Isarbrodeln
Laden zu zweit stürmen?«
Er kannte Max’ Vorliebe für unorthodoxe Ermittlungsmethoden zur Genüge. Schließlich waren sie lange genug Kollegen bei der Kripo gewesen. So gemütlich der Raintaler als Privatmensch auch daherkam, sobald er Witterung aufnahm, konnte er zum Tier werden. Das wusste noch heute jeder auf dem Revier.
»Nicht unbedingt«, erwiderte Max. »Wir gehen rein und setzen den Typen unter Druck. Und wenn er sich verdächtig macht, nehmen wir ihn gleich mit.«
»Reicht es nicht, wenn wir ihn morgen ins Revier bestellen? Denk doch bloß an die ganzen bekannten Leute da drinnen. Es könnte gewaltigen Ärger geben, wenn wir den Chef quer durch sein Lokal hindurch abführen.«
»Jetzt sei doch nicht so eine Tussi, Franzi. Der Polizeipräsident wird schon nicht drinnen sitzen. Außerdem haben die sicher einen Hinterausgang.« Er schlug seinem Freund ermutigend mit der flachen Hand auf den kräftigen Schenkel.
»Na gut«, meinte Franz. »Also, dann. Worauf warten wir noch? Gehen wir.«
Sie überquerten die hell beleuchtete Straße. Im Lokal blickten sie zunächst unauffällig über die vielen bekannten Köpfe, unter denen Franz den Polizeipräsidenten zu seiner großen Erleichterung nicht entdeckte, und gingen dann zum Tresen, der rechts von ihnen lag.
»Luigi ist in Küche«, erklärte ihnen der gut aussehende Barmann auf Max’ Frage nach dem Chef. »Ich gehe holen.«
»Na gut. Wir warten hier«, antwortete Franz und lehnte sich lässig gegen die mit Handschnitzereien verzierte, dunkelbraune Mahagonitheke.
Als der glatt gestriegelte Südländer nach drei Minuten immer noch nicht zurück war, wurde Max unruhig.
»Ich glaube, der verarscht uns, Franzi. So weit kann die Küche doch gar nicht entfernt sein. Komm. Wir gehen hinter und sehen selbst nach.«
Er rutschte von seinem Barhocker und hielt auf den Gang zu, in dem der Mann ein paar Minuten zuvor verschwunden war. Zur Küche ging es offensichtlich rechts herum. Max folgte dem Geruch. Franz blieb direkt hinter ihm. Als sie ein paar Meter weiter durch die offenstehende Tür auf der linken Seite traten, drehten sich die fünf Personen, die hier mit Kochen beschäftigt waren, neugierig zu ihnen um.
»Was wollen Sie hier? Sie haben hier nichts zu suchen.« Ein sehr dicker, schwitzender Koch kam mit einem riesigen Fleischermesser in der Hand auf sie zu.
»Kripo München. Wir suchen Luigi. Wo ist er?« Franz hielt ihm seinen Ausweis unter die Nase. »Vorne hat man uns gesagt, dass er hier sei.«
»Hier gibt es keinen Luigi«, raunzte der Mann mit der hohen weißen Mütze, schaute noch grimmiger drein und hob bedrohlich sein Messer.
»Passen Sie auf, mein Freund. Sie haben genau zwei Möglichkeiten«, klärte ihn der gut einen halben Meter kleinere Franz mit schneidender Stimme auf. »Entweder Sie sagen uns auf der Stelle, wo Ihr Chef ist. Oder Sie kommen mit uns auf das Revier und wir führen unser nettes, kleines Gespräch dort fort. Und wenn Sie nicht umgehend Ihr Messer da herunternehmen, fahren wir gleich dorthin und Sie können ein paar Monate lang darüber nachdenken, wie man sich einem Polizeibeamten gegenüber benimmt. Was meinen Sie?«
Der Furcht einflößende Speisenzubereiter schnaufte resigniert auf und legte sein Messer auf der stählernen Arbeitsfläche neben sich ab. »Verzeihung, Commissario«, flötete er, jetzt deutlich um einen freundlicheren Ton bemüht. »Luigi ist gerade mit unserem Barmann in sein Büro nach hinten gegangen. Ich weiß nicht, ob sie noch da drinnen sind. Sie müssen einfach nur den Gang hinuntergehen. Die letzte Tür links ist es dann. Gleich neben dem Notausgang.«
»Na also, geht doch«, stellte Max fest, grinste und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Tschau, die Herrschaften! Und bloß nichts anbrennen lassen!«
»Tschau!«, kam ein vielstimmig geleiertes Echo zurück.
»Da lang, Max!«, flüsterte Franz, als er hinter ihm den spärlich beleuchteten Flur betrat. »Da hinten muss es gleich sein.«
»Na schau mal an. Da haben wir ihn ja«, zischte Max.
Der verschollene Barmann kam aus der besagten Tür auf der linken Seite am Ende des Ganges. Und entdeckte die beiden. Er riss eilig seinen Kopf herum, brüllte etwas in den Raum, aus dem er gerade herausgekommen war und stürzte anschließend wie ein geölter Blitz zu dem Notausgang gleich neben ihm.
»Halt, Polizei!«, rief Franz.
Zu spät. Er war weg. Keine zwei Sekunden darauf nahm ein zweiter, groß gewachsener Mann im Anzug denselben
Weitere Kostenlose Bücher