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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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diesem Kurs?« In Phänomenologie hatte ich sie nämlich noch nicht gesehen.
    »Anstandslehre.«
    »Oh, das habe ich auch. Ich hasse dieses Fach.« Anstandslehre bot nichts, das auch nur annähernd so spannend war wie Schlösserknacken. Dazu kam, dass der Dozent mir die volle Panik vermittelte. »Master Dagursson ist mir einfach unheimlich.«
    »Wir mussten heute Vormittag mit ihm tanzen.«
    Ich schüttelte mich. »Im Ernst? Ich dachte, die Lektion Tanzen käme erst in ein paar Wochen dran.«
    Wir betraten das Wohnheim und gingen gemeinsam bis in den zweiten Stock. Etwa in der Mitte des Korridors blieb Emma stehen, nickte mir stumm zu und verschwand in ihrem Zimmer.
    »Okay, dann bis bald«, sagte ich zur geschlossenen Tür.
    Wer war ihre Mitbewohnerin, und weshalb konnte ich nicht mit ihr die Stube teilen anstatt mit Lilou? Ich seufzte bei dem Gedanken an meine dämonische Zimmergenossin.
    Ich würgte, als ich die Tür zu meinem Raum öffnete. Es roch nach verkokelten Streichhölzern, nach Hunderten von verkokelten Streichhölzern. Ich ließ meinen Blick umherschweifen. Kein Schwelbrand in meinem Bett, keine angesengten Kleider oder geschmolzenen Toilettenartikel. Nur Lilou, die schuldbewusst irgendetwas in der untersten Schublade ihrer Kommode verschwinden ließ.
    Welches kleine Geschenk hatten die Vampire ihr gemacht? Hatte sie anstelle von Wurfsternen eine Schachtel Streichhölzer erhalten? Kerzen? Räucherstäbchen? Sprengstoff? Ich wagte es nicht, sämtliche Möglichkeiten durchzugehen.
    »Hier stinkt es nach Schwefel.« Ich warf Lilou einen kritischen Blick zu. »Hat dir dein Kumpel Satan einen kleinen Besuch abgestattet?«
    »Alles ist besser als dein Gestank, du blöde Kuh!«
    Ich musste unbedingt herausfinden, was sie in dieser unteren Schublade versteckt hatte. Ich war überzeugt davon, dass sie meine Sachen bereits durchwühlt hatte, und hoffte nur, dass ihr mein iPod verborgen geblieben war. Obwohl sie so einen Fund vermutlich längst herausposaunt hätte.
    Ich zog meine Jacke aus und hängte sie auf. Als ich die Tür des Wandschranks schloss, bemerkte ich ein Stück verkohltes Papier im Abfalleimer.
    War unsere Lilou etwa eine jugendliche Brandstifterin? Oder eine Pyromanin? Ich hoffte nur, man hatte sie mit dem Konzept der Impulskontrolle vertraut gemacht.
    So schrecklich der Gedanke war, falls sie kein Feuerzeug eingeschmuggelt hatte, musste ihr Geschenk von den Vampiren irgendwas mit Zündeln zu tun haben. Ich schwor mir, bei nächster Gelegenheit die Wahrheit herauszufinden.

Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Das Vampirblut verlieh uns ungeahnte Kräfte, und unser Training wurde verschärft.
    Der dunkle Lebenssaft erweiterte auch unsere Wahrnehmung. Was mich fast ausflippen ließ, war mein gesteigerter Geruchssinn. Ich hatte das Gefühl, den Ursprung aller Dinge riechen zu können – und nicht nur der Dinge. So brachte mich der Duft von Leder zurück zum Rind und zum Gras, das dieses Rind gefressen hatte, und zur Weide, auf der das Gras gewachsen war.
    Und ich erkannte klarer als je zuvor, welchen Platz auf dieser Welt ich einnahm. Ich spürte den Boden unter meinen Füßen, nahm die Menschen ringsum wahr, wusste genau, wo und wie weit entfernt sie standen.
    Am meisten verblüffte mich jedoch, wie stark wir inzwischen waren. Und unsere Trainer nutzten jede Gelegenheit, um die neuen Muskeln zu stählen.
    Ich hatte mich noch nie im Leben so zerschlagen gefühlt. Aber merkwürdigerweise waren die Schmerzen und Verspannungen mitunter ein Plus, denn ich fiel abends todmüde ins Bett und schlief sofort ein.
    In manchen Nächten allerdings tat mir alles so weh, dass ich kein Auge zutun konnte. Und die Vampire genehmigten uns keine Mittel zum Verscheuchen des Muskelkaters, da diese angeblich unserem Blut schadeten. Stattdessen brachten uns die Trainer Dehnungsübungen bei und zeigten uns diverse Akupressur-Punkte. Außerdem hatten wir die Erlaubnis, so viel Eis aus der Gefriertruhe in der Kochnische zu nehmen, wie wir wollten. Aber Beutel mit Tiefkühlerbsen halfen nur bedingt, wenn man sich wie zerschlagen fühlte.
    Dazu kam, dass Lilou im Schlaf einen reichlich abartigen Scheiß von sich gab. Wenn du mit anhören musst, wie deine Zimmergenossin immer wieder Brenn, Sunny, brenn murmelt – was immer das heißen mochte –, ist das dem Schlaf nicht gerade förderlich.
    Das waren die Nächte, in denen ich meinen iPod hervorkramte. Ich wartete, bis Lilou mit ihrem Psycho-Gefasel begann, holte dann

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