Istanbul
Anschlag bekannte sich eine Splittergruppe der PKK. 2009 herrschte Ruhe. Im Juli 2008 wurden im Stadtteil Güngören 17 Menschen bei einer Bombenexplosion getötet, 150 Menschen dabei verletzt. Verantwortlich dafür wurden PKK-Sympathisanten gemacht. Knapp drei Wochen zuvor waren bei einer Schießerei vor dem US-Konsulat sechs Menschen getötet worden. Für diesen Anschlag zeichneten islamische Fundamentalisten verantwortlich. Am verheerendsten aber war die Anschlagsserie im November 2003. Eine türkische Terrorzelle, die Verbindungen zur Al-Qaida haben soll, sprengte zwei Synagogen, die britische HSBC-Bank und das britische Konsulat in Beyoğlu in die Luft. 64 Menschen kamen ums Leben, rund 750 wurden verletzt. Da weitere Terroranschläge nicht auszuschließen sind, gilt es, die Reise- und Sicherheitshinweise der Außenministerien zu beachten ( www.auswaertiges-amt.de , www.eda.admin.ch , wwwbmaa.gv.at ).
Orient oder Okzident, Westen oder islamische Welt – es stellt sich die Frage nach der Zugehörigkeit. Dabei bezeichnet der Westen für viele alteingesessene İstanbuler nicht nur eine Himmelsrichtung, sondern eine politische und kulturelle Orientierung. Wer seit Generationen in der Stadt lebt, gibt dies auch gerne kund und klagt nicht selten die Überfremdung der Stadt durch die anatolischen Zuwanderer an! Diese Zuwanderer aber bilden zusammen mit der konservativen Landbevölkerung den Rückhalt der AKP, die Stadt und Land regiert. Den Rückhalt jener Partei also, die für die modernen İstanbuler für Rückständigkeit und schleichende Islamisierung steht, die das Kopftuchverbot gegen ein Alkoholverbot eintauschen will. Genau diese Partei aber bewegte das Land auch in großen Schritten auf Europa zu und ermöglichte mit ihrem Reformprogramm überhaupt erst EU-Beitrittsverhandlungen. Der Abschluss der Verhandlungen wird übrigens nicht vor 2016 erwartet (bereits heute unterstützt die EU die Türkei mit rund 700 Mio. Euro jährlich). Ob die Türken bis dahin überhaupt noch in die EU wollen, ist eine andere Frage. Die Ihr-seid-doch-gar-nicht-willkommen-Haltung vieler EU-Länder führte immerhin schon dazu, dass die türkischen Befürworter des EU-Beitritts von 70 % (2004) auf nur noch rund 30 % (2008) schwanden. Mit der 2010 verabschiedeten Verfassungsänderung, die die Macht des Militärs einschränkt, wünschen sich jedoch wieder mehr und mehr Türken EU-Beitritt mit EU-Recht herbei. Denn mit der Verfassungsänderung ist die Türkei zwar demokratischer geworden. Zugleich ermöglicht die Verfassungsänderung der AKP aber auch mehr Kontrolle über die Justiz im Land, da nun das Parlament mehr Einfluss auf die Bestellung der höchsten Richter hat.
Zeittafel – die wichtigsten Daten im Überblick
8000 v. Chr. Erste Siedlungen am Bosporusufer
667 v. Chr. Stadtgründung durch griechische Kolonisten
73 Byzantion wird Teil der römischen Provinz Bithynien
330 Konstantin I. ernennt die Stadt zur Hauptstadt des Römischen Reiches
381 Unter Theodosius I. wird das Christentum Staatsreligion
395 Teilung des Römischen Reiches. Konstantinopel, wie die Stadt mittlerweile heißt, wird das Zentrum des Byzantinischen Reiches
413 Theodosius II. lässt die große Landmauer errichten
532 Unter Kaiser Justian wird die Hagia Sophia erbaut. Über eine halbe Million Menschen leben in der Stadt
622 Mohammeds Flucht nach Medina, Beginn der islamischen Zeitrechnung
1054 Bruch zwischen der römisch-katholischen und der griechisch-orthodoxen Kirche
1204 Kreuzfahrer erobern Konstantinopel, Errichtung des Lateinischen Kaiserreichs
1261 Rückeroberung Konstantinopels durch die Byzantiner
1348 Die Genuesen verstärken ihre Befestigungen nördlich des Goldenen Horns
1453 Unter Mehmet II. erobern die Osmanen Konstantinopel
1492 Beyazıt II. nimmt vor der spanischen Inquisition geflüchtete Juden auf
1512 – 1520 Regierungszeit Selims I.; Syrien und Ägypten werden erobert, damit kommt das Kalifat an den Bosporus
1520 – 1566 Unter Süleyman dem Prächtigen erreicht das Osmanische Reich den Zenit
1609 Baubeginn der Blauen Moschee unter Ahmet I.
1683 Die zweite, vergebliche Belagerung Wiens läutet den Niedergang des Osmanischen Reiches ein
1703 – 1730 Die Regierungszeit Ahmet III. markiert den Beginn der „Tulpenzeit“
1826 Aufstand der Janitscharen, daraufhin lässt sie Mahmut II. niedermetzeln
1845 Bau der ersten Galatabrücke über das Goldene Horn
1850 Erstmals fahren fahrplanmäßig Bosporusdampfer
1853
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