimmt der Ausstellung zu, und dann ist er nicht mehr erreichbar. Er lässt mich hängen. Ihm ist der Trubel um seine Person zu viel. Dass ich nicht lache.“ Isabella wurde wütend und aufbrausend. Clarence lehnte sich in seinem Stuhl zurück und lächelte milde. Er kannte dieses Temperament. Daphne hatte das gleiche besessen.
„Jedenfalls war Lucian heute Vormittag bei ihm, da er meine Anrufe ignoriert hat, und Simon hat ihm zugesichert, dass ich die Bilder am Donnerstag bekomme. Im Gegenzug hat Lucian ihm zugestanden, dass er an der Vernissage nicht
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