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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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Bauerngehöft eintrafen.
    Unter der Führung des Juden ließen sie den Ort nach sieben Tagen hinter sich, obwohl Konrad immer noch eine Mischung aus Blut und Eiter aus der Wunde floss. Simon wie Walther fürchteten das Risiko der Entdeckung, das mit jedem Tag ihres Aufenthalts wuchs. Es war nur eine Frage der Zeit, bis jemand hier vorstellig wurde, um den Bauern auszufragen.
    Rubinstein leitete sie zu drei einsamen Gebäuden in Rheinnähe, die südwestlich von Spira lagen und verlassen waren. Obwohl es gelungen war, Wilbrands Männer ins Leere laufen zu lassen, war Spira selbst zu diesem Zeitpunkt kein sicheres Pflaster für Konrad. Fraglos würden die Mulenbrunner Ritter im Auftrag des Abtes auch in den kommenden Wochen die Gegenden um die angebliche Fluchtroute herum durchkämmen.
    Also bot sich jener verlassene Ort an, auf den sie von einer Anhöhe aus freien Blick hatten. Die drei Häuser waren in einer Art Halbkreis angeordnet, sodass sich zwischen ihnen wie von selbst ein Hof ergab, auf dem man eine alte Eiche hatte stehen lassen. Dieses kleine Stück Land, das Isenhart beim ersten Anblick als von Gott verlassen erschien, wurde Heiligster genannt.
    Niemand verirrte sich zufällig hierhin, denn unweit des Hofes versperrte der Rhein den Weg nach Westen. Als Besucher war daher nur jemand zu erwarten, der Heiligster zum Ziel hatte. Und weil die Gebäude seit vielen Jahren verwaist waren und Plünderer alles hatten mitgehen lassen, was nicht niet- und nagelfest war – selbst die Fensterläden fehlten –, mussten sie vorerst mit niemandem rechnen.
    Das Anwesen samt Ackergrund gehörte zum Besitz der Familie Rubinstein. Simon entschloss sich, all das Konrad von Laurin als Lehen zu überlassen.
    Selbstredend gehörte Heiligster Rubinstein nicht offiziell, denn er war Jude, und wie jedes Kind wusste, war ein Adliger jüdischen Blutes nicht denkbar; ebenso wenig wie ein Grundbesitzer, der nicht dem Adel angehörte. Alles lief daraus hinaus, dass Juden kein eigenes Land besitzen konnten.
    Urkundliche Erwähnung als Besitzer Heiligsters hatte daher einst Feist von Ascisberg in den Registraturen Spiras gefunden. Mit dem Geld, das die Familie Rubinstein ihm anvertraut hatte,hatte er jenen Kauf getätigt, der Simons Vater verboten gewesen war – und überließ ihm das Land.
    So, wie Simon Rubinstein diesen Landstrich, der urkundlich in den Besitz Walthers von Ascisberg übergegangen war, de facto aber ihm gehörte, nun Konrad von Laurin zu überlassen gedachte.
    »Ist mit der Bereitstellung der Ritter, die Ihr gewünscht habt, mit der Eskorte hierher und der Übergabe von Heiligster als Lehen an Konrad von Laurin das Emicho-Versprechen abgegolten?«
    »Das ist es«, antwortete Walther, »und es ist mehr als das.«
    »Meine Familie steht damit nicht mehr in Eurer Schuld?«, hakte Simon Rubinstein nach.
    »Im Gegenteil. Ich stehe in Eurer.«
    Ihre Blicke begegneten sich, während sie nebeneinander auf ihren Pferden saßen.
    »Wir schulden einander nichts, Walther«, ergriff Simon das Wort, »wollt Ihr mir darauf Eure Hand geben?«
    Die Großmut des Juden imponierte Walther von Ascisberg, der die dargebotene Hand schüttelte.
    Damit war es beschlossen.

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13.
Anno Domini 1195

    a, wird wieder blaugemacht?«, fragte der Wirt und stellte zwei weitere Humpen mit Bier auf den Holztisch, an dem die beiden Färber saßen und ihm zunickten.
    Außer ihnen und den beiden Männern am hintersten Tisch, die Brot und eingelegtes Kraut aßen, befand sich niemand sonst in dem Wirtshaus, das in Sichtweite zu der Stelle lag, in der die Spira in den Rhein mündete.
    Die Sonne schien verschwenderisch in diesem Sommer. Jene Gassen, die mit Steinen ausgelegt waren, speicherten die Wärme bis tief in die Nacht. Einige Alte klagten wegen der Hitze, aber sie klagten auch, wenn es regnete oder Schnee fiel, die Alten jammerten in einem fort, und der Wirt hatte gute Lust, ihnen die morschen Hälse umzudrehen, wenn sie bei ihm einkehrten. Sie tranken wie die Spatzen und verdarben den anderen Gästen die Laune. Sie waren einfach nicht gut für das Geschäft.
    Im Schankraum befanden sich nur sechs Tische, aber seine Tochter und er kamen gut über die Runden. Das einzige Licht fiel durch zwei Wandöffnungen, sodass ein stetes Halbdunkel herrschte, das die Augen nicht reizte und vor allem den Blick auf die Ameisen verbarg, die drauf und dran waren, das Holz der Stirnseite in feinste Partikel zu zerlegen.
    Die Färber hingegen waren gute Gäste, sie

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