Isenhart
verdankte.
Zuerst sahen sie die Wimpel, die an langen Lanzen befestigt waren und über den Dächern der Katen zu tanzen schienen. Auf und ab flatterten sie im Winterwind, und im Grunde wäre es ein erbauliches Bild gewesen, wenn darauf nicht ein Maultier zu sehen gewesen wäre, das an einem Brunnen seinen Durst stillte – das Wappen des Klosters von Mulenbrunnen.
Als die Wimpel die letzte Biegung der Siedlung erreichten, gaben die windschiefen Behausungen den Blick auf ihre Träger frei. Drei Reiter sprengten heran, der vordere lenkte sein Pferd nach links, wo ein steiler, steiniger Pfad von der Breite eines Gespanns nach oben führte, zögerte dann aber, als er sie entdeckte. Die drei Männer hielten an und sprachen kurz miteinander, um dann ihre Pferde im Trab zu ihnen zu führen.
»Die hat Wilbrand geschickt«, murmelte Sigimund leise.
»Was wollen die?«, fragte Konrad.
»Das werden sie uns sagen«, antwortete sein Vater ruhig.
Die drei Männer trugen Reiterhosen und einen Lederwams, keine Helme, aber Schwerter. Sie waren bärtig, die Fußtücher durchtränkt von dem Schneematsch, den ihre Pferde aufgewirbelt hatten.
Der erste Reiter stieg vom Pferd und kam auf Sigimund von Laurin zu, der sich unwillkürlich straffte. »Sigimund von Laurin?«, fragte der Mann in die Runde, obwohl seine Augen, die vor allem auf Sigimund ruhten, seine Vermutung bereits zu erkennen gaben.
»Das bin ich«, sagte Sigimund und trat ein wenig vor. Er tat das mit aufreizender Gelassenheit.
»Mein Name ist Hannes von Lauffen«, begann der Reiter, wurde aber sofort von Sigimund unterbrochen.
»Von Davonlaufen?«, fragte er, seine Augen lächelten dabei.
Isenhart kam nicht umhin, die Chuzpe seines Herrn zu bewundern, empfand es aber als ein gefährliches Spiel.
»Hannes von Lauffen«, wiederholte der Mann stoisch, obwohl ihm die Beleidigung nicht entgangen war, »mein Herr, Abt Wilbrand von Mulenbrunnen, schickt mich. Er fordert von Euch die Herausgabe Eures Sohnes Konrad, damit im Kloster Gericht über ihn gehalten werden kann.«
»Andernfalls?«
»Andernfalls wird er sich Euren Sohn holen«, verkündete Hannes von Lauffen.
Isenhart warf Konrad einen Blick zu, dem in diesem Augenblick bewusst wurde, welche Tragweite die Züchtigung des Abtes gewonnen hatte.
»Richtet Eurem Herrn aus, dass er dazu an mir vorbeimuss«, erwiderte Sigimund von Laurin.
[Menü]
11.
senhart erreichte den Neckar nur eine Stunde, nachdem Wilbrands Kuriere das Land des Hauses Laurin wieder verlassen hatten. Er stieg vom Pferd und sah sich um. Der Fährmann legte soeben auf der anderen Seite des Flusses an. Von dort stiegen Leute hinzu, drei an der Zahl. Und neben Isenhart warteten vier auf die Überfahrt. Ein altes Mütterchen, gestützt von der Tochter, und zwei Bauern, die schwere Leinensäcke neben sich abgestellt hatten. Sicherlich wollten sie drüben etwas von ihren Winterreserven verkaufen und hofften auf einen guten Preis.
Nichts Ungewöhnliches. Isenhart war erleichtert. Er wandte sich seinem Pferd zu, als von der anderen Seite des Flusses Hufgetrappel zu hören war. Isenhart erkannte etwa ein Dutzend Männer, die von ihren Pferden sprangen und hinab ans Ufer eilten.
Der Fährmann unternahm noch den Versuch abzulegen, doch er und die drei Fahrgäste wurden von den allesamt mit Kettenhemden bewehrten Männern überwältigt, geschlagen und fortgeschickt. Anschließend zogen sie das Floß an Land.
Isenhart konnte nirgends das Wappen von Mulenbrunnen entdecken, trotzdem war er sich sicher, dass diese Soldritter – denn das waren sie zweifelsohne – im Dienst des Abtes standen.
»Geht nach Hause!«, rief ihnen einer von drüben zu, Isenhart fiel die merkwürdige Betonung der Wörter auf.
»Aber wir müssen auf die andere Seite«, brüllte einer der Bauern zurück.
»Dann schwimmt!«, beschied man ihn. Ein paar Söldner lachten.
Die Strömung war zu stark, das Wasser eiskalt. Die Bauern schulterten ihre Leinensäcke und traten den Rückweg an, kurz darauf folgten die alte Frau und ihre Tochter.
Die Soldritter stellten zwei Mann als Wachen ab, zwei weitere schichteten Holz und Reisig auf, all das ohne viele Worte.
Sie sind eingespielt, dachte Isenhart, sie müssen sich nicht abstimmen, sie wissen, was zu tun ist. Er erschauerte bei der Vorstellung, dass diese Männer mit derselben leidenschaftslosen Effektivität in den Kampf ziehen könnten.
Wenn man jedes Anzeichen, das Sigimunds Späher zurück in die Burg trugen, für sich
Weitere Kostenlose Bücher