Isarbrodeln
Doppelte. Da habe ich zu ihm gesagt, dass er verrückt sei. Für so viel Geld bekäme ich zwanzig andere Geheimrezepte. Daraufhin hat er zu schreien angefangen. Ich solle sein Lokal nie wieder betreten, weil Ganoven und Verbrecher bei ihm keinen Zutritt hätten und ich wäre einer von der schlimmsten Sorte.«
»Und dann?« Franz glich jetzt einem dicken Frosch, der gleich seine Zunge herausschnalzen und sein Opfer fressen würde.
»Dann bin ich gegangen und seitdem nie wieder dorthin zurückgekehrt.« Luigi zuckte unschuldig mit den Achseln.
»Aha. Na gut, Herr Danoni. Wo waren Sie am letzten Montag zwischen kurz vor neun und zehn Uhr vormittags?«
»Am Montagvormittag, meinen Sie? Moment mal. Ja, jetzt weiß ich es wieder. Da war ich in der Großmarkthalle und dann noch bei meinem speziellen Fischhändler einkaufen. Und dann sind wir alle hier gewesen und haben das Lokal für das Mittagsgeschäft vorbereitet. Sehen Sie, Herr Hauptkommissar. In meinem Job hat man keine Zeit für einen Mord. Glauben Sie mir.« Er schlug seine rechte Handoberfläche mit heruntergezogenen Mundwinkeln in die linke Handinnenfläche, um die Wahrheit seiner Antwort zu belegen.
»Kann das jemand bezeugen?« Franz war Polizist. Und Polizisten glaubten generell erst mal gar nichts. Egal wie oft einer mit seiner einen Hand in die andere haute.
»Ja sicher. Alle möglichen Leute im Großmarkt, mein Fischhändler, zwei meiner jungen Köche und meine Frau, die ausnahmsweise auch mitgefahren ist, weil wir am Abend einen Empfang für den Herrn Oberstaatsanwalt gegeben haben.«
»Für den Herrn Oberstaatsanwalt?«
»Ja, Sie dürfen ihn gerne fragen.« Luigi hatte sich wieder gefangen. Mit einem arroganten Lächeln demonstrierte er dem kleinen, dicken Polizisten vor sich, wie wichtig ein Wirt ist, dessen Restaurant jeden Tag von den bedeutendsten Leuten der Stadt besucht wird.
»Vielleicht tue ich das sogar. Und mache ihn bei der Gelegenheit auf das Geld in Ihrer Aktentasche aufmerksam. Was meinen Sie, Herr Danoni?«
»Herr Hauptkommissar, bitte. Ich habe Giovanni wirklich nicht umgebracht«, entgegnete ihm Luigi daraufhin gleich wieder ganz und gar unterwürfig. Von seiner gerade noch so selbstbewusst zur Schau getragenen Überheblichkeit war keine Spur übrig. »Glauben Sie mir doch«, fuhr er fort. »Und bitte befragen Sie alle Zeugen, die ich Ihnen genannt habe. Streiten ja, aber töten niemals. Ich bin kein Mörder. Ich bin Gastwirt. Ich will den Menschen Gutes tun.«
»Und vor allem sich selbst«, stellte Max mit einem kurzen Blick auf die Aktentasche trocken fest.
»Na gut, Herr Danoni«, brummte Franz, während er den kleinen Rekorder ausschaltete. »Dann war es das vorerst. Bitte schicken Sie Ihre Frau und Ihre zwei jungen Köche am Montag um neun zu mir aufs Revier, damit wir dort ihre Zeugenaussagen aufnehmen können. Für unsere Akten. Und Sie kommen am besten gleich mit und unterschreiben bei der Gelegenheit Ihre eigene Aussage.«
Mehr holst du aus dem hier und heute nicht heraus, Wurmdobler. Man wird ja sehen, ob er lügt, wenn die Frau etwas anderes sagt als er. Aber so wie es im Moment aussieht, ist er es wohl wirklich nicht gewesen. Und aufgrund von Hörensagen, ohne den geringsten Beweis, darfst du ihn natürlich nicht festnehmen. Da wird dir Max wohl oder übel recht geben müssen.
»Vielleicht kann ich Ihnen ja doch helfen, Commissario«, meinte der Patron noch, als sie sich bereits aus ihren Sitzen erhoben hatten. »Wie man hört, hatte Giovanni mit seinem jungen Meisterkoch, diesem Paolo Gianni, einen großen Streit. Giovanni hatte ihm wohl ohne Claras Wissen eine Menge Geld geliehen. Und wie es heißt, wollte er dieses Geld letzte Woche auf einmal wieder zurückhaben, um Clara ein neues Auto zu schenken. Wie es aussieht, hatte Paolo das Geld aber schon für seine Familie ausgegeben.«
»Woher willst du das denn wissen? Hat Paolo es dir etwa selbst erzählt?«, knurrte Max mit aggressivem Unterton, während er Luigi am Kragen packte. Lass bloß meinen Paolo zufrieden, du widerwärtiger Schleimer, dachte er. Wer so gut kocht wie der, kann gar nicht böse sein. Niemals.
»Hör auf, Max. Lass ihn los. Das bringt doch nichts.« Franz legte seinem alten Freund und Exkollegen sanft die Hand auf die Schulter.
»Wissen Sie, Herr Hauptkommissar, in unseren Kreisen spricht sich alles immer gleich herum«, wandte sich der Lokalbesitzer mit seiner Antwort an Franz, nachdem Max wieder einen Schritt zurückgetreten war. »Wir
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